» Veröffentlicht am
16. März 2023
ChatGPT in der Hochschullehre - Lehrbar Spezial 27.02.23
Ein Beitrag von Laura Käppele
KIs können nicht nur Texte schreiben, sondern auch Bilder generieren. Foto: Midjourney
Chat GPT, auch bekannt als Generative Pre-training Transformer, ist eine neue Technologie, die es ermöglicht, natürlichsprachige Texte automatisch zu generieren. Es hat das Potenzial, die Hochschullehre zu revolutionieren, indem es Lehrenden und Lernenden eine Vielzahl von Möglichkeiten bietet, die Kommunikation und den Austausch von Informationen zu verbessern. Einige Anwendungen sind die Automatisierung von Feedback-Berichten und Prüfungen, sowie die Verbesserung der Kommunikation zwischen Lehrenden und Schülerinnen und Schülern. Es kann auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Bildung fördern.
So würde sich ChatGPT zumindest selbst vorstellen (mit dem Prompt „Schreibe einen Blogartikel zu ChatGPT und was es für die Hochschullehre bedeutet. 100 Wörter“). Seit einigen Monaten schon gibt es eine Debatte darum, welche Änderungen die Entwicklung von textgenerierenden KIs für die Hochschullehre mit sich bringen wird. Viele Lehrende befürchten, dass Betrugsversuche durch Studierende nun zunehmen werden und diese nicht einmal gut nachgewiesen werden können. Auf der anderen Seite könnte die neue Technologie aber auch Chancen für das Forschen und Schreiben mit sich bringen.
Um dieses Themenfeld auszuloten, veranstaltete das Hochschuldidaktikteam des Zentrums für Lehren und Lernen (ZLL) am 27.02.23 eine Lehrbar Spezial zu ChatGPT. Dass dieses Thema als äußerst relevant erachtet wird, wird auch am hohen Zuspruch mit 160 Teilnehmenden deutlich. Als Referentin eingeladen war Nadine Lordick vom Schreibzentrum der Ruhr Universität Bochum. Sie ist Mitarbeiterin im Projekt KI:edu.nrw, einem Kooperationsprojekt der Ruhr Universität Bochum und der RWTH Aachen, und erklärte in ihrem Vortrag, wie ChatGPT funktioniert und welche Einflüsse dieses KI-basierte Tool auf die Lehre haben könnte. Da die Entwicklung noch so neu ist, betonte sie jedoch, dass es aktuell noch mehr Fragen als klare Antworten darauf gibt, welche Einflüsse die Technologie haben wird.
ChatGPT funktioniert aufgrund von Stochastik. Das Programm berechnet, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmtes Wort auf das vorherige folgt. Durch Zufallsvariablen wird dabei immer wieder ein neuer Output forciert, wodurch der geschriebene Text plagiatsicher ist. Es gibt zwar Versuche, durch Programme zu erkennen, ob ein Text von einer textgenerierenden KI geschrieben wurde, bisher erreichen diese jedoch noch nicht einmal eine Sicherheit von 30%.
Die Gefahr, dass Studierende dies zum Betrügen ausnutzen könnten, scheint also tatsächlich zu existieren. Gerade weil das Vermitteln und Prüfen von Schreibkompetenzen einen so hohen Stellenwert in der wissenschaftlichen Bildung hat, sind viele Lehrende darüber sehr besorgt und es gibt viele Überlegungen, wie damit umgegangen werden sollte. So gibt es etwa Ansätze, verstärkt Reflexionsaufgaben einzubringen, also etwa eine Hausarbeit mit einer mündlichen Prüfung zu kombinieren, oder aber eine stärkere Lernbegleitung durchzuführen. Dennoch sollte man sich bewusst machen, dass ChatGPT nicht der Anlass einer Täuschung ist, sondern nur die Möglichkeit. Auch heute bestehen bereits diverse Möglichkeiten, bei einer Prüfung zu betrügen, und auch wenn es immer Menschen gibt, die diese ergreifen, so tut dies der größte Teil der Studierenden nicht.
In ihrem Vortrag erläuterte Frau Nordick, dass die potenziellen Täuschungsversuche durch Studierende eher als kurzfristiges Thema zu sehen sind. Langfristig wird viel eher interessant sein, wie textproduzierende KIs die wissenschaftliche Praxis und die Didaktik als Ganzes verändern werden. Ähnlich wie bei der Erfindung des Taschenrechners könnten es diese Tools nämlich erreichen, dass durch Auslagerung kognitiver Prozesse eine Verschiebung oder Veränderung von benötigten Kompetenzen geschieht. Vielleicht könnte ChatGPT in der Zukunft also etwa dabei helfen, Anträge zu schreiben oder Paper zu überprüfen, wodurch mehr Zeit für die eigentliche Wissenschaft bliebe.
Im Vortrag ging es auch um verschiedene Ansätze, wie in der Lehre auf ChatGPT reagiert werden könnte. Natürlich kann das Thema einfach ignoriert und die Verwendung verboten werden – doch könnte es nicht auch sinnvoll sein, Studierenden von Anfang an Kompetenzen in diesem neuen Feld zu vermitteln? Eine gezielte Verwendung unter Anleitung könnte für manche Fächer und Seminare vielleicht sogar bereichernd sein. Dabei sollten Lehrende reflektieren, welche Kompetenzen Studierende brauchen, um sich in einem Fach zu professionalisieren und welche Rolle dabei das wissenschaftliche Schreiben spielt. Wie bei allen anderen Entscheidungen in der Didaktik auch, sollte die Frage zentral sein, warum diese neue Technologie eingesetzt oder eben nicht eingesetzt werden sollte. Egal, wie sich Lehrende entscheiden, mit dieser neuen Technologie umzugehen - wie bei allen Entscheidungen in der Didaktik sollte die Frage zentral sein, warum sie eingesetzt oder nicht eingesetzt werden sollte. Diese bewusste Frage ermöglicht es Lehrenden, eine Entscheidung nicht aufgrund von Befürchtungen, sondern durch didaktische Maßnahmen gestützt zu treffen.
In der anschließenden Diskussion wurde ebenfalls deutlich, dass viele rechtliche Fragen erst noch geklärt werden müssen, u.a. hinsichtlich des Prüfungsrechts, Urheberrechts und Datenschutzes. Hier bewegen sich sowohl ChatGPT selbst als auch Nutzer*innen innerhalb einer Grauzone. Die Ruhr Universität Bochum hat dazu nun ein rechtliches Gutachten herausgegeben, welches Lehrenden und Studierenden eine erste Hilfestellung an die Hand geben kann.
Auch wenn noch viele Fragen offen sind und dies natürlich verunsichern kann, ist es doch sinnvoll, zunächst einmal aufgeschlossen für diese neue Technologie zu sein. Jetzt, wo sie existiert, wird sie so schnell nicht wieder verschwinden und es ist wichtig, dass wir – Lehrende wie auch Studierende – uns bei dem Prozess, neue Konventionen auszubilden, nicht von Befürchtungen leiten lassen. Ein guter Ansatzpunkt ist es, einmal selbst zu versuchen, mit ChatGPT zu arbeiten, um herauszufinden, was die KI bereits kann und was noch außerhalb der Möglichkeiten liegt. Auf der Webseite vom Schreiblabor sind zu diesem Zweck auch einige Ressourcen zusammengefügt. Wir haben hier die Möglichkeit, mit einer jungen Technologie zu wachsen und die Konventionen darum mitzuformen – machen wir das Beste daraus.
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