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Soziologie

Luhmanns Zettelkasten: Online-Edition des 4. Auszugs

Veröffentlicht am 29. März 2022, 12:35 Uhr

Das Langzeitforschungsprojekt „Niklas Luhmann –  Theorie als Passion“ an der Fakultät für Soziologie, das von der Akademie der Wissenschaften und der Künste NRW geförderten wird, erschließt und ediert den wissenschaftlichen Nachlass Niklas Luhmanns. Ende 2021 erfolgte die Publikation mehrerer Manuskripte aus dem Nachlass: die Monographie „Die Grenzen der Verwaltung“ (Suhrkamp, 2021: Link) sowie der Aufsatzband „Differenz – Kopplung – Reflexion: Aufsätze zur Gesellschaftstheorie“ (de Gruyter, 2021 - Link). Mit der Online-Publikation der transkribierten und edierten Fassung des 4. Auszugs des berühmten Zettelkastens wird nun die digitale Publikation der ersten, zwischen 1952 und 1961 entstandenen, Sammlung Niklas Luhmanns fortgesetzt (Link).

„57 Wissenschaft“. Hinter dieser unscheinbaren Bezeichnung verbirgt sich das intellektuelle Zentrum des ersten, insgesamt sieben Auszüge umfassenden Zettelkastens. Die so betitelte Abteilung mit über 4000 Notizen, die bereits im 3. Auszug beginnt, den kompletten 4. Auszug mit seinen 3200 Zetteln ausfüllt und im 5. Auszug weitere 650 Zettel umfasst, dokumentiert Luhmanns intensive Auseinandersetzung mit der Wissenschaftsphilosophie und Erkenntnistheorie, insbesondere aber mit der Phänomenologie Edmund Husserls und dessen Schülern.

In einer detaillierten Rezeption der neuzeitlichen Wissenschaftsphilosophie diskutiert Luhmann die Frage, wie wahres Wissen möglich ist. Die Überlegungen zur Gewissheit des Wissens führen dann zu einer erkenntnistheoretischen Betrachtung der Bedingung der Möglichkeit von Weltwahrnehmung. Dabei greift Luhmann einerseits auf die transzendentale Bewusstseinsphilosophie Edmund Husserls zurück, insbesondere auf dessen Ideen zum Verweisungscharakter jeden intentionalen Erlebens und auf das damit verbundene Konzept des Horizonts. Andererseits emanzipiert er sich aber von dessen psychologistischem Modell der intersubjektiven Konstitution der Welt und setzt in seiner Analyse an die Stelle des transzendentalen Subjekts die Idee des faktischen sozialen Sinnzusammenhangs, der in jeder Handlung immer schon vorausgesetzt werden muss. Der Verweischarakter jeden Erlebens auf andere Möglichkeiten legt es für Luhmann dann nahe als angemessene Methode zur Erforschung der sozialen Welt nicht die phänomenologische Reduktion, sondern die des funktionalen Vergleichs zu wählen. Mit dieser „funktionalen Phänomenologie“ sind die wissenschaftsphilosophischen Grundlagen gelegt für die von Luhmann seit Ende der 1960er Jahre entwickelte Theorie sozialer Systeme und die Gesellschaftstheorie.

Für weitere Informationen klicken Sie hier.

Kontakt: Johannes Schmidt (Projektkoordinator), Email: johannes.schmidt@uni-bielefeld.de

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