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Ein Raum der vielen Möglichkeiten – Ein Gespräch über den Flex-Seminarraum

Veröffentlicht am 30. März 2023
Ein Beitrag von Birte Stiebing

Seit dem Wintersemester 2022/23 gibt es im X-Gebäude den Flex-Seminarraum (X-E1-203) und er wurde schon rege genutzt! Im Gespräch mit den Projektverantwortlichen Melanie Fröhlich und Dr. Fabian Schumacher aus dem Zentrum für Lehren und Lernen erfahren wir wie es überhaupt zu dem Projekt kam und wie die Pläne für die Zukunft aussehen.

Fabian Schumacher und Melanie Fröhlich. Foto: Universität Bielefeld

Fabian Schumacher & Melanie Fröhlich. Foto: Universität Bielefeld

 

Birte Stiebing: Hallo zusammen! Wie seid ihr überhaupt auf das Projekt „Flex-Seminarraum“ gekommen? Was hat euch dazu bewogen, das Projekt anzugehen?

Melanie Fröhlich: Wir beschäftigen uns schon länger mit der Gestaltung von Lehr- und Lernräumen und der Auswirkung auf Lehr- und Lernformate. Aus Gesprächen mit Lehrenden und Student*innen wussten wir auch, dass flexiblere Arrangements benötigt werden und gewünscht sind. Den Ausgangspunkt für das Projekt und die Flexibilisierung eines Lehrraums bildete jedoch eine Ausschreibung des Stifterverbands und er Schwarz Stiftung unter dem Titel „Raumlabore“ Anfang 2022. Die Hochschulleitung hat angeregt, dass wir uns seitens der Universität Bielefeld mit einem Projekt bewerben.

Fabian Schumacher: Und so fing das Ganze an.. Wir haben uns dann hingesetzt und zusammen den Antrag geschrieben und mit der Unterstützung der Hochschulleitung konnten wir auch mit der Projektplanung beginnen.

MF: Der Flex-Seminarraum bot zudem auch eine sinnvolle Ergänzung zu einem anderen Projekt mit dem wir als ZLL beauftragt sind und sich mit Zukunftsfähigen Lehr- und Lernräumen mit Fokus auf den laufenden Umbau der Universität beschäftigt und vom Kanzler angestoßen wurde. Wir haben so schon mal einen Raum als Pilotprojekt, in dem wir neue Konzepte ausprobieren können und gemeinsam mit Lehrenden und Studierenden experimentieren. Die gewonnenen Erfahrungen können wir auswerten und dann in die weiteren Überlegungen zur Raumentwicklung einfließen lassen.

FS: Und mit dem Flex-Seminarraum können wir auch schauen, wie im Bestand schon was geändert werden kann, weil wir auf die neuen Flächen ja noch ein bisschen warten müssen.

BS: Was zeichnet denn den Raum besonders aus?

MF: Wir haben auf Tische gesetzt, die klapp- und rollbar sind, also leicht weggeräumt werden können, um auch den ganzen Raum als große Fläche nutzen zu können. Außerdem sind sie elektrisch höhenverstellbar, man kann daran stehen oder sitzen. Dazu haben wir modulare Sitzwürfel angeschafft, so dass man verschiedene Settings bauen kann. Natürlich gibt es auch weiterhin die ganz klassischen Seminarstühle.

FS: Durch das flexible Mobiliar sind die Nutzungsmöglichkeiten sehr breit. Und was den Raum auch besonders macht sind die vielen Flächen, die bereitstehen, um Visualisierungen zu ermöglichen.

BS: Was für Flächen sind das?

MF: Das sind großflächige Whiteboards, die einmal fest verbaut an der Wand sind und mobile Whiteboards, die gleichzeitig als Raumtrenner dienen. Dann natürlich die Tafelfläche und digital steht uns noch das DTEN zur Verfügung, das nicht nur für Zoom genutzt werden kann, sondern auch als digitales Whiteboard.

FS: Und für bestimmte Settings, bei denen man eine zusätzliche externe Kamera braucht, haben wir noch eine Raumkamera, die man ergänzend nutzen kann.

"Das Ziel für den Raum war und ist, möglichst unterschiedliche Szenarien abzubilden, von klassischen Seminaren hin zu informellen Settings."

BS: Wie seid ihr eigentlich die Planung angegangen? Wie seid ihr beispielsweise auf den Raum gekommen?

FS: Das lief tatsächlich recht standardmäßig über die zentrale Raumvergabe der Universität. Das Facility Management hat uns da unterstützt und wir haben geguckt, welcher Raum sich dafür anbietet. Da wir das Ganze langfristig denken, sollte es ein Raum sein, der nicht bald von Baumaßnahmen betroffen ist, so kamen wir schnell auf das X-Gebäude.

MF: Das ist auch einer der Räume, die generell sehr beliebt sind, auch für Tagungs-Settings außerhalb der Vorlesungszeit. Das wird gerne im Aquarium gemacht.

FS: Aquarium? Das habe ich ja noch nie gehört. (lacht)

MF: Nicht? Ich kenne die vier Räume in dem Flur unter dem Namen (Anm. d. Redaktion: Gemeint sind die Räume X-E1-203, X-E1-202, X-E1-201 und X-E1-200). Durch die Verglasung können sie super zusammen genutzt werden.

BS: Bis auf Mobiliar wie Tische, Stühle und Whiteboards, was wurden noch für Anschaffungen gemacht?

FS: Das Ziel für den Raum war und ist, möglichst unterschiedliche Szenarien abzubilden, von klassischen Seminaren hin zu informellen Settings. Dafür haben wir also auch Sessel besorgt und Schränke, die gleichzeitig den Raum aufteilen können und zum Verstauen super sind. Um es dann noch wohnlicher zu machen stehen auch Pflanzen im Raum.

MF: Wichtig war uns bei jeder Anschaffung, dass wir möglichst flexibel und dabei auch kosteneffizient bleiben, damit wir die Erfahrungen, die wir jetzt hier machen, skalierbar zu machen. Nach ziemlich langer Recherche, haben wir dieses Mobiliar gefunden, was unsere Ansprüche sehr gut erfüllt.

BS: Wie sah die Recherche aus?

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Autoethnografische Notizen als Zugang zum eigenen Lehren und Lernen

Veröffentlicht am 2. Februar 2023

Ein Beitrag von Björn Stövesand, Isabell Tacke und Samuel Albers

“Pustekuchen, oft hat man dann kein Bild, keinen Ton, stellt Fragen in das schwarze digitale Nichts vieler Namen.”

Das leidliche Thema der ausgeschalteten Kameras in Zoom: Ein Phänomen, das seit Beginn der Online-Semester für die meisten Lehrenden, aber auch Studierenden zum Alltag gehört und unterschiedlichste Reaktionen hervorruft. Lehrende empfinden es als unangenehmes Hemmnis der Lehrsituation, Studierende erleben vor allem in Gruppenarbeiten holprige Interaktionen. Die Herausforderung und die Gefahr, dass sich vorschnelle Urteile einschleichen oder sich Verdruss breit macht, ist für alle gleichermaßen groß. Dabei sind es genau solche ‘neuen’ Konstellationen eigentlich vertrauter Situationen, wie dem Seminargespräch, die zum Nachdenken anregen: Was ist eigentlich das ‘Neue’? Warum habe ich dieses oder jenes Gefühl dabei? Warum irritiert mich das so? Um Antworten auf solche Fragen zu finden, ist eine Beobachterposition erforderlich, von der aus – ohne Handlungsdruck – analysiert werden kann, wie sich eine solche Situation abspielt und wie mitunter emotionale Eindrücke entstehen. Ein solches wissenschaftliches Vorgehen haben wir in der AG Sprachdidaktik (Prof. Dr. Friederike Kern) mithilfe der Autoethnografie eingeführt, mit der wir selbst, aber auch die Studierenden einen distanzierten Blick auf das digitale Lehren und Lernen an der Universität werfen können. Dazu wird das alltägliche Erleben in diesem Bereich schriftlich festgehalten: Durch das bewertungs- und interpretationsfreie Dokumentieren in Form von Tagebucheinträgen entsteht nach und nach eine Textsammlung, die das ‘Lesen des Alltags’ ermöglicht - eine Strategie, mit der man zum Fremden im eigenen Leben wird. Wer schon mal einen jahrealten Tagebucheintrag von sich selbst gelesen hat, kennt diesen Effekt. Durch die Förderung des Qualitätsfonds Lehre des ZLL konnten wir ein kleines Lehr-Forschungsprojekt durchführen, in dem Studierende unserer Seminare, die alle das Lehramt anstreben, ihren (digitalen) Lernalltag jeweils über ein Semester hinweg als autoethnografische Protokolle in Form von individuellen Tagebüchern dokumentieren. Anschließend wurden die Studierenden von unserem ‘Analysetutor’ Samuel Albers dabei unterstützt, die Protokolle aus einer wissenschaftlichen Perspektive ‘neu’ zu lesen und so den eigenen Alltag zu einem Forschungsgegenstand zu machen - mit besonderem Fokus auf Fragen der Kommunikation und Wahrnehmung im digitalen Seminar. Samuel stellt im Folgenden den konkreten Ablauf des Projekts und der Analysegruppen vor.

Der wissenschaftliche Blick auf das eigene Lernen (Samuel Albers)

Grafik zu Theoriebezügen, Ideen und Reflexionen 

Die Beobachtungen sollten im Umfeld des eigenen Lernens und Arbeitens im digitalen Studium während der Pandemie angestellt werden – der konkrete Fokus war dabei völlig offen, die Studierenden sollten sich von den eigenen Interessen leiten lassen. In kleinen Gruppen habe ich als ‘Analysetutor’ mit den Studierenden in einer ungezwungenen Atmosphäre regelmäßig die erstellten Beobachtungsprotokolle gesichtet und zunächst daran gearbeitet, dass diese den Anforderungen nach Wert- und Interpretationsfreiheit entsprechen. Wichtig war dabei auch, dass die Protokolle einen hohen Detailgrad aufweisen, denn je umfangreicher eine Beschreibung, desto besser für die Analyse. Nach diesen Phasen wurden die Protokolle analytisch in den Blick genommen. Das heißt, sie nach Themen, Mustern und Phänomenen zu durchsuchen, die immer wieder auftauchen und daher offensichtlich im Lernalltag der Teilnehmenden eine zentrale Rolle spielen. Sobald die Studierenden eine Reihe solcher Muster und Themen identifiziert hatten, ging es darum, theoretische Bezüge herzustellen. So konnten die Studierenden die Chronologie des protokollierten Geschehens aufbrechen, in eine thematische Ordnung überführen und so die Beschreibungen interpretierend anreichern. Eine besondere Bedeutung kam dabei der Diskussion der Protokolle in Gruppen zu, da gegenseitige Impulse, Rückfragen und Thesen einen größeren Fremdheitseffekt ermöglichen. Eine Teilnehmende berichtet folgendermaßen von ihrer Projektarbeit:

„Die größte Herausforderung ist es für mich gewesen, mein Blickfeld nicht von vornherein einzuschränken und offen für alles zu sein. So hat man in Dingen, die im ersten Moment als unwichtig oder normal erschienen, beim zweiten Hinschauen eine Relevanz erkennen können. Zudem war das dokumentieren nicht ganz so einfach. Eine weitere Herausforderung für mich war es, das Erlebte beim Nacherzählen nicht direkt schon zu analysieren und zu deuten, sondern erstmal wirklich nur das Erlebte aufzuschreiben und dann in einem zweiten Schritt zu analysieren.“

Den Arbeitsprozess mit den Protokollen und ihr Analyseergebnis zu einem ausgewählten Thema haben die Studierenden dann in Form eines wissenschaftlichen Posters präsentiert, was zugleich als benotete Prüfungsleistung für ein Seminar der sprachlichen Grundbildung genutzt werden konnte. Isabell Tacke hat selbst an dem Projekt teilgenommen und stellt ihr Projekt kurz vor.

Ein Beispiel: Reflexion über die gegenseitige Wahrnehmung in Online-Seminaren (Isabell Tacke)

„… besonders in diesem Seminar fällt mir auf, dass nur die Student*innen sich beteiligen, die auch ihre Kamera eingeschaltet haben. […] Ich stehe schnell aus dem Bett auf und nehme meinen Laptop und das IPad wieder mit an den Schreibtisch, um meine Kamera anschalten zu können. Die Dozentin beginnt […] das Meeting und startet mit einer Wiederholung der Aufgaben. Ich schalte meine Kamera wieder aus und gehe in die Küche, um mir etwas zum Frühstück zu machen.“

Eine Situation, wie diese haben bestimmt viele Student*innen in den letzten Coronasemestern erlebt. Sich mit eingeschalteter Kamera zu Zoom-Sitzungen hinzuzuschalten, ist immer wieder eine Hürde. Aber auch das Teilnehmen an universitären Veranstaltungen, wie einer Vorlesung, von sehr privaten Orten wie dem eigenen Bett aus, sind neue Phänomene, welche bei mir immer wieder zu Unwohlsein geführt haben. Sitzen alle Student*innen in ihrem privaten Umfeld vor ihrem Laptop oder PC, dann ist außerdem das Ablenkungspotenzial sehr viel höher, als in Vorlesungsräumen. So kann es passieren, dass ich online im Meeting als schwarze Kachel anwesend bin, eigentlich jedoch gerade nebenan ein Frühstück vorbereite, wie in meinem Protokollauszug festgehalten. Das alles sind Phänomene, die plötzlich im Alltag der Lehrenden und Lernenden eine Rolle spielen. Es sind kaum Seminargespräche möglich, noch ist eine Anwesenheitskontrolle sinnvoll und durch das hohe Ablenkungspotenzial fällt es mir deutlich schwerer mich auf die Inhalte zu konzentrieren. Um diese alltäglichen Herausforderungen überhaupt als solche in den Blick nehmen zu können, bietet es sich an eine Beobachtungshaltung einzunehmen. Um mich diesem Eindruck zu nähern habe ich meine seit Wochen gesammelten Tagebucheinträge nach Auffälligkeiten untersucht. Mir fiel auf, dass es in der Präsenzlehre bisher so gewesen war, dass es nur einen privaten und einen öffentlichen Raum gegeben hat. Während die Lehre allgemein im öffentlichen Raum, also an Schulen oder Universitäten stattgefunden hat, war der private Raum, also die eigenen vier Wände, für das individuelle Arbeiten und die Freizeit reserviert. Aus meinen Tagebucheinträgen ging hervor, dass ich mich immer dann unwohl gefühlt hatte, wenn sich mein privater Raum zu sehr mit dem öffentlichen Raum vermischte. Durch die Umstellung zur Online-Lehre kommt nun ein weiterer Raum hinzu, der „halb-öffentliche Raum“. Er wird durch einen Laptop oder Computer und eine Videokonferenzsoftware von zuhause aus betreten. Gleichzeitig wird in diesem Raum nun aber auch gelehrt, was bisher immer im öffentlichen Raum, an Schulen oder Universitäten stattgefunden hat. Es entsteht also ein neuer Raum, der sowohl sehr öffentlich als auch sehr privat ist. Dieser neue Raum ist weitgehend unbekannt und unreflektiert, sodass große Unsicherheit herrscht, welches Verhalten dort akzeptiert wird und was nicht in diesen Raum gehört. Es entstehen viele Verhaltensweisen und Missverständnisse dadurch, dass versucht wird, die gesellschaftlichen Regeln, auf die sich im Laufe der Zeit geeinigt wurde, aus dem öffentlichen Raum auch im „halb-öffentlichen-Raum“ anzuwenden. Die Öffentlichkeit dieses Zwischenraums wird vor allem deswegen zum Problem, da ein Präsentationszwang der eigenen Person entsteht. Ein Beispiel, was diesen Gedanken verdeutlicht: Ich würde eigentlich nicht nur mit einem Jogginganzug bekleidet an Veranstaltungen in der Universität teilnehmen. Diese Verhältnisse zwischen dem privaten und öffentlichen Raum sind in diesem Schaubild dargestellt:

Grafik zur Vermischung des öffentlichen Raums und Privaten Raums 

Als ich mir all dies herausgearbeitet hatte, konnte ich mir auf einmal viele Phänomene und Schwierigkeiten der Online-Lehre ganz einfach erklären. So denke ich, dass jede Situation, in der sich der private Raum zu sehr mit dem öffentlichen mischt zu Unwohlsein und Irritation bei Lehrenden sowie Lernenden führt. Oft ist die Reaktion der Lernenden auf diese Vermischung das Ausschalten der Kameras. Dieses Ausschalten ist ein Symbol für den Rückzug in ihren privaten Raum und das Vermeiden von zu großer Vermischung beider Räume. Damit verbunden ist auch das Phänomen der „Scheinanwesenheit“, also die scheinbare Anwesenheit von Lernenden durch schwarze Kacheln im Zoom-Meeting. Das Ablenkungspotenzial im eigenen Arbeitszimmer ist deutlich höher als im universitären Seminarraum. Der halb-öffentliche Raum wird so zur ständigen Herausforderung, die Aufmerksamkeit auf die Veranstaltung beizubehalten. Daraus folgt auch, dass ich dem ortsunabhängigen Arbeiten und Lernen nicht mehr uneingeschränkt positiv gegenüber stehe - die Raumvermischung verlangt mir deutlich mehr ab, als es zunächst den Anschein hatte. All diese Erkenntnisse und auch eine Einordnung in den wissenschaftlichen Kontext habe ich auf einem Plakat zusammengefasst und Konsequenzen abgeleitet:

  1. Persönliche Konsequenzen der Reflexion Wenn ich in Zukunft also in einem Online-Seminar sitze und mich nicht überwinden kann meine Kamera einzuschalten, weiß ich, dass es vermutlich an der Vermischung des öffentlichen und des privaten Raums liegt. Ich kann dann Maßnahmen ergreifen, wie zum Beispiel das Einstellen des verschwommenen Hintergrunds.
  2. Konsequenzen für Lehrende Vielleicht noch wichtiger ist die Reflexion für diejenigen, die online lehren. Für sie könnte es sinnvoll sein, die Schwierigkeiten der Online-Lehre zu thematisieren, um vorschnellen Bewertungen des Verhaltens zu entgehen. Zum Beispiel könnte man vorgeben, dass jeder sich eine Ecke in seinem privaten Raum als Online-Ecke einrichtet und vielleicht einen passenden Hintergrund einstellt.
Poster zum Projekt

Fazit

Das Projektbeispiel zeigt, wie eine distanzierte Beschäftigung mit dem eigenen Alltag diffuse Emotionen und Affekte aufdecken und bearbeitbar machen kann. Durch theoretische Bezüge und das Benennen von Eindrücken und Phänomenen konnte Isabell im Projekt eine Beschreibungssprache finden, die zu interessanten Reflexionen geführt hat. Die Fähigkeit, sich von den eigenen Reaktionen und der Involviertheit in Situationen zu lösen und sich sozusagen in die Situation eines “Fremden” zu begeben, wird vor allem auch für angehende Lehrkräfte als wichtiger Teil der Professionalität diskutiert. Aus diesem Grund sind wir dabei, das Lehrprojekt zur Autoethnografie auch in anderen Veranstaltungen rund um die Praxisphasen im Lehramtsstudium zu implementieren.

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Gesendet von BStiebing in New Teaching & Learning

Innovative Studien- und Prüfungsleistungen - Portfolios

Veröffentlicht am 19. Januar 2023

Ein Beitrag von Laura Käppele

 Beispielbild Portfolio. Foto: Laura Käppele

Foto: Laura Käppele

Klausuren, Hausarbeiten, Essays, Arbeitsblätter – Wer kennt sie nicht, die typischen Studien- und Prüfungsleistungen, welche Studierende aller Fakultäten regelmäßig schreiben und bearbeiten müssen. Diese Formen der Leistungsabfrage haben sich sicher nicht ohne Grund durchgesetzt, doch sind sie immer die beste Art, um den Lernfortschritt zu beurteilen?

 

In dieser kurzen Beitragsreihe werde ich einige innovative Studien- und Prüfungsformen vorstellen und beleuchten. Damit möchte ich nach Möglichkeiten Ideen geben, wie diese Leistungen noch gewinnbringender für den Lernerfolg genutzt werden könnten. Heute geht es um das schriftliche Prüfungsportfolio als Studienleistung.

Ein Portfolio als Studienleistung kann sehr unterschiedlich aufgebaut werden. In diesem Beitrag möchte ich das Portfolio vorstellen, das sich als eine Zusammenstellung verschiedener Dokumente in einer Art Sammelmappe definiert. Dabei kann die Art der Dokumente ganz verschieden sein und so gewählt werden, dass sie optimal dem Studienziel entsprechen. So könnte die Zusammenstellung etwa aus Protokollen von verschiedenen Sitzungen, Beschreibungen von Übungen, Arbeitsblättern, Zeichnungen und vielem mehr bestehen.

Ein Portfolio kann formativ oder summativ sein. Gedacht ist das formative Portfolio dazu, den Lernfortschritt über das gesamte Semester hinweg zu dokumentieren. Durch das kontinuierliche Führen können Studierende langfristig mehr Inhalte verinnerlichen und gerade neuen Studierenden kann ein solches Portfolio dabei helfen, die Mitschrift in Veranstaltungen zu üben. Je nach gewünschter Gestaltung kann die Methode auch als didaktisches Werkzeug genutzt werden, um das Verfassen wissenschaftlicher Arbeit anzuleiten oder auch die Kreativität der Studierenden fördern.

Doch auch für Lehrende kann das Portfolio nützlich sein. So wird etwa der Lernfortschritt der Studierenden über das Semester hinweg besser sichtbar. Ebenfalls kann deutlicher werden, welche Übungen einen besonderen Lernerfolg gebracht haben und welche nicht. So kann das Portfolio für Lehrende als Tool gewinnbringend sein, um die eigenen Lehrmethoden zu überprüfen.

Die Offenheit der Methode kann jedoch auch als Nachteil gesehen werden. So müssen sich Lehrende vorher genau überlegen, welche Dokumente für ihre Zwecke besonders geeignet sind. Je nach Auswahl kann die Korrekturarbeit nach der Abgabe deutlich höher sein als bei klassischeren Formaten, wie etwa einem Arbeitsblatt. Ein ergebnisorientiertes Portfolio kann in dieser Hinsicht leichter zu bewerten sein, da hier nur die qualitativ besten Leistungen über das Semester hinweg zusammengetragen werden. Dadurch ist es jedoch schwerer möglich, die Lernfortschritte zu bewerten und die Anforderungen an Studierende sind von Anfang an höher.

Ein Portfolio kann als Studienleistung sowohl für Studierende als auch für Lehrende eine große Bereicherung sein. Gerade wenn es darum geht, neue Lehrmethoden zu evaluieren oder neuen Studierenden Tools an die Hand zu geben, wie sie wissenschaftlich arbeiten können, ist diese Methode sicher sehr wertvoll. Lehrende müssen sich jedoch bewusst machen, dass ein erhöhter Arbeitsaufwand für eine optimale Nutzung erforderlich sein kann.

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Gesendet von LKäppele in New Teaching & Learning

Jetzt anmelden! Buchen Sie Ihre Veranstaltung im Flex-Seminarraum

Veröffentlicht am 22. Dezember 2022

Im X-Gebäude hat sich ein Seminarraum gewandelt. Der Raum X-E1-203 wurde zum Wintersemester 2022/23 für die Lehre mit flexiblem Mobiliar ausgestattet. Der Clue: Der Raum ist nicht auf ein Nutzungsszenario festgelegt. Hier können Sie sich für das nächste Semester anmelden.

Im Wintersemester 2022/23 finden bereits diverse Lehrveranstaltungen statt, die von der Flexibilität des Raumes profitieren und oft projekt-, problem- oder forschungsorientiert arbeiten. Mehrere Whiteboards, höhenverstellbare Tische und Möglichkeiten zur Raumaufteilung regen zum kreativen Arbeiten an. Der Raum ist offen und zeichnet sich durch mehrere Aufteilungsmöglichkeiten aus, so dass eine individuelle Gestaltung möglich ist, die an die Bedürfnisse der Lehrenden und Lernenden angepasst werden kann.

Sie haben ein Seminar, in dem intensiv diskutiert werden soll? Nutzen Sie den Raum und lassen Sie ihre Studierenden im Kreis auf Augenhöhe sprechen. Dabei können Sie die Tische kreisförmig anordnen oder komplett auf Tische verzichten und nur mit den zur Verfügung stehenden Sitzhockern arbeiten, um noch agiler zu sein – körperlich wie auch mental. Auch Gruppenarbeiten sind durch ein paar Handgriffe im Raum einfach umzusetzen. Mobile Whiteboards dienen als Tafeln und Raumtrenner, die Tische werden einzeln in die Ecken geschoben und schon lässt es sich in mehreren Gruppen arbeiten. Die Präsentation der Ergebnisse im Plenum lässt sich durch den flexiblen Raum auch schnell organisieren.

Sie interessieren sich für den Flex-Seminarraum? Die Anmeldephase für das kommende Semester läuft und Sie haben noch bis zum 10.01.2023 die Möglichkeit, sich den Raum über dieses Formular zu buchen. Haben Sie sonst noch Fragen oder Anregungen rund um den Flex-Seminarraum? Dann wenden Sie sich an Dr. Fabian Schumacher oder Melanie Fröhlich aus dem ZLL oder schreiben Sie eine Mail an flexseminarraum@uni-bielefeld.de. Weitere Informationen zum Raum und Nutzungskonzept finden Sie außerdem hier.

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Der Entstehung von Ideen zuhören – Ein Tag mit Dorothe Bach

Veröffentlicht am 18. Juli 2022

Kurz vor Semesterende durften wir noch eine gern gesehene Gästin an der Uni Bielefeld begrüßen: Die deutsch-amerikanische Professorin Dorothe Bach war – leider nur virtuell – wieder zu Gast im ZLL. Im Mittelpunkt des ersten Tages ihres Besuchs standen ein Workshop mit dem Titel   „Denken mit allen Sinnen: der Entstehung von Gedanken zuhören“ und ein Austausch zur Weiterentwicklung des TAP in den USA und vielleicht auch an der Universität Bielefeld.

Im Fokus des Workshops „Denken mit allen Sinnen“ stand eine bestimmte, in der Philosophie des Phänomenologen Eugene T. Gendlin entwickelte und als „Focusing“ oder „Thinking at the Edge“ bekannte Methode des Zuhörens, die Dorothe Bach bei einem Besuch im Jahr 2014 schon einmal im Rahmen einer LehrBar Spezial in ihrer Grundform als „Radikales Zuhören“ vorgestellt hat. Damals – noch eine ganze Weile vor der Pandemie – stieß Dorothes Input auf ein breites Interesse, und es gab sehr viel Begeisterung für die erstaunliche Erfahrung, wie gedanklich fruchtbar ein Dialog sein kann, in dem die Partner*innen einander intensiv und mit dem Stift in der Hand zuhören.  Die Teilnehmer*innen des Workshops am 11. Juli 2022 konnten nun eine erweiterte Form des radikalen Zuhörens erproben, das so genannte „Crossing“, in dem zwei Denkimpulse nacheinander sprechend aufgenommen werden und eine*r aufmerksam mitschreibenden Zuhörer*in erzählt wird, welche Wörter, Sätze und Erzählungen im Übergang von vorsprachlichen Erinnerungen, Empfindungen und Gedanken, dem „felt sense“ (Gendlin) sprachlich formen. Zu zweit hatten wir die Zeit einander zuzuhören, ohne gegenseitige Kommentare, Interpretationen oder Vorschläge. Wieder waren die Teilnehmer*innen davon beeindruckt, dass das radikale Zuhören ohne weitere Kommentierung für die Sprechenden schon zu Lösungen, mindestens aber zu neuen Gedanken führen kann. Wie diese Methode, die im Kontext Wissenschaft zunächst irritierend erscheinen mag (Gefühle? Erinnerungen?) in Lehre und Forschung fruchtbar gemacht werden kann, sieht man z.B. am „Training in Embodied Critical Thinking“ (TECT), dem Erasmus+ Ausbildungsprogramm, das von Philosophen, Informatikern, Kognitionswissenschaftlern und Umweltdesignern initiiert wurde. Diese Methode kann in vielen Situationen funktionieren, nicht nur in überfachlichen Themen. Allerdings muss man sich auch offen darauf einlassen, um Ergebnisse zu erzielen. Manchen könnte der Mehrwert der Übung nicht direkt klar sein, so ist bei Anwendung der Methodik mit Studierenden auch darauf zu achten, das Vorgehen und den Nutzen deutlich zu machen.

Nach diesem aufschlussreichen Workshop konnten wir die Zeit mit Dorothe Bach weiter nutzen, um über das TAP (Teaching Analysis Poll) zu sprechen. Durch sie wurde nämlich das TAP an der Uni Bielefeld erst etabliert – damit sind wir Vorreiter in Deutschland! Umso wichtiger ist ein regelmäßiger Austausch, um die Evaluation auch weiterentwickeln zu können. In einer kleinen Runde diskutierten wir dabei Fragen, wie das TAP-Verfahren jetzt in den USA angewendet wird und welche Optionen zur Weiterentwicklung der Evaluation zu Rate gezogen werden. Ein Diskussionspunkt war dabei die Möglichkeit, Studierende schon bei der Ausführung der TAPs mit einzubeziehen. Außerdem wurde an der University of Virginia auch am Namen geschraubt: Das TAP heißt dort jetzt ESP (Engaging Students perspectives) um die studentische Perspektive auch direkt im Namen deutlich zu machen. Überhaupt war der Fokus auf die Studierenden sehr wichtig. Um dem Motto „students as peers“ noch näher zu kommen, haben die Kolleg*innen der University of Virginia eine Frage des dreiteiligen Fragebogens leicht geändert: Sie fragen jetzt nicht nur danach, was die Lehrperson in der Veranstaltung verbessern kann, sondern auch was die Teilnehmenden selbst optimieren können, um ein gutes gemeinsames Lehrszenario zu erzielen. Im Gespräch haben wir außerdem unsere Erfahrungen zu Online-Veranstaltungen geteilt, welche Herausforderungen es speziell für das TAP-Verfahren gab und welche Unterschiede es generell zwischen der US-amerikanischen und deutschen Feedbackkultur gibt.

Aus diesem Tag mit Dorothe konnten wir viel für unsere Arbeit gewinnen und haben für die Zukunft neue Ideen erarbeiten können. Wir freuen uns auf den nächsten Besuch von „abroad“!

Zur Person: Die Deutsch-Amerikanerin Dorothe Bach war schon viele Male zu Gast am ZLL der Universität Bielefeld.

Dorothe Bach headshot
Professorin Dorothe Bach. Foto: Center for Teaching Excellence, University of Virginia

Als stellvertretende Direktorin und Professorin am Center for Teaching Excellence der University of Virginia ist sie Teil einer großen, zunehmend internationalen Community von Lehrenden, Forschenden und Angehörigen des sogenannten „Third Space“ an Hochschulen, die sich mit den Fragen und Spannungen guten Lehrens und Studierens beschäftigen. Sie hat das TAP („Teaching Analysis Poll“ bzw. Studierendenfeedback auf Lehrveranstaltungen in der Semestermitte) nach Bielefeld gebracht, sie hat eine erweiterte Idee sinnvoller lernzielorientierter Lehrveranstaltungsplanung mit uns geteilt, die großen Einfluss auf die konzeptionellen Diskussionen über Lehre an der Universität Bielefeld  hatte, und sie hat uns im Jahr 2017 Modelle der Einbeziehung von Studierenden in die Lehrentwicklung („Students as Partners“) vorgestellt, die für die Weiterentwicklung nicht nur des Peer Learning an der Universität sehr wichtig sind.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Dorothe Bach mit der Frage, wie wissenschaftliche Arbeit davon profitieren kann, persönliche Motivationen und Erfahrungen als Ressourcen für kreative Prozesse zu integrieren.  Als Expertin für integrative Lehre, metakognitives und metaaffektives Lernen beschäftigt sie sich mit Formen reflektierenden Denkens in Lehrveranstaltungen und am Schreibtisch.

Von Birte Stiebing & Stefanie Haacke-Werron

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