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Was die Gesundheitskarte für Geflüchtete bringt (Nr. 7/2017)

Veröffentlicht am 12. Januar 2017, 11:32 Uhr

Universität Bielefeld untersucht Effekte auf soziale Teilhabe

Elektronische Gesundheitskarten sollen Geflüchteten in Deutschland unbürokratisch zu medizinischer Versorgung verhelfen. Bewirkt diese Regelung auch, dass sich diese Menschen als selbstbestimmt empfinden und gesellschaftlich besser mitwirken können? Das untersucht jetzt ein Projekt der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. Es ist eins von zwei neuen Forschungsprojekten der Fakultät zu sozialer Teilhabe und Gesundheit von Geflüchteten. Beide Studien starten im Februar 2017, gefördert vom Wissenschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Gesundheitswissenschaftler Professor Dr. Oliver Razum und Judith Wenner leiten die neuen Projekte.

Elektronische Gesundheitskarte statt eines Antrags beim Sozialamt: Wie die Chip-Karten der Integration von Geflüchteten helfen, analysiert ein neues Projekt der Universität Bielefeld.
Elektronische Gesundheitskarte statt eines Antrags beim Sozialamt: Wie die Chip-Karten der Integration von Geflüchteten helfen, analysiert ein neues Projekt der Universität Bielefeld.
Das Projekt zur Gesundheitskarte heißt „Soziale Teilhabe durch Gesundheit: Analyse der Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete in NRW“. „Aus unserer Sicht ist eine gute Gesundheit und ein gleichberechtigter Zugang zu gesundheitlicher Versorgung eine Bedingung für die soziale Teilhabe von Geflüchteten“, sagt Razum. In dem Projekt befragt sein Team außer Geflüchteten selbst auch Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen und der Leistungserbringer (Krankenhäuser und niedergelassene Arztpraxen).

Razum bedauert, dass Geflüchtete derzeit oft nur eingeschränkt medizinisch versorgt werden: „Das Asylbewerbergesetz sieht die Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen vor.“ Das Gesetz beschränke aber den Zugang zu bestimmten Leistungen, die für andere selbstverständlich sind. „Das gilt zum Beispiel für Hörgeräte. Diese stehen zwar auch Asylsuchenden zu, werden aber von der Behörde nicht immer bezahlt, wie der Fall eines hörgeschädigten Kindes zeigte. Ihm drohen dadurch schwere Sprachentwicklungsstörungen.“ Für die Leistungen, die ihnen zustehen, müssten Geflüchtete in vielen Kommunen noch bürokratische Hürden überwinden und zum Beispiel einen Behandlungsschein beim Sozialamt beantragen. „Um das zu vermeiden, haben einige Kommunen entschieden, Geflüchteten elektronische Gesundheitskarten auszuhändigen, sobald sie dort gemeldet sind.“ Welchen Unterschied die Einführung der Karte für Geflüchtete und ihre soziale Teilhabe macht, soll in dem neuen Projekt untersucht werden.

„Die elektronische Gesundheitskarte kann Geflüchteten helfen, sich weniger diskriminiert zu fühlen“, sagt Prof. Dr. Oliver Razum von der Universität Bielefeld.
„Die elektronische Gesundheitskarte kann Geflüchteten helfen, sich weniger diskriminiert zu fühlen“, sagt Prof. Dr. Oliver Razum von der Universität Bielefeld.
Das zweite Projekt heißt „Vergleichsdatenbank für quantitative Forschung zu Gesundheit und gesundheitlicher Versorgung Geflüchteter“. Die Datenbank soll repräsentative Studien bereitstellen, die Vergleiche zwischen der Gesundheit von Geflüchteten mit anderen Gruppen erlauben, die in Deutschland leben. Forscherinnen und Forscher benötigen solche Daten, ebenso Vertreterinnen und Vertreter von Politik, Wohlfahrtspflege und Gesundheit. „Erst auf Grundlage solcher Vergleiche sind Analysen zu sozialer Ungleichheit möglich. Und erst wenn bestehende Ungleichheiten aufgedeckt worden sind, lassen sich wirkungsvolle politische Maßnahmen entwickeln, die Geflüchteten die gleiche Chance auf Gesundheit und Teilhabe geben“, sagt Razum.

Die beiden Projekte werden mit insgesamt 365.000 Euro gefördert und laufen bis Ende 2019. Sie gehören zum Forschungsschwerpunkt „Flucht und Gesundheit“ der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. Teil dieses Schwerpunkts ist auch das von der Fakultät geleitete Fortschrittskolleg „Herausforderungen und Chancen globaler Flüchtlingsmigration für die Gesundheitsversorgung in Deutschland“. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert das Kolleg seit Juli 2016 mit 2,72 Million Euro bis 2021.

Weitere Informationen im Internet:
„Neues Fortschrittskolleg an der Universität Bielefeld“ (Pressemitteilung vom 30.03.2016): http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/neues_fortschrittskolleg_an_der_universit%C3%A4t1

Kontakt:
Prof. Dr. Oliver Razum, Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Telefon: 0521 106-3837
E-Mail: oliver.razum@uni-bielefeld.de
 

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