© Universität Bielefeld

inno.teach

inno.teach

„Bildung ist mein Steckenpferd!“ – ORCA-Koordinator der Uni Bielefeld Frank Homp im Gespräch

Veröffentlicht am 27. Juli 2022

Schon von ORCA.nrw gehört? Die Abkürzung für Open Resources Campus NRW sollte schon vielen bekannt sein, aber was genau hat es mit dem NRW-weiten Netzwerk auf sich? Mein Kollege Frank Homp hat da die Antworten, denn er ist an der Universität Bielefeld ORCA-Koordinator. Was ORCA ist, was Frank bei uns an der Uni macht und wie er auch mal abschaltet, erzählt er uns am besten selbst!

 

Birte Stiebing: Hallo Frank! Das Wichtigste zuerst: Wer bist du und wie bist du an die Universität Bielefeld gekommen?

Frank Homp: Ich habe bis zur Uni Bielefeld schon ein paar Stationen hinter mir. Meine akademische Laufbahn ging los, nachdem ich bei der Marine war. Nach meinem Grundwehrdienst war ich zwei Jahre Reserveoffizier. Ich wollte damals schon so viel wie möglich lernen und alles aufnehmen. Was mir noch mehr Spaß gemacht hat, war aber anderen Soldat*innen was beizubringen. Deswegen wollte ich es dann noch mit einem Lehramtsstudium versuchen, Biologie und Englisch. Damals als junger Student hatte ich aber noch extreme Probleme, Hausarbeiten zu schreiben und habe leider auch keine Unterstützungsangebote genutzt. So habe ich nach gut zwei Jahren abgebrochen und eine Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht.

BS: Das ist ja was komplett anderes!

FH: Das stimmt, aber Sport ist meine zweite große Leidenschaft neben Lehren und Lernen und so war das für mich trotzdem naheliegend. So langsam kommen wir auch dazu, wie ich nach Bielefeld gekommen bin, das war ja die Ausgangsfrage, oder? (lacht) Mir bot sich die Möglichkeit, hier an der FH einen Studiengang wahrzunehmen, der damals einfach noch Bachelor Berufliche Bildung Therapie hieß, jetzt heißt er „Gesundheit“ und der Master ist „Berufspädagogik Pflege und Therapie“. Ich habe also an der FH meinen Bachelor und meinen Master gemacht, dann gab es ein Projekt „Digitale und Virtuell unterstützte Fallarbeit in den Gesundheitsberufen“ an der medizinischen Fakultät, bei dem ich beteiligt war und so kam ich an die Universität Bielefeld. Als ich dann von der offenen Stelle als ORCA-Koordinator hörte, hat es mich in das ZLL verschlagen.

BS: Und wieso hast du dich für die ORCA-Koordination an der Universität Bielefeld beworben?

FH: Lehren und Lernen und digitale Medien gehörten für mich schon immer zusammen. Für digitale Medien konnte ich mich schon sehr früh begeistern. Als Kind habe ich immer Ärger bekommen, weil ich mehrere Male den Computer meiner Mutter kaputt gemacht habe, weil ich irgendwas umgeschrieben habe (lacht). Also die Affinität war schon vorher da und während meines Studiums an der FH, das war dann 2013, da war es tatsächlich so, dass digitale Medien in meinem Studiengang beziehungsweise in meinem Fachbereich noch nicht so unbedingt flächendeckend angekommen waren. Meine Masterarbeit habe ich dann schon zu digitalen Medien in der Physiotherapie geschrieben. So kam ich auch in mein erstes Projekt, bei dem es um digitale Medien in der Hochschulbildung ging und wie man das Lernen mithilfe von Wikis verbessern kann. Nach diesem Projekt ging es mit dem Projekt an der medizinischen Fakultät weiter, wo ich dann auch zunehmend mit OER (Open Educational Resources) in Kontakt gekommen bin. Ich habe den „Hype“ um OER zuerst nicht verstanden, weil ich es als gegeben angesehen habe, seine Forschung und Lehre zu öffnen und mit anderen zu teilen, aber jetzt hatte ich auch einen Namen dafür, was ich sowieso immer als Mindset hatte. Und dieses Mindset war es dann auch, was mich zu der Entscheidung geführt hat, die Stelle als ORCA-Koordinator anzutreten.

BS: Wofür steht ORCA denn?

FH: ORCA.nrw ist zunächst einmal eine Internet-Domain, auf der man dann diverse Inhalte zu digital gestützter Lehre finden kann. Prinzipiell wird ORCA gerne direkt mit OER in Verbindung gesetzt, das ist aber nicht ganz richtig. Ich zitiere von unserer Startseite: „ORCA ist ein kostenfreies Online-Portal rund um digital gestütztes Lehren und Lernen an Hochschulen.“ Das heißt, auf dieser Seite soll man und findet man jetzt schon alles Mögliche zum Thema digital gestütztes Lehren und Lernen. Von OER ist da also erstmal nichts zu sehen.

Das liegt zunächst daran, dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen originären ORCA-Content gibt, weil viele Projekte, die extra für ORCA ins Leben gerufen wurden, momentan noch in Bearbeitung sind oder noch beginnen. So wird aus den Projekten heraus (hoffentlich) noch sehr viel Inhalt für ORCA entstehen. Momentan verweist ORCA noch auf viele bereits bestehende OER-Materialien und verweist auf weitere Portale, so dass du dort momentan auch Materialien findest, die nicht prinzipiell OER sind, aber das ist auf jeden Fall das Ziel.

BS: Kannst du auf den Unterschied zwischen OER und „traditionellen“ Lernmaterialien näher eingehen?

FH: Der Unterschied zwischen OER und „traditionellen“ Lernmaterialien ist, dass die Inhalte unter einer offenen Lizenz weitergegeben werden, das ist meistens eine Creative Commons oder kurz CC-Lizenz, die es in unterschiedlichen Abstufungen gibt. Der „Goldstandard“ unter OER ist CC 0 (gesprochen CC „zero“), mit der Lizenz darf man also machen, was man will: man kann es verändern, unter eigenem Namen weitergeben oder sogar selbst kommerzialisieren. Eine Stufe darunter nennt sich dann CC BY. Damit darf man auch machen, was man will, aber man muss kennzeichnen, wo man es herhat. Wenn man also von mir Material verwendet, muss irgendwo gekennzeichnet sein: „Das ist von Frank“. Dann gibt es noch CC BY SA. Hier gelten die Einschränkungen wie bei CC BY, aber man hat auch die Auflage, dass das Material, was dadurch entsteht, auch wieder unter der gleichen Lizenz weitergegeben wird. Alles was unter einer dieser drei Lizenzen veröffentlicht wird kann also als OER bezeichnet werden. Es gibt noch weitere CC-Lizenzen, die es noch weiter einschränken. Wir halten fest: Nicht alle CC-Lizenzen sind streng genommen OER, aber OER sind definitiv Materialien, die auf einer der genannten CC-Lizenzen basieren. Du musst nur schauen, auf welcher.

 

Übersicht der CC-Lizenzen
Übersicht der CC-Lizenzen

 


„Wir machen Lehre und wir sprechen darüber, das ist der Spirit von OER“

BS: Was hat dich denn dazu bewogen, die Koordination von ORCA an der Universität Bielefeld zu übernehmen?

FH: Prinzipiell treibt mich der Wunsch an, möglichst viel Transparenz zu schaffen in der Lehre. „Wir machen Lehre und wir sprechen darüber“, das ist der Spirit von OER. Da gehören möglichst viel Transparenz und ein großes Netzwerk dazu, denn je mehr Leute sich mit Lehre beschäftigen, umso besser kann es werden. Das ist für mich der OER-Antrieb und so ist eine Netzwerk-Stelle für mich ideal. Und jetzt kommen die digitalen Medien dazu, die vieles in Hinsicht auf Transparenz und Netzwerken vereinfachen können. Die Distribution von Inhalten war nie einfacher. Bei ORCA kommen also zwei Dinge zusammen: Wir sprechen viel, teilen viel, schaffen Transparenz und wir arbeiten dafür mit digitalen Medien. Beides liegt mir gut!

Außerdem glaube ich, dass ich auf dieser Stelle sinnvolle Entwicklungen vorantreiben kann. Auch mit meinem pädagogisch- erziehungswissenschaftlichem Hintergrund. Ich kann den Expert*innen in ihren Fächern, die OER schaffen wollen, also die Unterstützung anbieten, ihre Materialien so zu erstellen, dass andere den bestmöglichen Nutzen daraus ziehen.

„Ich möchte für Lehrende da sein, die bei ihrer Lehre Unterstützung wollen.“

BS: Da bist du am ZLL ja genau richtig aufgehoben!

FH: Stimmt! Ich möchte für Lehrende da sein, die bei ihrer Lehre Unterstützung wollen. Ideal ist es natürlich, wenn Lehrende selbst anzeigen, dass sie Hilfe möchten. Wenn diese dann recherchieren, wie sie unterstützt werden können an der Uni Bielefeld, hoffe ich natürlich, dass sie auf das ZLL und oder mich stoßen und dass wir immer mehr die Anlaufstelle für Lehrende sind, die ihre Lehre verbessern oder sich zumindest damit auseinandersetzen möchten. Das sind wir schon, aber wir wollen ja auch immer besser werden und von den Lehrenden auch dazulernen, wie wir sie wiederum besser unterstützen können. OER ist genau dafür wieder ein Vehikel, Lehre kontinuierlich zu fördern und zu verbessern und mit Lehrenden auf Augenhöhe über Lehre sprechen zu können.

BS: Letzte Frage: Was machst du, um einfach mal abzuschalten und Kraft zu tanken für die neuen Aufgaben, die da auf dich warten?

FH: Früh aufstehen und laufen! Aber nicht unbedingt beides zusammen (lacht). Ich mache aber viel Sport und das ist für mich der Katalysator, wo man alles vergessen kann. Ich laufe schon seit ich bei der Marine angefangen habe, weil du das immer machen kannst, egal wo du grad bist. 2017 habe ich meinen ersten Hermannslauf gemacht und dann habe ich Blut geleckt und wollte mich beim Laufen verbessern. Beim Laufen kommen mir so auch häufig ganz tolle Ideen! Die Herausforderung ist dann, sich diese bis zum Ende des Laufes zu merken (lacht).

BS: Warst du beim letzten Hermann dabei?

FH: Ja! Letztes Jahr hatte ich leider eine fiese Erkältung und musste passen. Aber dieses Jahr hat es geklappt und das beim Jubiläum, das war super!

BS: Danke dir für das Gespräch!

Gut zu wissen: Sie können sich ab sofort für die Ausschreibung OERContent.nrw bewerben. Weitere Informationen erhalten Sie hier.

[Weiterlesen]
Gesendet von BStiebing in Lehren vom Campus

Der Entstehung von Ideen zuhören – Ein Tag mit Dorothe Bach

Veröffentlicht am 18. Juli 2022

Kurz vor Semesterende durften wir noch eine gern gesehene Gästin an der Uni Bielefeld begrüßen: Die deutsch-amerikanische Professorin Dorothe Bach war – leider nur virtuell – wieder zu Gast im ZLL. Im Mittelpunkt des ersten Tages ihres Besuchs standen ein Workshop mit dem Titel   „Denken mit allen Sinnen: der Entstehung von Gedanken zuhören“ und ein Austausch zur Weiterentwicklung des TAP in den USA und vielleicht auch an der Universität Bielefeld.

Im Fokus des Workshops „Denken mit allen Sinnen“ stand eine bestimmte, in der Philosophie des Phänomenologen Eugene T. Gendlin entwickelte und als „Focusing“ oder „Thinking at the Edge“ bekannte Methode des Zuhörens, die Dorothe Bach bei einem Besuch im Jahr 2014 schon einmal im Rahmen einer LehrBar Spezial in ihrer Grundform als „Radikales Zuhören“ vorgestellt hat. Damals – noch eine ganze Weile vor der Pandemie – stieß Dorothes Input auf ein breites Interesse, und es gab sehr viel Begeisterung für die erstaunliche Erfahrung, wie gedanklich fruchtbar ein Dialog sein kann, in dem die Partner*innen einander intensiv und mit dem Stift in der Hand zuhören.  Die Teilnehmer*innen des Workshops am 11. Juli 2022 konnten nun eine erweiterte Form des radikalen Zuhörens erproben, das so genannte „Crossing“, in dem zwei Denkimpulse nacheinander sprechend aufgenommen werden und eine*r aufmerksam mitschreibenden Zuhörer*in erzählt wird, welche Wörter, Sätze und Erzählungen im Übergang von vorsprachlichen Erinnerungen, Empfindungen und Gedanken, dem „felt sense“ (Gendlin) sprachlich formen. Zu zweit hatten wir die Zeit einander zuzuhören, ohne gegenseitige Kommentare, Interpretationen oder Vorschläge. Wieder waren die Teilnehmer*innen davon beeindruckt, dass das radikale Zuhören ohne weitere Kommentierung für die Sprechenden schon zu Lösungen, mindestens aber zu neuen Gedanken führen kann. Wie diese Methode, die im Kontext Wissenschaft zunächst irritierend erscheinen mag (Gefühle? Erinnerungen?) in Lehre und Forschung fruchtbar gemacht werden kann, sieht man z.B. am „Training in Embodied Critical Thinking“ (TECT), dem Erasmus+ Ausbildungsprogramm, das von Philosophen, Informatikern, Kognitionswissenschaftlern und Umweltdesignern initiiert wurde. Diese Methode kann in vielen Situationen funktionieren, nicht nur in überfachlichen Themen. Allerdings muss man sich auch offen darauf einlassen, um Ergebnisse zu erzielen. Manchen könnte der Mehrwert der Übung nicht direkt klar sein, so ist bei Anwendung der Methodik mit Studierenden auch darauf zu achten, das Vorgehen und den Nutzen deutlich zu machen.

Nach diesem aufschlussreichen Workshop konnten wir die Zeit mit Dorothe Bach weiter nutzen, um über das TAP (Teaching Analysis Poll) zu sprechen. Durch sie wurde nämlich das TAP an der Uni Bielefeld erst etabliert – damit sind wir Vorreiter in Deutschland! Umso wichtiger ist ein regelmäßiger Austausch, um die Evaluation auch weiterentwickeln zu können. In einer kleinen Runde diskutierten wir dabei Fragen, wie das TAP-Verfahren jetzt in den USA angewendet wird und welche Optionen zur Weiterentwicklung der Evaluation zu Rate gezogen werden. Ein Diskussionspunkt war dabei die Möglichkeit, Studierende schon bei der Ausführung der TAPs mit einzubeziehen. Außerdem wurde an der University of Virginia auch am Namen geschraubt: Das TAP heißt dort jetzt ESP (Engaging Students perspectives) um die studentische Perspektive auch direkt im Namen deutlich zu machen. Überhaupt war der Fokus auf die Studierenden sehr wichtig. Um dem Motto „students as peers“ noch näher zu kommen, haben die Kolleg*innen der University of Virginia eine Frage des dreiteiligen Fragebogens leicht geändert: Sie fragen jetzt nicht nur danach, was die Lehrperson in der Veranstaltung verbessern kann, sondern auch was die Teilnehmenden selbst optimieren können, um ein gutes gemeinsames Lehrszenario zu erzielen. Im Gespräch haben wir außerdem unsere Erfahrungen zu Online-Veranstaltungen geteilt, welche Herausforderungen es speziell für das TAP-Verfahren gab und welche Unterschiede es generell zwischen der US-amerikanischen und deutschen Feedbackkultur gibt.

Aus diesem Tag mit Dorothe konnten wir viel für unsere Arbeit gewinnen und haben für die Zukunft neue Ideen erarbeiten können. Wir freuen uns auf den nächsten Besuch von „abroad“!

Zur Person: Die Deutsch-Amerikanerin Dorothe Bach war schon viele Male zu Gast am ZLL der Universität Bielefeld.

Dorothe Bach headshot
Professorin Dorothe Bach. Foto: Center for Teaching Excellence, University of Virginia

Als stellvertretende Direktorin und Professorin am Center for Teaching Excellence der University of Virginia ist sie Teil einer großen, zunehmend internationalen Community von Lehrenden, Forschenden und Angehörigen des sogenannten „Third Space“ an Hochschulen, die sich mit den Fragen und Spannungen guten Lehrens und Studierens beschäftigen. Sie hat das TAP („Teaching Analysis Poll“ bzw. Studierendenfeedback auf Lehrveranstaltungen in der Semestermitte) nach Bielefeld gebracht, sie hat eine erweiterte Idee sinnvoller lernzielorientierter Lehrveranstaltungsplanung mit uns geteilt, die großen Einfluss auf die konzeptionellen Diskussionen über Lehre an der Universität Bielefeld  hatte, und sie hat uns im Jahr 2017 Modelle der Einbeziehung von Studierenden in die Lehrentwicklung („Students as Partners“) vorgestellt, die für die Weiterentwicklung nicht nur des Peer Learning an der Universität sehr wichtig sind.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich Dorothe Bach mit der Frage, wie wissenschaftliche Arbeit davon profitieren kann, persönliche Motivationen und Erfahrungen als Ressourcen für kreative Prozesse zu integrieren.  Als Expertin für integrative Lehre, metakognitives und metaaffektives Lernen beschäftigt sie sich mit Formen reflektierenden Denkens in Lehrveranstaltungen und am Schreibtisch.

Von Birte Stiebing & Stefanie Haacke-Werron

[Weiterlesen]
Gesendet von BStiebing in New Teaching & Learning

Gründungstreffen der Digital Change Maker-Hochschulgruppe

Veröffentlicht am 1. Juli 2022

Am 06.07. findet das Gründungstreffen der Digital Change Maker-Hochschulgruppe statt. Es soll ein Raum für Studierende zum Austausch, zur Beratung und zur Realisierung von
Projekten im Themenfeld Digitalisierung geschaffen werden.

Wann:06.07.22 um 16-18 Uhr

Wo: X-E1-103

Zielgruppe: Studierende

Einladungsflyer Digital Change Maker-Gruppe[Weiterlesen]
Gesendet von BStiebing in Veranstaltungen

Kalender

« Juli 2022 »
MoDiMiDoFrSaSo
    
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
19
20
21
22
23
24
25
26
28
29
30
31
       
Heute