» Veröffentlicht am
15. Februar 2024
#digitalistbesser?! – Phänomene der Digitalität als Projekte in der Oberstufe
Ein BiLinked-Erlebnisbericht
Ein Beitrag von Anne Wernicke aus der CoP Inklusionssensible Lehrer*innenbildungTeile der CoP Inklusionssensible Lehrer*innenbildung im Projekt BiLinked
(gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre)
versuchten sich im Sommersemester 2023 im Rahmen der bestehenden
Kooperation mit der Versuchsschule Oberstufen-Kolleg an einem
ungewöhnlichen Lehr-/Lernformat. Anne Wernicke berichtet für die CoP von
der Planung und Durchführung des Projekts #digitalistbesser?!.
Die Projektphase am Oberstufen-Kolleg Bielefeld
In den letzten beiden Wochen jedes Schulhalbjahres findet am Oberstufen-Kolleg
(kurz: OS) die Projektphase statt, in der Lehrende (also die
Lehrkräfte) und Kollegiat*innen (so werden die Schüler*innen am OS
genannt) jahrgangsübergreifende Projekte durchführen. Das Angebot ist
dabei sehr breit gefächert und kann von einer Kletterexkursion in den
Ith bis hin zur Gestaltung von Koffern zur Dokumentation migrantischer
Biografien reichen. Die Kollegiat*innen wählen interessengeleitet ein
Projekt, in dessen Rahmen sie – begleitet von ein oder zwei Lehrenden,
größtenteils aber selbstständig – ein Produkt erstellen. Am Produkttag
werden die Ergebnisse dieser Arbeit der ganzen Schule vorgestellt.
Planungsphase Fachdidaktiker*innen & Lehrende
Inspiriert
von dieser offenen Lernform, entschlossen sich einige von uns aus der
BiLinked-CoP Inklusionssensible Lehrer*innenbildung, im Juni 2023 ein
Projekt anzubieten. In dessen Rahmen sollten verschiedene fachliche und
überfachliche Aspekte von Digitalität bzw. Digitalisierung thematisiert
und von den Kollegiat*innen ihren Interessen entsprechend vertiefend
bearbeitet werden. Organisatorisch wurden sie dabei von Mira Thomsen,
Referentin für Bildung in der digitalen Welt am OS, begleitet. Eine
fachliche Betreuung erfolgte durch Fachdidaktiker*innen aus der CoP und
Studierenden.
Bereits im Februar begannen wir mit der Planung
mittels einer Brainstorming-Phase. Daraus resultierte, dass Anne Trapp
und Marcel Beyer zu Künstlicher Intelligenz (KI) in Alltag, Kunst und
Bildung arbeiten würden, während ich mich mit Aspekten sprachlicher und
nicht-sprachlicher Kommunikation in Social Media beschäftigen wollte. In
den nächsten Wochen konkretisierten wir unser Vorgehen immer weiter,
wobei uns die technischen Möglichkeiten des gemeinsamen Miro-Boards
zugutekamen. Beispielsweise konnten organisatorische Fragen zur
Projektphase über die Kommentarfunktion gestellt werden, die Mira
Thomsen ebenfalls über Kommentare oder das Hochladen von Dokumenten auf
das Board beantwortete. Zusätzlich trafen wird uns in regelmäßigen
Abständen, um Ideen auszutauschen und Organisatorisches zu klären.
Nun galt es, die Verbindung zum bildungswissenschaftlichen Seminar Diklusiv statt exklusiv – inklusionssensibler Unterricht in einer digitalen Welt
zu schaffen, in dessen Rahmen bereits seit dem WiSe 2021/22
Lehramtsstudierende gemeinsam mit Fachdidaktiker*innen und Lehrkräften
in sogenannten Tridems Unterricht mit Digitalitätsbezug planen und
durchführen. Für das Projekt am OS beschlossen wir, dass die beiden
Themenbereiche KI und Kommunikation in Social Media zu Beginn der
Projektphase in jeweils 90 Minuten von den Kollegiat*innen anhand von
offenen ´Schnupperaufgaben` erkundet werden sollten. So sollten die
Kollegiat*innen Inspiration für ihre eigenen Projekte erhalten, die sie
während der Projektphase verfolgen würden. Konzeption und Anleitung der
´Schnupperaufgaben` sollten Aufgabe der Lehramtsstudierenden sein; wir
Fachdidaktiker*innen und Mira Thomsen boten dabei stets unsere
Unterstützung an. Die Projektphase des OS stellte uns in ihrer Offenheit
vor didaktische Herausforderungen, die einerseits spannend, mitunter
aber auch verunsichernd waren.
Planungsphase Studierende
Die
Planung der ´Schnupperaufgaben` begann in der sechsten Woche des
Seminars Diklusiv statt exklusiv. In den Wochen davor waren
überfachliche Grundlagen digitalisierungsbezogener Bildung thematisiert
worden, um die Studierenden auf die Unterrichtsplanung vorzubereiten.
Inhalte der Seminareinheiten waren u.a. Lernen und Lehren in einer
Kultur der Digitalität, verantwortungsvolle Mediennutzung, rechtliche
Grundlagen sowie Funktionen digitaler Tools und deren didaktische
Einbettung in einen inklusionssensiblen Unterricht. Den didaktischen
Rahmen hierfür lieferte das DPACK-Modell,
das Digitalitätskompetenz, pädagogische und inhaltliche Kompetenz von
Lehrkräften und deren Schnittmengen beschreibt (Huwer et al. 2019;
Döbeli Honegger 2021; Trapp/Wernicke 2023).
Sieben Studierende
ordneten sich einem der Themengebiete – KI oder Kommunikation in Social
Media – zu. Innerhalb dieser entwickelten sie während der sechswöchigen
Planungsphase in vier Tridems ihre Schnupperaufgaben zu
bildgenerierender KI, zur Funktionsweise der textgenerierenden KI
ChatGPT, zu Memes im historisch-politischen Kontext sowie zur medialen
Veränderung zwischenmenschlicher Alltagskommunikation.
Die Projektphase am OS
Am
ersten Tag der Projektphase fand der inhaltliche Einstieg durch die
Schnupperaufgaben zum Thema Digitalität statt. Am zweiten Tag bekamen
die Kollegiat*innen einen Input zu technischen Möglichkeiten für die
Erstellung ihrer Produkte, indem ihnen das Team Medienpraxis der
Abteilung eLearning.Medien der Uni das Podcast-Studio, die Sprachkabine, das Vlogging-Studio und das Do-it-Yourself-Studio
als Optionen vorstellte. Zudem wurden die Kollegiat*innen von Arash
Haghani, der als Informatiker in der Fakultät für
Erziehungswissenschaften tätig ist, über das Thema KI informiert.
Die
restlichen Tage der Projektphase waren der Arbeit an den individuellen
Projekten vorbehalten, die allein oder in Teams von zwei bis vier
Personen stattfand. Durch Check-In bzw. Check-Outs zu Beginn und
Abschluss jedes Tages war es Mira Thomsen möglich, über den aktuellen
Stand der Projekte und Produkte auf dem Laufenden zu bleiben und die
Kollegiat*innen ggf. zu unterstützen. Für fachliche Fragen standen zudem
Studierende und Fachdidaktiker*innen auf Abruf zur Verfügung. Am
Produkttag wurden schließlich folgende Produkte vorgestellt:
- ein Audio-Podcast zum Thema Propaganda über Social Media, den zwei Kollegiatinnen im Podcast-Studio aufgenommen hatten
- ein Video zum Thema Fake News, das eine Kollegiat*innengruppe im Do-it-Yourself-Studio erstellt hatte
- ein Video, in dem sich ein Künstler mit einer KI unterhält
- ein Storyboard nebst Teaser des ersten Levels für ein Videospiel zum Thema KI
- ein interaktives Poster, das sich mit den Grundlagen zu Künstlicher Intelligenz beschäftigt
Persönliches Fazit
Als
Fachdidaktikerin gefiel mir die Herausforderung der Konzeption eines
überfachlichen sowohl zeitlich als auch inhaltlich flexiblen
Lernformates. Die Zusammenarbeit mit Mira Thomsen vom OS in der
Planungsphase habe ich als inspirierend und unkompliziert erlebt.
Während der Projektphase war ich sehr froh, dass sie und der zweite
Lehrende, Gereon Inger, sich um den organisatorischen Ablauf des
Projektes kümmerten. Die Entwicklung der freien Schnupperaufgaben war
auch für die Lehramtsstudierenden aufgrund des unbekannten Formates
anfangs herausfordernd, später konnte ich beobachten, wie die
Studierenden in ´meinen` Tridems ihre Aufgaben mit großem Enthusiasmus
erstellten. Die Durchführung der Schnupperaufgaben verlief dann z.T.
ganz anders als geplant, u.a., weil das Vorwissen der Kollegiat*innen
zum Thema Memes viel größer war als wir bei der Planung antizipiert
hatten. Die Rückmeldungen, die wir zum Projekt #digitalistbesser?! von
Kollegiat*innen erhalten haben, waren erfreulicherweise durchweg
positiv. Die neu erarbeitete Expertise der Kollegat*innen wurde direkt
für die weitere Schulentwicklung des Oberstufen-Kollegs genutzt. So
diskutierte eine der Kollegiatinnen im Rahmen eines internen
Fortbildungstages mit Lehrenden über den Einsatz von KI am OS. Weitere
Kollegiat*innen stellten ihre Produkte außerdem bei einem
BiLinked-Austauschtreffen vor.
BiLinked
ist ein hochschulweites Projekt, in dem Studierende und Lehrende gemeinsam digitale
Lehr-/Lernformate entwickeln und erproben. Bei der Umsetzung stehen die
studentische Partizipation und Kollaboration im Fokus.
Quellen:Döbeli Honegger, Beat (2021): Covid-19 und die digitale Transformation in der Schweizer Lehrerinnen- und Lehrerbildung. In:
Beiträge zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung 39 (3), S. 412-422
Huwer,
Johannes; Irion, Thomas; Kuntze, Sebastian; Schaal, Steffen; Thyssen,
Christoph (2019): Von TPaCK zu DPaCK - Digitalisierung im Unterricht
erfordert mehr als technisches Wissen. In:
MNU Journal (5), S. 358-364.
Trapp
Anne, Wernicke Anne (2023): Unterricht in einer digitalen Welt.
Phasenverbindende Unterrichtsplanung im Projekt BiLinked. In:
Herausforderung Lehrer*innenbildung – Zeitschrift zur Konzeption, Gestaltung und Diskussion (HLZ). 6 (6), S. 102-118.
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