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uni.aktuell-Archiv
Veröffentlicht am
11. Januar 2019
Kategorie:
Forschung & Wissenschaft
Das dritte Auge der Algen
Wissenschaftler der Universitäten Würzburg und Bielefeld entdecken ungewöhnlichen neuen Lichtsensor in Grünalgen
Genau wie Landpflanzen nutzen auch Algen das Sonnenlicht als Energiequelle. Viele Grünalgen bewegen sich aktiv im Wasser – sie können auf Licht zuschwimmen oder sich von ihm entfernen. Für die Wahrnehmung des Lichts benutzen sie spezielle Sensoren (Photorezeptoren).
Die jahrzehntelange Suche nach diesen Lichtsensoren in Algen führte
erstmals 2002 mit der Entdeckung und Charakterisierung zweier
sogenannter Channelrhodopsine zum Erfolg. Es handelt sich dabei um
Ionenkanäle, die Licht absorbieren, sich daraufhin öffnen und Ionen
transportieren. Benannt wurden sie in Anlehnung an die Sehpigmente von
Menschen und Tieren, die Rhodopsine.
Jetzt kennt man ein drittes „Auge“ bei Algen: einen neuen Lichtsensor, der unerwartete Eigenschaften hat. Er löst eine Reaktion aus, wie sie ähnlich auch im Auge des Menschen abläuft. Das berichten die Forschungsgruppen von Professor Dr. Armin Hallmann (Universität Bielefeld) und Professor Dr. Georg Nagel (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) in der Zeitschrift BMC Biology.
Licht verringert die Botenstoff-Produktion
Die Überraschung: Bei dem neuen Photorezeptor handelt es sich um eine Guanylylcyclase, die durch Licht gehemmt wird. Eine Guanylylcyclase ist ein Enzym, das den wichtigen Botenstoff cGMP synthetisiert. Ist das Enzym aktiv, erhöht sich die cGMP-Produktion stark. Bei der Guanylylcyclase aus den Algen hemmt aber Licht die Aktivität, wodurch sich die cGMP-Konzentration verringert – und genau das passiert auch im Auge des Menschen, sobald dort die Rhodopsine Licht absorbieren.
Reguliert wird der neu entdeckte Sensor von Licht und vom Molekül ATP. Solche „Zweikomponentensysteme“ sind bei Bakterien schon gut bekannt, nicht aber bei höher entwickelten Zellen. Die Forscher haben dem neuen Photorezeptor den Namen „Two Component Cyclase Opsin“ gegeben, kurz 2c-Cyclop. Sie fanden ihn gleich bei zwei Grünalgen, in der einzelligen Alge „Chlamydomonas reinhardtii“ ebenso wie in der vielzelligen Alge „Volvox carteri“.
Funktion in Eizellen und Kugelalgen gezeigt
„Ich war freudig überrascht, dass wir in der Lage waren, die Natur dieser Photorezeptoren aufzuklären, die sich so lange der genauen Erforschung entzogen hatten. Es ist aufregend zu sehen, dass einfache Grünalgen Multidomänen-Proteine entwickeln konnten, die komplizierte intramolekulare Kaskaden-Reaktionen durchführen und zudem noch durch Licht kontrolliert werden“, sagt Armin Hallmann.
„Bisher konnte niemand die Funktion dieser Lichtsensoren demonstrieren“, sagt Nagels Mitarbeiter Dr. Shiqiang Gao. Erst den Forschungsgruppen aus Bielefeld und Würzburg ist das nun gelungen: Sie haben das neue Rhodopsin in Eizellen des Krallenfrosches „Xenopus laevis“ und in alle Zellen der Kugelalge „Volvox carteri“ eingebaut. In beiden Fällen konnte seine Funktion nachgewiesen und charakterisiert werden.
Perspektiven für die Optogenetik
Die Autoren glauben, dass der Lichtsensor 2c-Cyclop neue Möglichkeiten
für die Optogenetik bietet. Mit dieser Methodik lässt sich die Aktivität
lebender Gewebe und Organismen durch Lichtsignale beeinflussen. Mittels
Optogenetik wurden schon viele grundlegende biologische Vorgänge in
Zellen aufgeklärt. Mit ihr ergaben sich zum Beispiel neue Einblicke in
Mechanismen der Parkinson-Krankheit und anderer neurologischer
Erkrankungen. Sie brachte auch neue Erkenntnisse über Krankheiten wie
Autismus, Schizophrenie und Depression oder Angststörungen.
Publikation
Yuehui Tian, Shiqiang Gao, Eva Laura von der Heyde, Armin Hallmann, and Georg Nagel: Two-component cyclase opsins of green algae are ATP-dependent and light-inhibited guanylyl cyclases. BMC Biology, https://doi.org/10.1186/s12915-018-0613-5, erschienen am 6 December 2018.
Genau wie Landpflanzen nutzen auch Algen das Sonnenlicht als Energiequelle. Viele Grünalgen bewegen sich aktiv im Wasser – sie können auf Licht zuschwimmen oder sich von ihm entfernen. Für die Wahrnehmung des Lichts benutzen sie spezielle Sensoren (Photorezeptoren).
In
dieser reproduktiven Zelle der mehrzelligen Volvox-Alge wurde der
neuartige Lichtsensor 2c-Cyclop mit Fluoreszenz (grün) markiert. Er
zeigt sich in Membranen und um den Zellkern herum. Foto: Eva Laura von
der Heyde
Jetzt kennt man ein drittes „Auge“ bei Algen: einen neuen Lichtsensor, der unerwartete Eigenschaften hat. Er löst eine Reaktion aus, wie sie ähnlich auch im Auge des Menschen abläuft. Das berichten die Forschungsgruppen von Professor Dr. Armin Hallmann (Universität Bielefeld) und Professor Dr. Georg Nagel (Julius-Maximilians-Universität Würzburg) in der Zeitschrift BMC Biology.
Licht verringert die Botenstoff-Produktion
Die Überraschung: Bei dem neuen Photorezeptor handelt es sich um eine Guanylylcyclase, die durch Licht gehemmt wird. Eine Guanylylcyclase ist ein Enzym, das den wichtigen Botenstoff cGMP synthetisiert. Ist das Enzym aktiv, erhöht sich die cGMP-Produktion stark. Bei der Guanylylcyclase aus den Algen hemmt aber Licht die Aktivität, wodurch sich die cGMP-Konzentration verringert – und genau das passiert auch im Auge des Menschen, sobald dort die Rhodopsine Licht absorbieren.
Reguliert wird der neu entdeckte Sensor von Licht und vom Molekül ATP. Solche „Zweikomponentensysteme“ sind bei Bakterien schon gut bekannt, nicht aber bei höher entwickelten Zellen. Die Forscher haben dem neuen Photorezeptor den Namen „Two Component Cyclase Opsin“ gegeben, kurz 2c-Cyclop. Sie fanden ihn gleich bei zwei Grünalgen, in der einzelligen Alge „Chlamydomonas reinhardtii“ ebenso wie in der vielzelligen Alge „Volvox carteri“.
Funktion in Eizellen und Kugelalgen gezeigt
„Ich war freudig überrascht, dass wir in der Lage waren, die Natur dieser Photorezeptoren aufzuklären, die sich so lange der genauen Erforschung entzogen hatten. Es ist aufregend zu sehen, dass einfache Grünalgen Multidomänen-Proteine entwickeln konnten, die komplizierte intramolekulare Kaskaden-Reaktionen durchführen und zudem noch durch Licht kontrolliert werden“, sagt Armin Hallmann.
„Bisher konnte niemand die Funktion dieser Lichtsensoren demonstrieren“, sagt Nagels Mitarbeiter Dr. Shiqiang Gao. Erst den Forschungsgruppen aus Bielefeld und Würzburg ist das nun gelungen: Sie haben das neue Rhodopsin in Eizellen des Krallenfrosches „Xenopus laevis“ und in alle Zellen der Kugelalge „Volvox carteri“ eingebaut. In beiden Fällen konnte seine Funktion nachgewiesen und charakterisiert werden.
Perspektiven für die Optogenetik
Zwei
Moleküle des neuen Lichtsensors 2c-Cyclop, der im Dunklen den
Botenstoff cGMP produziert. Grünes Licht hemmt die Signalkette. Bild:
Shiqiang Gao, Armin Hallmann, Georg Nagel
Publikation
Yuehui Tian, Shiqiang Gao, Eva Laura von der Heyde, Armin Hallmann, and Georg Nagel: Two-component cyclase opsins of green algae are ATP-dependent and light-inhibited guanylyl cyclases. BMC Biology, https://doi.org/10.1186/s12915-018-0613-5, erschienen am 6 December 2018.