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Bielefelder Wissenschaftspreis 2004 geht an Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf (Nr. 133/2004)

Veröffentlicht am 12. Juli 2004

Der im Jahr 2004 erstmalig vergebene Bielefelder Wissenschaftspreis, gestiftet durch die Stiftung der Sparkasse Bielefeld im Gedenken an Niklas Luhmann, geht gemeinsam an Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Renate Mayntz und Prof. Dr. Dr. h.c. Fritz W. Scharpf, beide emeritierte Direktoren des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln.

Mit der Preisverleihung würdigt die Jury die international herausragende Bedeutung der Forschungen über die Steuerungsmöglichkeiten komplexer Gesellschaften, welche die beiden Wissenschaftler mit dem Aufbau und der gemeinsamen Leitung des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln auf den Weg gebracht haben.

Wie lässt sich die von Land zu Land unterschiedliche Ausbreitung von Medien der Massenkommunikation erklären: vom Telefon bis zum Internet? Wie operiert die Steuerung unterschiedlicher nationaler Systeme der Gesundheitsversorgung? Wovon ist eine erfolgreiche Wissenschafts- und Forschungspolitik abhängig? Wie gehen Wohlfahrtsstaaten mit den ökonomischen Herausforderungen der Globalisierung um? Wie kommen politische Problemlösungen im Spannungsfeld zwischen Europäischer Union und den Regierungen der Mitgliedstaaten zustande? Dies waren zentrale Forschungsfragen des Instituts unter der Leitung von Renate Mayntz (1985-1997) und Fritz W. Scharpf (1986-2003).

In Auseinandersetzung mit diesen und ähnlichen Fragen ist eine empirische Makrosoziologie organisierter gesellschaftlicher Komplexität entstanden, welche ihr Augenmerk auf politisch-gesellschaftliche Problemlösungsformen "zwischen Staat und Markt" richtet: Verbandsbildungen, Verhandlungssysteme, Politiknetzwerke, institutionelle Formen der Koordination und Interessenvermittlung unter Berücksichtigung mehrer Politikebenen, usw.

Dieses dynamische Forschungsprogramm wurde in präzisierender Auseinandersetzung mit wesentlichen Einsichten der Gesellschaftstheorie des in Bielefeld lehrenden Soziologen Niklas Luhmann (1927-1998) entwickelt, an den der Bielefelder Wissenschaftspreis erinnern will. Die Luhmannsche Systemtheorie betont die Eigendynamik und "Selbstreferenz" sozialer Systeme und die daraus folgenden Steuerungsschwierigkeiten. Die Arbeiten von Mayntz und Scharpf setzen diese Schwierigkeiten voraus und versuchen zu erklären, wie trotzdem politische Steuerung und Koordination kollektiver Akteure möglich ist. Ihre theoretische Antwort bezeichnen sie als "akteurszentrierten Institutionalismus": Organisationen werden als kollektive Akteure betrachtet, welche unter bestimmten institutionellen Voraussetzungen operieren, welche einer kollektiven Problemlösungen eher zuträglich oder abträglich sein können. Eben dies gilt es empirisch zu erforschen. Zahlreiche jüngerer Sozialwissenschaftler sind durch die beiden Preisträger während ihrer Institutstätigkeit geprägt und gefördert worden. Damit wurden nicht nur neue Fragen erforscht, sondern auch die Standards soziologischer Lehre und Forschung in der Bundesrepublik nachhaltig beeinflusst.

Renate Mayntz studierte in den Vereinigten Staaten und an der FU Berlin, wo sie sich 1957 habilitierte. Vor Ihrer Berufung als Gründungsdirektorin des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung war sie Ordinaria für Soziologie an der FU Berlin, der Hochschule für Veraltungswissenschaften in Speyer und der Universität zu Köln. Die international renommierte Wissenschaftlerin hat zahlreiche Ehrungen erhalten, zuletzt mit der Wahl zum Auswärtigen Mitglied der American Academy of Arts and Sciences.

Fritz W. Scharpf ist Volljurist und Politikwissenschaftler. Nach Studien in Tübingen, Freiburg im Breisgau und an der Yale Law School wurde er Ordinarius für Politikwissenschaft an der Universität Konstanz, wo er den ersten verwaltungswissenschaftlichen Studiengang in der Bundesrepublik aufbaute. Von 1973 bis 1986 war er Direktor und Forschungsprofessor am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Durch seine Publikationen und durch Politikberatung hat er wiederholt zu einer Veränderung politischer Einschätzungen beigetragen. Unter seinen Ehrungen ragt der international renommierte Johan-Skytte-Preis der Universität Uppsala hervor.

Der mit 25 000 Euro dotierte Bielefelder Wissenschaftspreis wird den beiden Preisträgern am 4. Dezember 2004 in der Bielefelder Stadthalle verliehen.

Foto: Renate Mayntz und Fritz W. Scharpf erhalten den Bielefelder Wissenschaftspreis 2004.

Kurzmeldung

Der im Jahr 2004 erstmalig vergebene Bielefelder Wissenschaftspreis, gestiftet durch die Stiftung der Sparkasse Bielefeld im Gedenken an Niklas Luhmann, geht gemeinsam an Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Renate Mayntz und Prof. Dr. Dr. h.c. Fritz W. Scharpf, beide emeritierte Direktoren des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung in Köln.

Link: http://www.stiftung-der-sparkasse-bielefeld.de/wifo/wissenschaftspreis.html

Gesendet von HB in vor 3/2009

Fakultät für Rechtswissenschaft verabschiedete ihre Absolventen (Nr. 131/2004)

Veröffentlicht am 12. Juli 2004

Im Rahmen der schon traditionellen Abschlussfeier verabschiedete die Bielefelder Fakultät für Rechtswissenschaft ihre Absolventen des Studienjahres 2003/2004. Weit mehr als 300 Gäste konnte Dekan Professor Detlef Kleindiek im bis auf den letzten Platz besetzten Hörsaal 1 der Universität begrüßen. Er beglückwünschte die Nachwuchsjuristen zum erfolgreichen Abschluss ihres Staatsexamens. "Diese Prüfung gehört zu den härtesten überhaupt, die ein Studium in Deutschland zu bieten hat", meinte Uni-Rektor Professor Dieter Timmermann.

Die Absolventen selbst widersprachen dem nicht, zogen in ihrem humorvoll vorgetragenen Rückblick auf das Studium aber gleichwohl eine rundum positive Bilanz ihrer Bielefelder Zeit. Auch jene Studenten, die es durch die ZVS eher unfreiwillig nach Ostwestfalen verschlagen habe, hätten sich schnell wohl gefühlt und seien in Bielefeld geblieben. Kurze Wege in der Uni, die langen Öffnungszeiten der Bibliothek, gute Studienorganisation und Betreuung, der unkomplizierte Kontakt zu den Professorinnen und Professoren, vielfältige Angebote zum Erwerb von Zusatzqualifikationen und nicht zuletzt das breit gefächerte Fremdsprachenangebot der Juristenfakultät seien die Pfunde, mit denen Bielefeld wuchern könne. Absolventensprecher Hendrik Schmitt: "Jura in Bielefeld lohnt sich."

Für den Festvortrag hatte Dekan Kleindiek einen prominenten Juristen und Journalisten gewinnen können: Dr. Heribert Prantl, Ressortchef Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, sprach über "Macht und Ohnmacht der Politik und der Medien". Prantl, der sich auch als Lehrbeauftragter an der juristischen Fakultät der Bielefelder Universität engagiert, hielt ein Plädoyer für die Pressefreiheit, rief seine Pressekollegen aber auch zu "neuer Ernsthaftigkeit" auf. Seine engagierte und streitbare Ansprache fand ebenso den anhaltenden Beifall der Zuhörer wie das musikalische Rahmenprogramm der Veranstaltung. Sechs junge Musikerinnen und Musiker des Schlagzeugensembles "Bi-Cussion" der Bielefelder Musik- und Kunstschule begeisterten das Publikum durch außergewöhnliche Vielfalt ihres Könnens. Beim abschließenden geselligen Zusammensein in der Mensa waren sich alle Gäste, darunter viele Eltern der erfolgreichen Jurastudenten, einig: Ein unvergesslicher Nachmittag.

Kontakt: Fakultät für Rechtswissenschaft, Dekan Prof. Dr. Detlef Kleindiek, Telefon: 0521/106 4301.

Die Fakultät für Rechtswissenschaft verabschiedet ihre Absolventen des Studienjahres 2003/2004.

Das Schlagzeugensemble "Bi-Cussion" begeisterte die Teilnehmer an der Abschlussfeier für die Bielefelder Jura-Absolventen sowie auch Dekan Detlef Kleindiek und Heribert Prantl (erste Reihe von rechts).

 

Gesendet von HB in vor 3/2009

Wie beschreiben wir anderen unsere Ängste? (Nr. 132/2004)

Veröffentlicht am 12. Juli 2004

Im Zuge des steigenden wissenschaftlichen Interesses an Affekten und Emotionen sind Angst und Angststörungen ein höchst aktueller Forschungsgegenstand, der sowohl die Psychobiologie als auch die Psychologie und die Psychiatrie beschäftigt. Dieses Interesse wird zweifellos auch durch die Tatsache verstärkt, dass die Zahl von Angsterkrankungen in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat und weiterhin ansteigt (allein in Deutschland gibt es mehrere Millionen von Menschen, die an Angststörungen leiden). Diese Erkrankungen sind chronisch, werden oft nicht rechtzeitig erkannt und in vielen Fällen nicht adäquat behandelt.

Obwohl - oder vielleicht auch gerade: weil - jeder Angst kennt oder zu kennen glaubt, wurde bislang kaum systematisch untersucht, mit Hilfe welcher sprachlichen oder kommunikativen Formen wir Anderen unsere Ängste beschreiben. Zwar gibt es beispielsweise sprachwissenschaftliche und soziologische Untersuchungen zu Arzt-Patient-Gesprächen, aber Gefühle wie Angst werden dabei oft ausgeblendet, diesbezügliche Andeutungen von Patienten werden überhört. Die Frage, ob die zur Anwendung kommenden kommunikativen Verfahren störungsspezifische Muster erkennen lassen, die beispielsweise auch in der Diagnose und Therapie von Angsterkrankten genutzt werden könnten, wird im allgemeinen nicht einmal gestellt.

Die Kooperationsgruppe "Kommunikative Darstellung und klinische Repräsentation von Angst" am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld hat es sich zur Aufgabe gemacht, in der Angstforschung neue Wege zu gehen und veranstaltet hierzu vom 14. bis 16. Juli im ZiF einen Workshop "Szenische Darstellungen".

Anhand von Video-Aufnahmen von Gesprächen zwischen Patienten und Ärzten und Psychotherapeuten werden die kommunikativen Darstellungen von Ängsten und Angststörungen analysiert. Dabei werden nicht nur sprachliche Verfahren berücksichtigt, sondern auch alle nicht-sprachlichen Ressourcen, die zur Kommunikation von Angst beitragen können wie zum Beispiel Mimik, Blickrichtung, Gestik und Körperhaltung.

Angeregt durch die Erkenntnis, dass gerade den impliziten Formen der Darstellung von Ängsten eine große Bedeutung zukommt, interessiert sich die Kooperationsgruppe, die aus Linguisten, Soziologen, Psychiatern, Neurologen, Verhaltenstherapeuten und Psychoanalytikern besteht, besonders auch für die Verfahren der 'szenischen Darstellung' von Angst. Dazu gehören 'Inszenierungen' oder 'Enactments', die aus dem wechselseitigen nicht-sprachlichen Verhalten hervorgehen und mit denen sich die Gesprächspartner wie auf einer Bühne gegenseitig deutlich machen, wie sie ihre Interaktion gestalten und verstehen. Dazu gehören auch sprachliche Verfahren, die beim Rekonstruieren vergangener Ereignisse und Erlebnisse - oft zur Dramatisierung - eingesetzt werden.

Sowohl in der Psychotherapieforschung als auch in der Gesprächsforschung spielt der Begriff der szenischen Darstellung eine wichtige Rolle. Er wird allerdings in beiden Disziplinen unterschiedlich gebraucht, und diese Unterschiede sind bisher nicht aufgearbeitet worden. Insofern bietet sich hier ein interdisziplinärer Austausch in besonderer Weise an. Dazu soll dieser Workshop Gelegenheit geben.

Der Workshop unter der Leitung von Jörg Bergmann und Elisabeth Gülich (beide Universität Bielefeld) sowie Martin Schöndienst und Friedrich Wörmann (beide Epilepsie-Zentrum Bethel) fällt in eine besonders intensive Arbeitsphase der Kooperationsgruppe: Im Juli sind alle Mitglieder der Gruppe anwesend, und auch der Besuch renommierter ausländischer Gäste konzentriert sich auf diese Zeit. Von den Berichten aus den jeweiligen Forschungsprojekten der Gäste verspricht sich die Kooperationsgruppe wichtige methodologische Anregungen für die gemeinsame Arbeit, insbesondere im Hinblick auf den potenziellen Erkenntnisgewinn für die Behandlung und Therapie von Ängsten durch die Integration gesprächsanalytischer Verfahren.

Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an Prof. Dr. Elisabeth Gülich, elisabeth.guelich@uni-bielefeld.de, ZiF-Tagungsbüro: Telefon 0521/2768.

Gesendet von HB in Forschung & Wissenschaft
Tags: zif

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