» Veröffentlicht am
10. Oktober 2023
„Humanities und digital“ – Geisteswissenschaftler*innen und ihre (digitalen) Berufe
Ein Beitrag von Almut von Wedelstaedt
Was haben ein IT-Projektleiter, eine Mitarbeiterin der Bielefelder
Wissenswerkstadt, die Leitung der Abteilung Vermittlung des Historischen
Museums und ein Projektmanager des Transcriptverlags gemeinsam? Sie
alle haben an der Universität Bielefeld ein geisteswissenschaftliches
Studium absolviert und bei der Veranstaltung „Humanities und digital?“,
am 23.6.23 davon sowie von ihren jetzigen Tätigkeiten berichtet.
Benjamin Birkenhake, Gesa Fischer, Friederike Meißner und Dennis Schmidt
haben sich zuerst in einer von Matthias Buschmeier moderierten
Podiumsdiskussion darüber ausgetauscht, welche Veränderungen die
zunehmende Digitalisierung in ihren unterschiedlichen Berufsfeldern mit
sich bringt, um anschließend in zwei Workshoprunden Studierenden einen
tieferen Einblick in die eigene Arbeit zu geben.
Die Sorgen, die Studierende der Geisteswissenschaften mit Blick auf
ihre berufliche Zukunft beschäftigen, sind oft unabhängig vom studierten
Fach, sehr ähnlich: Kann man mit so einem Studium überhaupt etwas
werden? Und dann auch noch etwas, wovon man nicht nur irgendwie leben
kann? Gibt es Alternativen zum Tätigsein an Schulen? Spielt es eine
Rolle, wenn ich die Regelstudienzeit überschritten habe? Und natürlich
gibt es auch Gründe für diese Sorgen, denn selten liest man in
Stellenanzeigen, dass jemand gesucht wird, der*die Literaturwissenschaft
oder Philosophie studiert hat. Dass es trotzdem ziemlich viele ziemlich
gute Berufsaussichten für Absolvent*innen eines
geisteswissenschaftlichen Studiums gibt, ist so nicht immer leicht zu
sehen.
Die Veranstaltung unserer Community of Practice „Public Humanities“
aus dem Projekt BiLinked war deshalb ein Versuch, diesen Sorgen etwas
entgegenzusetzen. Es gibt kein Patentrezept, um mit einem
geisteswissenschaftlichen Abschluss einen Job zu finden, aber es gibt
ziemlich viele Menschen, wie unsere vier Referent*innen, die genau das
geschafft haben. 30 Studierende aus einem weiten Spektrum
geisteswissenschaftlicher Studiengänge lauschten denn auch den Beiträgen
aufmerksam und engagierten sich in den Diskussionen . Auch etliche
einige Lehramtsstudierende waren unter ihnen, denn manchmal stellen sich
im Laufe des Studiums Zweifel ein oder es wollen einfach Alternativen
erkundet werden.
Foto: Universität Bielefeld
Und wie ist es nun mit der Arbeitswelt da draußen? Ob es darum geht,
ein Begleitprogramm für Kinder im Historischen Museum zu entwickeln,
Wissenschaft in der WissensWerkstadt in die Stadt zu holen, neue
digitale Bücher auf den Markt zu bringen oder Onlineredaktionen zu
beraten – die Referent*innen waren sich einig, dass
Geisteswissenschaftler*innen in all diesen unterschiedlichen
Berufsfeldern mit ihren Kompetenzen gebraucht werden: Weil sie ein
grundlegendes Verständnis von Kommunikation ebenso mitbringen wie ihre
analytischen Kompetenzen, die sie befähigen, Problemlagen zu
durchschauen und Lösungen für sie zu finden. Die Referent*innen waren
sich darin einig, dass die Entwicklung von Large Language Models wie
ChatGPT ein Meilenstein in der Entwicklung der Digitalisierung ist, der
das Arbeiten mit Texten sehr nachhaltig verändern wird. Trotzdem werden
Absolvent*innen eines geisteswissenschaftlichen Studiums damit nicht
überflüssig werden, weil es nach wie vor Menschen braucht, die z.B. eine
Autorität für Wahrheit sein können – das kann eine Maschine (noch)
nicht.
Und was sind die ultimativen Tipps, für alle, die sich Gedanken
darüber machen, wie ihre berufliche Zukunft nach einem
geisteswissenschaftlichen Studium aussehen könnte? Der bekannte, aber
kaum zu überschätzende Tipp heißt die Nähe zur Praxis zu suchen:
Praktika zu machen, Praktikumsphasen im Studium zu nutzen oder Angebote,
die Praxis und Theorie verknüpfen, zu belegen sowie auch neben dem
Studium eigenen Projekten nachzugehen. Außerdem haben alle dazu geraten,
in einem Praktikum oder einer ersten Berufstätigkeit auf jeden Fall
immer Fragen zu stellen, nicht zu glauben, dass man irgendetwas wissen
müsse, sondern einfach nachzufragen. Wer nicht fragt, der nicht gewinnt,
so der Tenor.
Die Studierenden waren sich am Ende einig, dass sich der Besuch der
Veranstaltung gelohnt hatte, allerdings mit vier Stunden fast ein wenig
kurz war. Wir überlegen schon, wie sich das Ganze für den Sommer 2024
erneut umsetzen lassen könnte.
Diese Veranstaltung ist im Rahmen vom Projekt BiLinked
entstanden, in dem Studierende und Lehrende gemeinsam digitale
Lehr-/Lernformate entwickeln und erproben. Bei der Umsetzung stehen die
studentische Partizipation und Kollaboration im Fokus.
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