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Porträt Vincenzo Picozzi

Veröffentlicht am 22. Mai 2023

Interview mit Vincenzo Picozzi, Italienisch-Dozent

Geführt von Susanne Hecht nach einem Interview-Leitfaden von Miriam Goupille

Vincenzo, caro, woher kommst du genau?

Ich komme aus der Toscana. Ich bin nah am Meer geboren. In einem großen Dorf, das Grosseto heißt. Während meines Studiums habe ich dann in Siena gewohnt. Das liegt im Binnenland. Außerdem war ich drei Jahre während der Grundschule in Geilenkirchen, NRW. Mein Vater arbeitete einige Jahre in Deutschland. Deshalb habe ich meine Schullaufbahn in Nordrheinwestfalen begonnen. Wenn ich mich zur Schule aufmachte, ging ich durch einen Wald. Und wenn es regnete, spielten die deutschen Kinder in den Pfützen - und die italienischen Mütter konnten es kaum fassen. Die italienischen Kinder, fein gemacht als trügen sie Schuluniformen, wie es in Italien üblich war, durften das nicht. Ich wollte auch gern in den Pfützen spielen, und am Ende gab meine Mutter nach.
Daher komme ich: aus Grosseto, aus deutschen Pfützen und Wäldern, und aus dem Meer.

Wie und wann bist du nach Bielefeld gekommen?

Nach dem Schulanfang in Geilenkirchen bin ich zurück nach Grosseto. Da habe ich die Grundschule und das Liceo linguistico abgeschlossen. Nach dem Abitur habe ich die Università per Stranieri in Siena besucht. Während des Bachelor-Studiums habe ich einen Erasmus-Aufenthalt in Freiburg gemacht. Nach dem Master-Abschluss bin ich im Rahmen eines EU-Projektes 2016 nach Bayern gegangen.Das Projekt hieß "RiUscire". Wir produzierten didaktisches Material, um junge Gefängnisinsassen auf ein Leben nach dem Gefängnis vorzubereiten. Dann habe ich als Lehrbeauftragter in Bamberg gearbeitet. Durch den ADI (Associazione docenti d'italiano in Germania) habe ich Prof. Dr. Daniel Reimann von der Universität Duisburg- Essen (heute Humboldt-Uni-Berlin) kennengelernt, und er hat mir ein Doktorat zum Thema "Sprachmittlung im Fremdsprachenunterricht in NRW" angeboten. So habe ich 2018 mein Dissertationsprojekt in Essen begonnen. Und dort lebe ich heute. In Bielefeld unterrichte ich meist in Zoom.

Gibt es etwas aus Italien, was du in Deutschland vermisst? Und etwas, was du hier in Deutschland besonders schön findest?

Die italienische Küche, das mediterrane Klima und das Meer fehlen mir am meisten. Vor allem in den grauen Wintermonaten.
Allerdings muss ich sagen, dass ich mit meiner Erfahrung als Grundschüler in NRW nichts an meinem Leben ändern mögen würde. Ich fühle mich in NRW zu Hause. Und da Essen eine große und vielfältige Stadt ist, gibt es jede Menge Gaumenfreuden unterschiedlichster Art in dieser diversen Stadt. In Essen gefällt mir wirklich die Multikulturalität. Essen ist eine wirklich moderne Stadt mit einer Gesellschaft, die ihren Strukturwandel auf bewundernswerte Weise in die Hand nimmt. Es ist auch eine grüne Stadt. Meiner Meinung nach hat Essen das Flair einer Metropole. Meine Freunde hier sind meine zweite Familie. Ich glaube nicht, dass ich Essen einmal verlassen werde.

Hast du immer unterrichtet? Wenn nicht, was hast du vorher gemacht?

Ich habe immer unterrichtet. Diese Leidenschaft habe ich immer gehabt. Meine Mutter ist Lehrerin. Ich habe es wohl im Blut. Auch mein Bruder ist Lehrer.

Kannst du uns eine Anekdote über deine (ehemaligen) Studis oder über Sprachkontakte erzählen? Es kann etwas Lustiges oder leicht Peinliches sein, das jedem von uns passieren kann.

Ein Wort, das im Italienischunterricht oft verwechselt wird, ist carne (Fleisch). Stattdessen sagen Deutsche oft cane (Hund). Ein klassischer Fehler: "Gestern habe ich Fleisch gegessen" wird zum Hund, den du verspeist hast, weil du nach typisch deutscher Art das 'r' vokalisiert hast. Die Deutschen sind sich nicht bewusst, dass man das 'r' im Italienischen immer artikulieren muss.

Was mir selbst dagegen mal auf Deutsch passiert ist: Als ich, nach dem Masterabschluss frisch in Deutschland, im DM-Markt in Bamberg eine Zahnbürste suchte, habe ich versehentlich nach "Zahnbrüste?" gefragt. Die Verkäuferin hat mich angeschaut, als hätte ich sie gerade sehr beleidigt, und ist einfach weggegangen. Ich war mir nicht bewusst, was da passiert war und habe weiter Zahnbrüste gesagt, bis eine Freundin mich darauf aufmerksam gemacht hat. "Weißt du eigentlich, was du da sagst?" - "Wieso" - "Es heißt Zahnbürste". "Bürste - Brüste - das ist doch wirklich kein großer Unterschied.", meinte ich. Damals wusste ich nämlich nicht was "Brüste" bedeutet. Wir mussten beide sehr lachen, als sie mir den kleinen Unterschied klar machte.

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