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ERC Starting Grant für neues Forschungsfeld in Bielefeld
Die Gesundheitswissenschaftlerin Dr. Céline Miani wird mit dem ERC Starting Grant der EU gefördert. Mit einer Fördersumme von knapp 1.39 Millionen Euro wird ihr Projekt zur Erforschung gynäkologischer Gewalt in Deutschland für fünf Jahre an der Universität Bielefeld unterstützt. Damit eröffnet sie ein neues Forschungsgebiet, das in dem geplanten Umfang bisher nur wenig untersucht wurde. Mit dem mixed-methods Ansatz und interdisziplinärerer Forschung können so neue Erkenntnisse gewonnen werden, um die Gesundheit von Patient*innen zu verbessern. Als Empfängerin dieser Forschungsförderung zählt Dr. Céline Miani jetzt zu Europas besten Nachwuchswissenschaftler*innen.
Gewalt
in der Geburtshilfe und der gynäkologischen Versorgung ist ein globales
Phänomen im Gesundheitssystem. Es handelt sich um eine systematische
und geschlechtsspezifische Form von Gewalt gegen gebärende Personen und
Patient*innen. Gewalt in diesem Kontext bezieht sich nicht (nur) auf
körperliche Gewalt, sondern auf suboptimale Erfahrungen in der
Versorgung, die als missbräuchlich oder entmenschlichend empfunden
werden können (zum Beispiel medizinische Handlungen ohne vorherige
Einwilligung, Nichtbehandlung von Schmerzen, oder Diskriminierung).
Im
Gegensatz zur Gewalt in der Geburtshilfe ist Gewalt in der
gynäkologischen Versorgung noch nicht erforscht. Dabei können viele
Menschen im Laufe ihres Lebens solcher Gewalt ausgesetzt sein, etwa wenn
sie gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen, beispielsweise bei
starken Schmerzen während der Periode, Kinderwunsch, gynäkologischen
Krebserkrankungen, den Wechseljahren oder bei Infektionen.
Die Förderung des ERC steht
dabei allen Disziplinen offen, es gibt keine Themenvorgaben. Evaluiert
wird allein nach dem Kriterium der Exzellenz. Die Forschungsteams können
frei zusammengestellt werden. Das Projekt muss zudem an einer selbst
gewählten Einrichtung in Europa verankert sein. Eine Besonderheit des
ERC ist, dass ihm ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium, der
hochrangig besetzte Wissenschaftliche Rat (Scientific Council),
vorsteht.
Neues CITEC-Profil für erweiterte Forschungsperspektive
„COSMOfit“ bietet Einstieg in die Weltraumforschung
Verlagerung von Fachbibliotheken während des 2. Bauabschnitts
Mitmachaktionen bei der Nacht der Berufe
Sommerabend auf dem Sozialen Feld
Ein Beschäftigtenfest für alle Mitarbeiter*innen
Es war ein Fest des sportlichen Miteinanders, der Begegnung und des Austausches – das Beschäftigtenfest 2023 für alle Beschäftigten aus Wissenschaft, Technik und Verwaltung. Das Rektorat hofft, dass dieses gemeinsame Fest ein Format ist, das das WIR-Gefühl von Wissenschaft und Servicebereichen stärkt. Trotz des zunächst angedrohten Unwetters haben circa 1.500 Menschen die Open-Air-Party auf dem Sozialen Feld besucht und sich mit Kolleg*innen getroffen.
[Weiterlesen]Zwei CIAS-Filme beim internationalen Filmfestival zu sehen
Auszeichnung für Innovation in der Krebsforschung
Universität fördert digitale Kompetenzen von Lehrkräften
Bislang waren es meist einzelne Lehrkräfte, die an Schulen
für die Digitalisierung zuständig waren. Digitale Aufgaben sollen
künftig breiter verteilt werden und Schulleitungen sowie Lehrkräfte eine
entsprechende Aus- und Weiterbildung erhalten. Das ist das Ziel des
Verbundprojekts „Digital Leadership & Kommunikations- und
Kooperationsentwicklung“ (LeadCom), das Teil des Kompetenzverbunds lernen:digital ist und dort zum Kompetenzzentrum Schulentwicklung gehört. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat insgesamt fünf
Millionen Euro für das Projekt zur Verfügung gestellt, an dem elf
Hochschulen beteiligt sind. Im Rahmen des Teilprojekts der Universität
Bielefeld werden Angebote für ein digital-inklusives Leadership
weiterentwickelt und schulübergreifende Kooperationsnetzwerke zur
Inklusiven Medienbildung aufgebaut. Mehr Informationen auf dem Aktuell-Blog.
Neues BI.research: Gemeinsam die Welt begreifen
Lärmintensive Baumaßnahmen rund um das Hauptgebäude in der vorlesungsfreien Zeit
Forschen, Lehren und Studieren mit Familie: Unterstützungspaket beschlossen
Universität Bielefeld verstetigt familienunterstützende Maßnahmen für Studierende, Lehrende und Wissenschaftler*innen in der Qualifikation mit Betreuungsaufgaben
Das Rektorat der Universität Bielefeld hat in Abstimmung mit den Fakultäten ein umfangreiches Paket mit drei familienunterstützenden Maßnahmen beschlossen. Wenn sie zusätzlich Familienaufgaben übernehmen, können Studierende, Lehrende und Wissenschaftler*innen in der Qualifikation für die Dauer von zunächst drei Jahren Unterstützungen beantragen. Das kann je nach Statusgruppe in Form von Hilfskräften oder durch die Erstattung von individuellen Kinderbetreuungskosten sein.[Weiterlesen]Scicomm-Support: Erste bundesweite Anlaufstelle bei Angriffen und Konflikten in der Wissenschaftskommunikation gestartet
Ermäßigte Tickets für die das Musikerlebnis vielHarmonie
Dieses Musikerlebnis ist in der Region einmalig: Alle zwei Jahre wird der Bielefelder Bürgerpark neben der Rudolf-Oetker-Halle zu einem offenen Konzertsaal. Vom 18. - 21. August finden die Konzertabende in diesem Jahr statt. Auf der Bühne zeigen die Bielefelder Philharmoniker und bekannte Musiker wie Max Herre oder Wincent Weiss ihr Können.
Für Mitarbeiter*innen der Universität Bielefeld gilt 2023 ein limitiertes Angebot: 15%-Rabattcodes für die viel-Harmonie-Konzerte. In diesem Info-PDF von Bielefeld Marketing befinden sich die Rabattcodes.
Personalnachrichten aus der Universität
- Dr. Isabell Diekmann erhält Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien
- Zwei neue Mitglieder des Wissenschaftlichen Direktoriums des ZiF ernannt
- Professor Dr. Michael Baake mit dem Jean-Marie Dubois Award ausgezeichnet
Die Lehren aus der Pandemie
Wie Roboter unsere Welt verstehen lernen
Nach dem Frühstück wird abgeräumt: Die leere Milchpackung gehört in den Müll, die dreckigen Teller in die Spülmaschine. Für Menschen sind diese Handgriffe selbstverständlich. Was, wenn wir Robotern diese manuellen Fähigkeiten auch beibringen könnten, etwa so, wie Eltern ihren Kindern etwas beibringen? Ein Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen der Universitäten Bielefeld, Paderborn und Bremen will die Interaktion zwischen Menschen und Maschinen radikal neu denken und Robotern auf natürliche Weise Wissen und manuelle Fähigkeiten vermitteln.
Mehr dazu auf dem Aktuell- Blog.
Wissenschaftsrat blickt auf Geschlechterforschung
Das war das Nachhaltige Semester 2023
Verzögerungen beim LBV
Planung des Bürogebäudes R4 gestartet
Wichtiger Schritt für die Entwicklung des Campus Süd: Die Planungsphase für das Bürogebäude R4 hat begonnen. Nach einer rund neunmonatigen Ausschreibungsphase hat die Universität Anfang Juni 2023 das Bauunternehmen Kleusberg als Totalunternehmer mit der Planung und Durchführung des Neubaus beauftragt. Besonderheit des Gebäudes ist der bisher höchste energetische Standard der Neubauten der Universität.
Das Gebäude wird zukünftig als Bürofläche von der Medizinischen Fakultät genutzt. Das Familienunternehmen Kleusberg bringt Expertise im Bau von Büroflächen für die Universität mit. Kleusberg hat für die Universität bereits 2018 das Gebäude Z und die Erweiterung Z2 in 2020 errichtet. In den kommenden Monaten wird die bauliche Planung erarbeitet. Anfang nächsten Jahres sollen die ersten Arbeiten vor Ort zu sehen sein. Das Gebäude wird auf dem Campus Süd, südlich des Gebäude Z errichtet.
Das Gebäude R4 ist darauf ausgerichtet, die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) bzw. des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) deutlich über dem Mindeststandard zu erfüllen. Es wird den bisher höchsten energetischen Standard für Neubauten an der Universität aufweisen. Das R4-Gebäude wird den Passivhausstandard erfüllen. Als Niedrigenergiehaus zeichnet es sich durch eine hohe Wärmedämmung aus, die den Wärmeverlust auf ein Minimum reduziert. Es nutzt passive Wärmequellen wie Sonneneinstrahlung, Abwärme von Bewohnern und elektrischen Geräten sowie Wärmerückgewinnung durch die Lüftungsanlage. Zusätzlich wird angestrebt, die BEG Effizienzhaus-Stufe 40 EE zu erreichen. Das Effizienzhaus 40 EE zeichnet sich dadurch aus, dass erneuerbare Energien einen Anteil von mindestens 55 Prozent des Energiebedarfs für die Wärme- und Kälteversorgung abdecken.Eine Zertifizierung nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) Silber wird ebenfalls angestrebt. Dieses Zertifikat bestätigt die Nachhaltigkeit des Gebäudes gemäß den festgelegten Kriterien des BNB.
Wie das R2-Gebäude und zukünftige Neubauten auf dem Campus Süd wird das R4-Gebäude mit einer Dachbegrünung und einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet sein. Diese Maßnahmen tragen zur ökologischen Verbesserung bei und ermöglichen die Nutzung erneuerbarer Energien. Darüber hinaus wird bei der Konstruktion des Gebäudes R4 CO2-reduzierter Beton verwendet, um die CO2-Emissionen im Herstellungsprozess zu minimieren und die Umweltauswirkungen zu verringern.
Das Gebäude verfügt über eine Gesamtfläche von 3732m² Nutzfläche 1-6. Die Fertigstellung ist für das Q1/2025 geplant.
Weitere Informationen zum Gebäude R4 im Bauportal.
Dr. Stefan Hopp erhält Karl Peter Grotemeyer-Preis 2023
Dr. Stefan Hopp aus der Fakultät für Chemie erhält in diesem Jahr den Karl Peter Grotemeyer-Preis für hervorragende Leistungen und persönliches Engagement in der Lehre der Universität Bielefeld, vergeben von der Universitätsgesellschaft. Ausschlaggebend für die Auszeichnung ist Stefan Hopps besonderes Gespür für die Bedürfnisse seiner Studierenden gerade in der Studieneingangsphase sowie sein Talent schwierige Sachverhalte einfach und auf Augenhöhe erklären zu können. Studierende nominieren ihre Lehrenden für den Karl Peter Grotemeyer-Preis. Die Auszeichnung wird jährlich von der Universitätsgesellschaft Bielefeld gestiftet und ist mit 3.000 Euro dotiert.
Seine Studierenden beschreiben Stefan Hopp in ihren
Nominierungsschreiben als besonders hilfsbereiten und engagierten
Lehrenden bei der Vermittlung von Lehrinhalten. Er schaffe es in
besonderem Maße, komplizierte Themen gut zu erklären: mit
übersichtlichen Visualisierungen, vielen hilfreichen Beispielen und dem
Ziel, alle ungeklärten Fragen der Studierenden beantworten zu wollen. In
ihrer Nominierung schreibt eine Studierende: „Er weiß, was wir nicht
verstanden haben, bevor wir das wissen.“ Stefan Hopp engagiert sich vor
allem in Lehrveranstaltungen neuer (Bio-)Chemie-Studierender an der
Universität Bielefeld: Er bietet in Repetitorien Hilfestellung und
Vertiefungsübungen für mathematisches Wissen an, das die Studierenden
während ihres (Bio-)Chemie-Studiums benötigen. Zudem hält er einen
Mathe-Vorkurs sowie Übungen und Seminare in drei Basis-Modulen der
ersten beiden Semester an der Fakultät für Chemie. Ein Studierender
dazu: „Er weiß, was wir brauchen, um weiterzukommen.“
„Ich möchte
meinen Studierenden ein Forum bieten, in dem sie ihre Fragen loswerden
können. Gerade in Formaten, in denen Themen nachbesprochen werden, ist
es mir wichtig eine Atmosphäre zu schaffen, in der Studierende ohne
Angst nachfragen können – es gibt keine dummen Fragen“, sagt der
Preisträger Dr. Stefan Hopp.
„Studierende von Anfang an bei ihrem Studienfortschritt unterstützen, ihre Schwierigkeiten erkennen und darauf gezielt eingehen – das kann Dr. Stefan Hopp besonders gut. Dabei setzt er vielfältige Lehrmethoden ein und begegnet den Studierenden zugewandt. Ich gratuliere ihm sehr herzlich zum Karl Peter Grotemeyer-Preis 2023“, sagt Professorin Dr. Birgit Lütje-Klose, Prorektorin für Studium und Lehre an der Universität Bielefeld.
Zur Person
Dr. Stefan Hopp absolvierte sein Chemie-Studium mit den Schwerpunkten Theoretische und Physikalische Chemie an der Universität Münster. Hier promovierte er auch im Jahr 2012. Von 2012 bis 2016 war er an der Universität Bielefeld als Lehrkraft für besondere Aufgaben tätig, seitdem als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Bis einschließlich 2020 vermittelte er im Rahmen des Programms „richtig einsteigen.“ mathematische Kompetenzen für (Bio-)Chemie-Studierende, seitdem führt er die in dieser Zeit etablierten Lehrformate weiter fort. Seit 2021 ist Stefan Hopp auch Studiendekan der Fakultät für Chemie.
Zum Preis
Der Karl Peter Grotemeyer-Preis für hervorragende Leistungen und persönliches Engagement in der Lehre wird seit 1997 jährlich von der Universitätsgesellschaft Bielefeld an junge promovierte Wissenschaftler*innen (nicht älter als 45 Jahre) verliehen. Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury. Ihr gehören fünf Studierende, drei Lehrende, eine Vertreterin oder ein Vertreter der Universitätsgesellschaft sowie die Prorektorin für Studium und Lehre an. Die Jury musste sich dieses Jahr unter 15 nominierten Lehrenden entscheiden. Der Namensgeber des Preises, Professor Dr. Karl Peter Grotemeyer, war mehr als 20 Jahre lang Rektor der Universität Bielefeld und ein begeisterter und begeisternder Hochschullehrer.
Expeditionen in Extremregionen
Eisbären in der Arktis, Gorillas in Uganda oder Seelöwen auf den Galápagosinseln – auf seinen Expeditionen reist Professor Oliver Krüger immer wieder an entlegene Orte, um Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Der Bielefelder Verhaltensforscher will verstehen, wie sich Tierarten individuell an Umweltveränderungen und den Klimawandel anpassen. Immer mit dabei: eine Kamera, mit der er besondere Momente festhält.
Natur und Fotografie – Oliver Krüger hat seine Leidenschaften zum Beruf gemacht. „Und das Schöne ist: Ich kann Tiere überall beobachten und finde immer etwas Spannendes“, erklärt der Biologe. Egal ob vor der eigenen Haustür, im Teutoburger Wald oder anderswo. Na gut, es gibt ein paar Ecken auf der Welt, die lassen sein Biologenherz nochmal deutlich höherschlagen. Arktis und Antarktis zum Beispiel oder die weiten Savannen Ostafrikas. Letzte große Wildnisgebiete, die von menschlichen Einflüssen nahezu unberührt sind. Und weil Leidenschaft im Spiel ist, sucht und findet der Leiter der Bielefelder Verhaltensforschung immer wieder Wege, um solche Extremregionen zu bereisen, Tiere und Ökosysteme zu studieren und andere Menschen für die Schönheit und Schutzwürdigkeit der Natur zu begeistern. Kostprobe gefällig?
© Oliver Krüger
Oliver Krüger holt sein Tablet heran und klickt sich durch einen wahren Foto-Fundus. Tausende Aufnahmen sind bei seinen Reisen in den vergangenen drei Jahrzehnten entstanden, eindrucksvoll und manche davon einzigartig. „Hier jagt ein Orca einen Buckelwal in der Antarktis. Es ist der Hammer, wenn man dabei ist“, beschreibt Krüger seine Eindrücke. Pinguine, Eisbären, eine Pfuhlschnepfe im Flug oder ein Schwertschnabelkolibri – der 48-Jährige versucht, den Tieren so nah wie möglich zu kommen, hält immer wieder „magische Momente“ und Natureindrücke fest. So wie den Sonnenuntergang bei Stonington-Island in der Antarktis, den er vor sechs Jahren fotografiert hat. Ein gewaltiger Eisberg ragt aus dem dunklen Meer empor. „Da werden sie ganz still“, zeigt sich Krüger noch heute beeindruckt von dem intensiven Naturerlebnis.
Zwei Königspinguine inmitten von vielen Küken. Bei den Jungtieren sind die Federn zuerst braun, nach 10 bis 13 Monaten bekommen sie langsam ihre typische Farbe.
Anderen Menschen die Polregion näher bringen
Sein erstes Forschungspraktikum führte ihn nach dem Abitur 1994 nach Uganda. In Ostafrika arbeitete Krüger mit Gorillas und Schimpansen, fotografierte Löwen und Geparden, sammelte viele Erfahrungen. Weitere „Eyeopener“ waren für ihn die beiden Forschungsreisen mit der Polarstern 1998 und 2000 in der Antarktis. Jeweils drei Monate hat er als wissenschaftliche Hilfskraft auf dem deutschen Forschungsschiff gearbeitet, seitdem lässt ihn diese eisige Wildnis nicht mehr los. Fast jedes Jahr reist der Biologe einmal ans südliche Ende der Welt, nicht als Forscher, sondern als Experte, der anderen Menschen etwa auf Studienreisen die Polregion näherbringt – auch mit der Hoffnung, dass Menschen das, was sie kennen, eher bereit sind zu schützen. „Diese unglaubliche Schönheit, die Gewaltigkeit, mit der die Elemente auf einen einprasseln, und gleichzeitig kommt der Mensch praktisch nicht vor: das macht etwas mit einem. Wer das erlebt, kommt verändert zurück.“
Dass der in Werther aufgewachsene Wissenschaftler in der ganzen Welt und ebenso in seiner Heimat an der Universität Bielefeld forschen kann, empfindet er als „großes Glück“. Als eins seiner Markenzeichen gilt seine Arbeit mit Greifvögeln in Ostwestfalen. Vor gut zehn Jahren übergab ihm sein Vorgänger und Doktorvater Fritz Trillmich dazu noch eine Langzeitstudie auf den Galápagosinseln. „Es gibt wohl keinen Ort auf der Erde, wo man Evolution so gut sehen kann. Da passieren die tollsten Dinge“, schwärmt Krüger und klickt das nächste Foto an. Darauf zu sehen: Eine schwarze Meerechse mit einem blutroten Band im Maul. Krüger erklärt: „Diese Vegetarier haben gelernt, die Plazenta von Seelöwen zu verspeisen. Was für ein Entwicklungsschritt, denn eine Plazenta ist viel gehaltvoller als die normale Algenkost der Meerechsen.“
Meerechsen fressen normalerweise Algen, auf Galápagos haben sie ihren Speiseplan um die Plazenta von Seelöwen erweitert. Diese Meerechse verspeist gerade eine.
Reichlich Entschädigung für Entbehrungen
Studienobjekt auf Galápagos sind die Seelöwen. Das Bielefelder Uni-Team forscht auf der kleinen, unbewohnten Insel Caamano. Komfort? Fehlanzeige. Die Auflagen für die Arbeit im Nationalpark sind streng. Die Wissenschaftler*innen leben in einfachen Zelten, es gibt keine Toilette, keine Dusche, kaum frische Lebensmittel, der Speiseplan besteht hauptsächlich aus Dosennahrung, erzählt Krüger. So reduziert zu leben, weit weg vom Alltag mit E-Mails und Telefonaten, sei für ihn ebenfalls „pures Glück“, zumal es reichlich Entschädigung für die Entbehrungen gibt. So könne es passieren, morgens neben einem Seelöwen aufzuwachen, der sich an die Zeltplane schmiegt und schnarcht. „Die sind überhaupt nicht scheu. Wir können das Verhalten der Tiere studieren, ohne sie zu stören. Da sitzt man dann fünf Meter neben einem Seelöwen-Weibchen, das gerade ein Junges zur Welt bringt, und es ist dem Weibchen völlig egal, ob wir da sind oder nicht.“
Ganz nah dran: Das Baby eines Galápagos-Seelöwen, dem Studienobjekt des Bielefelder Forschungsteams auf Caamano, Galápagos.
Individualisierung als Überlebensstrategie
Genau hinschauen und beobachten, das ist für Krüger der erste Schritt, um Natur zu erforschen. Ihn interessiert, wie sich Lebewesen an Umweltveränderungen anpassen. Wie ist die Evolution des Verhaltens? Welche individuellen Unterschiede gibt es? Bei den Galápagos-Seelöwen konnte das Bielefelder Team jüngst zeigen, dass unterschiedliche Strategien bei der Nahrungssuche die Auswirkungen des Klimawandels auf die Population etwas abpuffern können. „Nur glauben wir leider nicht, dass es ausreichend sein wird“, zeigt sich der Experte besorgt. Immerhin haben einige Individuen durch ihr spezielles Fressverhalten Vorteile, wenn der Ozean immer wärmer wird, andere haben Nachteile. Wie wird das die Zusammensetzung der Population verändern? Kann Evolution schnell genug auf die Umweltveränderungen reagieren? Wie passen sich Tiere zusätzlich individuell an? Das beschäftigt Krüger, bei den Seelöwen auf Galápagos genauso wie beim Mäusebussard im Teutoburger Wald.
Im Fokus: Diesen Habicht wählte Oliver Krüger als Studienobjekt seiner Forschung in Deutschland.
Im Oktober wird er das nächste Mal zum Archipel im Pazifik aufbrechen, davor geht es in den Semesterferien in die Fjordwelt im Norden von Kanada, Richtung Eureka, die nördlichste zivile Wetterstation der Erde. Der Biologe freut sich auf die nordische Tierwelt: „Beim letzten Mal haben wir dort Polarfüchse gesehen, Moschusochsen, Eisbären und Schneehasen, die ihr weißes Fell gar nicht wechseln, weil die Sommer so kurz sind.“ Ist das nun Arbeit, Urlaub, Abenteuer? Für Oliver Krüger macht es keinen Unterschied. Für ihn sei jeder Tag Arbeit und Urlaub zugleich. Auch die Reisen in der Freizeit befruchten die Arbeit an der Universität, erweitern seinen Horizont, sagt er: „Meine Vorlesungen werden besser, weil ich über Dinge spreche, die ich erlebt habe.“ Wenn er etwa über den Klimawandel in der Antarktis referiert, sei das keine graue Theorie. „Ich war 25 Mal da und habe den Rückgang der Gletscher selbst fotografisch dokumentiert.“ Alle seine Vorlesungen bebildert er mit eigenen Fotos, auch ein Markenzeichen von ihm. Und so ist bei der nächsten Expedition wieder die Kamera mit dabei, um Tiere und besondere Momente festzuhalten.
Eisbär im Sprung: Diese Aufnahme gelang Oliver Krüger auf der Ellesmere-Insel in der kanadischen Arktis.
Zur Person
Professor Dr. Oliver Krüger hat in Bielefeld, Oxford und Cambridge studiert und gearbeitet, seit 2013 leitet er den Lehrstuhl für Verhaltensforschung an der Universität Bielefeld. Die Einrichtung feiert am 1. November ihr 50-jähriges Bestehen. Seit der Gründung 1973 hat sich der Lehrstuhl zu einem international führenden Zentrum der Verhaltensforschung entwickelt. Zum Team gehören rund 50 Wissenschaftler*innen.
Neues Center für Ko-konstruktive Künstliche Intelligenz
Zukünftige Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) und insbesondere
KI-basierte Roboter müssen nicht nur ihr eigenes, sondern auch das
Handeln anderer verstehen und einschätzen können. Wissenschaftler*innen
der Universitäten Bielefeld, Bremen und Paderborn werden ihre Forschung
hierzu ab jetzt dauerhaft an einem standortübergreifenden Center
bündeln. Im „Joint Research Center on Cooperative and Cognition-enabled
AI” (CoAI JRC) wird die Expertise der drei starken Forschungspartner
neue Wege in der Interaktion und Lernfähigkeit zwischen Mensch und
Maschine ermöglichen. Mit dem in Deutschland bisher beispiellosen
Zentrum für „Ko-konstruktive KI“ soll auch ein Beitrag zur Ausbildung
der nächsten Generation von Forschungs- und Technologieführer*innen
ge-leistet werden, die in Wissenschaft und Gesellschaft eine neue
Perspektive auf KI vertritt. Das CoAI JRC plant zu diesem Zweck ein
gemeinsames Curriculum, um junge Forschende für das Thema zu begeistern
und zu befähigen.Mehr Informationen im Aktuell-Blog.
Studium und Lehre Ein Leben für die Gleichungen
Eine Story von Maria Berentzen
Wenn es kompliziert wird, fühlt die Forscherin sich erst so richtig herausgefordert: Sie versucht herauszufinden, inwiefern sich die Erhaltungssätze aus der Physik in Form von mathematischen Gleichungen aufstellen lassen – und inwieweit sich diese eignen, um turbulente Strömungen in Flüssigkeiten zu beschreiben.
Wenn Dr. Martina Hofmanová über Strömungen in Flüssigkeiten nachdenkt, sitzt sie nicht etwa in einem Labor und lässt dort Wasser durch Röhren schießen. Stattdessen beugt sie sich an ihrem Schreibtisch über ein Blatt Papier, auf dem Gleichungen stehen – und das oft den ganzen Tag lang, sofern ihre Zeit es zulässt. „Das ist wirklich meine Leidenschaft und macht mir außerordentlich viel Freude“, sagt die Professorin für Mathematik an der Universität Bielefeld.
Prof’in Dr. Martina Hofmanová, Fakultät für Mathematik, © Universität Bielefeld / S. Jonek
Die Forscherin befasst sich im Schwerpunkt mit Strömungsmechanik und stochastischen partiellen Differentialgleichungen. Kurz gesagt untersucht sie dabei, wie der Zufall sich auf Strömungen in Flüssigkeiten auswirkt – und inwieweit sich das berechnen lässt. „Ich arbeite mit Gleichungen aus der Physik und will herausfinden, inwiefern es dafür mathematische Lösungen gibt“, sagt sie.
Für ihr Projekt „Mathematical analysis of fluid flows: the challenge of randomness“ (“Mathematische Analyse der Strömungen in Flüssigkeiten: Die Herausforderung der Zufälligkeit“) erhielt sie 2021 eine Förderung durch einen ERC Starting Grant in Höhe von 1,5 Millionen Euro, der an junge Spitzenforschende vergeben wird. Das Projekt läuft noch bis 2026. „Mein Ziel ist es, die passenden Gleichungen zu finden, um solche Strömungen zu beschreiben und herauszufinden, ob die Gleichungen eine Lösung haben“, sagt die Mathematikerin. „Und die Frage ist dabei nicht nur, ob es eine Lösung gibt, sondern vor allem auch, ob eine Lösung eindeutig ist.“
Manchmal ergeben physikalische Gleichungen nämlich auch Lösungen, die gar nicht stimmen können – die aber innerhalb der Gleichung richtig sind. „Wenn ein Wasserglas auf dem Tisch steht und ich es umrühre, dann erwarte ich, dass sich das Wasser in Bewegung setzt und es Verwirbelungen gibt“, sagt die Professorin. Was aber ist, wenn sich das Wasser von selbst, ganz ohne äußere Einflüsse, in Bewegung setzt? „Das ist nicht möglich“, sagt Hofmanová. „Die physikalischen Gleichungen geben eine solche Lösung aber her.“
Deshalb versucht sie herauszufinden, wie sich die Gleichungen so modellieren lassen, dass zutreffende Lösungen herauskommen beziehungsweise wie sich mögliche Lösungen besser einschätzen lassen. „Solche Gleichungen werden beispielsweise auch genutzt, um meteorologische Modelle zu berechnen“, sagt sie. In Wettermodelle fließt eine Vielzahl von Faktoren mit ein, die sich oftmals wechselseitig beeinflussen. „Für die Berechnungen ist es wichtig, dass man unterscheiden kann, welche Lösungen tatsächlich möglich sind und welche nicht.“
Weil nicht nur Wahrscheinlichkeiten eine Rolle spielen, sondern auch der Zufall, findet er ebenfalls Eingang in die Gleichungen – jedenfalls manchmal. „Wir untersuchen im Sonderforschungsbereich 1283, an dem ich beteiligt bin, welche Rolle zufällige Einflüsse spielen und ob wir bessere Ergebnisse erzielen, wenn wir bestimmte Arten von Zufall mit in die Gleichung einbeziehen.“ Der Zufall, der sich fortschreibt, wenn sich etwa Turbulenzen entwickeln und ein Teilchen in einer Flüssigkeit das nächste in Bewegung setzt und es zu chaotischen Verwirbelungen kommt, wird auch als stochastisches Rauschen bezeichnet. „In einigen Situationen und bei einigen Fragen könnten wir tatsächlich von einem geeigneten Rauschen profitieren, aber es gibt nicht in jedem Fall eine Verbesserung.“
Die Lösungen der Gleichungen sind längst nicht nur für die Meteorologie von Bedeutung, sondern sind wichtig für sehr viele Bereiche: Wenn es gelingt, Turbulenzen zu berechnen, sie zu vermeiden oder sogar zu nutzen, kann sich das etwa positiv auf das Flugverhalten von Flugzeugen oder für die Raumfahrt auswirken. „Aktuell geht es aber um Grundlagenforschung“, sagt Hofmanová. Ingenieur*innen und angewandte Physiker*innen verwenden die Gleichungen für reale Simulationen, ganz unabhängig von der Frage, ob es dafür eine solide mathematische Theorie gibt oder nicht. Für die Wissenschaftlerin ergibt es aktuell noch keinen Sinn, die Gleichungen in einem Labor unter Realbedingungen einem Test zu unterziehen – jedenfalls noch nicht. „Der nächste Schritt wäre irgendwann, die Strömungen am Computer zu simulieren.“
Nicht immer gelingt es, einer Gleichung auf dem Papier auf die Schliche zu kommen. Um neue Ideen zu entwickeln und ihre Gedanken einmal schweifen zu lassen, ist die Forscherin gern mit ihrem Rennrad rund um Bielefeld unterwegs. „Auf dem Fahrrad kann ich richtig abschalten und fahre gern stundenlang“, sagt sie. Viel Raum bleibt dafür zuletzt allerdings nicht, denn die Forscherin verbringt gern viel Zeit mit ihrer fast zweijährigen Tochter, die sie gemeinsam mit ihrem Mann aufzieht. Dass sie Mathematik studieren wollte, wurde Hofmanová zum Ende ihrer Schulzeit klar. „Mir ist Mathematik immer sehr viel leichter gefallen als anderen“, sagt sie. „Da habe ich gedacht, dass ich diesen Vorteil ausnutzen muss.“ Etwas schwerer fiel ihr später im Studium die Entscheidung, ob sie sich auf Finanzmathematik oder eher auf stochastische Mathematik spezialisieren sollte. „Ich hatte das Gefühl, dass die stochastische Mathematik schwieriger ist – und das hat mich herausgefordert.“ In Bielefeld, wo sie seit 2017 in diesem Bereich forscht, fühlt sie sich sehr wohl. „Die Fakultät für Mathematik ist sehr forschungsorientiert, was meiner Arbeit sehr entgegenkommt und was ich sehr schätze.“
Zur Person
Martina Hofmanová promovierte an der Karls-Universität in Prag in Tschechien und an der École Normale Supérieure de Cachan in Frankreich. Bevor sie 2017 nach Bielefeld kam, forschte sie ein Jahr in Leipzig am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften und drei Jahre an der Technischen Universität Berlin. Sie ist Mitglied des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1283 an der Universität Bielefeld, in dem die mathematische Theorie des Zufalls eine zentrale Rolle spielt. 2021 wurde sie mit einem ERC Starting Grant ausgezeichnet.