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IKG Blog
Veröffentlicht am
13. Juni 2024
Kategorie:
Allgemein
Fachtag des Fachnetzwerks Sozialpsychologie zu Flucht und Integration: Austauschforum für Praxis und Wissenschaft zu Konflikten im Rahmen der Arbeit mit Geflüchteten
Ende März 2024 fand der dritte Fachtag des Fachnetzwerks Sozialpsychologie zu Flucht und Integration (kurz: Fachnetz) an der Universität Bielefeld statt. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Konfliktakademie (ConflictA) des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) organisiert.
Diese Fachtage dienen dazu, den Austausch zwischen wissenschaftlicher Psychologie und in der Praxis zu Hilfe für Geflüchtete zu ermöglichen und zu fördern.
Vom Fachnetzwerk Sozialpsychologie zu Flucht und Integration waren mehrere Mitglieder angereist, die an unterschiedlichen Universitäten und Instituten wissenschaftlich tätig sind. Die Teilnehmenden aus der Praxis kamen von unterschiedlichen Organisationen, viele von ihnen kamen aus Bielefeld, viele aus umliegenden Städten und Gemeinden wie Herford oder Schweicheln.
Der Tag teilte sich in zwei Hälften: Der Vormittag war bestimmt durch Impulsvorträge, während der Nachmittag stärker durch Austauschsitzungen mit workshopartigem Charakter geprägt war.
Den Beginn machte Professor Andreas Zick mit einem Grußwort, in dem er als Leiter beider Institutionen pointiert die Konfliktakademie und das IKG vorstellte. Anschließend präsentierte Dr. Jens Hellmann (Universität Bielefeld) das Fachnetz und unterschiedliche Zugänge zu sowie Auffassungen von Integration, bevor Dr. Ulrich Klocke (HU Berlin) die Chance nutzte, den Anwesenden das Magazin und die Arbeit der Redaktion des Fachnetzes näherzubringen. Mona Griesberg (FernUniversität in Hagen) führte anschließend in ihrer Präsentation in das Partnernetzwerk mit dem Titel „Latino-European Social Psychological Research Network focused on Migration, Displacement and Inclusion“ (kurz LaEUMiDI) ein. Ina Wolf vom Lesben- und Schwulenverband Deutschlands e.V. (kurz: LSVD) teilte Einsichten in das Projekt „Queer Refugees Deutschland“ . Den Abschluss des Vormittags trug Dr. Florian Scharpf von der Arbeitseinheit „Klinische Psychologie und Gewaltforschung“ von der Universität Bielefeld bei mit seinem Vortrag zur psychischen Gesundheit von Geflüchteten.
Nach einer Mittagspause teilten sich die Teilnehmenden auf insgesamt drei Austauschsitzungen auf. Dr. Daniela Niesta-Kayser (FU Berlin / Universität Potsdam), Dr. Kevin Winter (Universität Hohenheim) und Mona Griesberg leiteten eine Sitzung zu Vorurteilen und Diskriminierung. Die Teilnehmenden diskutierten zu Konflikten aus ihrem Arbeitsalltag, in denen Vorurteile und Diskriminierung eine Rolle spielten, und erarbeiteten mögliche Umgangsformen. Zum Beispiel ging es um strukturelle Diskriminierung im Bildungskontext und in staatlichen Institutionen sowie um Repräsentation im Sport und Vorurteile unter verschiedenen marginalisierten Gruppen.
In einer Sitzung zu Geschlecht und Integration (geleitet durch Dr. Ulrich Klocke und Ina Wolf) wurde anhand konkreter Erfahrungsberichte der Teilnehmenden deutlich, wie oft Geschlechternormen die Arbeit mit Geflüchteten und anderen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte beeinflussen. Stereotype Vorstellungen über Männer, Frauen und queere Personen führen beispielsweise dazu, dass im Herkunftsland verfolgte, queere, aber „nicht queer wirkende“ Geflüchtete Schwierigkeiten haben, bei deutschen Behörden ihren Fluchtgrund anerkannt zu bekommen. Die Beraterin einer geflüchteten Frau berichtete von einem eigenen inneren Konflikt angesichts des Wunsches der Frau, ihrem Mann im Beruf und bei finanziellen Entscheidungen den Vortritt zu lassen, obwohl sie selbst im Heimatland mehr finanzielle Verantwortung übernommen hatte als er. Die Beraterin eines schwulen Geflüchteten suchte nach Möglichkeiten, ihm zu zeigen, dass er sich ihr gegenüber öffnen und wie er sein Alleinsein überwinden kann. In der Gruppe wurden zu zwei Fällen konkrete Handlungsmöglichkeiten entwickelt. Beispielsweise kann die Beraterin durch das Aufhängen von Plakaten Offenheit gegenüber geschlechtlicher und sexueller Vielfalt signalisieren und dem Klienten Informationsmaterial über Begegnungsmöglichkeiten übergeben, unter denen sich auch Angebote für queere Menschen befinden.
Eine dritte Austauschsitzung zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Gruppen und ihren Mitgliedern sowie Lösungsansätzen begleiteten Dr. Stefanie Hechler (DeZIM Berlin) und Dr. Jens Hellmann. Hier ging es unter anderem um Konflikte zwischen Gruppen Geflüchteter, die sich hinsichtlich ihrer Herkunft und des kulturellen und religiösen Hintergrunds unterscheiden. Ein konkretes Beispiel bezog sich auch darauf, dass vor einer bestimmten Einrichtung eine Regenbogenflagge hing und sich einzelne Geflüchtete dadurch davon abhalten ließen, diese Einrichtung zu besuchen. Vereinzelte Gründe dafür konnte erst durch intensive Gespräche identifiziert werden: Es herrschte bei (jungen männlichen) Geflüchteten die Annahme oder gar Sorge vor, dass ein Besuch der Einrichtung nur für queere Menschen erlaubt sei oder auch, dass andere Geflüchtete die Besucher:innen der Einrichtung als queer einordnen würden. Solche intensiven Gespräche und Aufklärung sowie ein sensibler Umgang mit Symbolen wurden letztlich auch als Lösungsmöglichkeiten genannt.
Zum Abschluss wurden im Plenum Ergebnisse der Gruppenarbeiten auf Flipcharts präsentiert. Die Teilnehmenden evaluierten den Fachtag mit überwiegend positiven Ergebnissen und anregendem Feedback. So wurden unter anderem mehrfach die Wünsche geäußert, solche Veranstaltungen zu wiederholen und den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis nachhaltig zu ermöglichen und zu fördern.
Zur Information: Der Nachbericht zum Fachtag 2023 in Marburg
Diese Fachtage dienen dazu, den Austausch zwischen wissenschaftlicher Psychologie und in der Praxis zu Hilfe für Geflüchtete zu ermöglichen und zu fördern.
Vom Fachnetzwerk Sozialpsychologie zu Flucht und Integration waren mehrere Mitglieder angereist, die an unterschiedlichen Universitäten und Instituten wissenschaftlich tätig sind. Die Teilnehmenden aus der Praxis kamen von unterschiedlichen Organisationen, viele von ihnen kamen aus Bielefeld, viele aus umliegenden Städten und Gemeinden wie Herford oder Schweicheln.
Der Tag teilte sich in zwei Hälften: Der Vormittag war bestimmt durch Impulsvorträge, während der Nachmittag stärker durch Austauschsitzungen mit workshopartigem Charakter geprägt war.
Den Beginn machte Professor Andreas Zick mit einem Grußwort, in dem er als Leiter beider Institutionen pointiert die Konfliktakademie und das IKG vorstellte. Anschließend präsentierte Dr. Jens Hellmann (Universität Bielefeld) das Fachnetz und unterschiedliche Zugänge zu sowie Auffassungen von Integration, bevor Dr. Ulrich Klocke (HU Berlin) die Chance nutzte, den Anwesenden das Magazin und die Arbeit der Redaktion des Fachnetzes näherzubringen. Mona Griesberg (FernUniversität in Hagen) führte anschließend in ihrer Präsentation in das Partnernetzwerk mit dem Titel „Latino-European Social Psychological Research Network focused on Migration, Displacement and Inclusion“ (kurz LaEUMiDI) ein. Ina Wolf vom Lesben- und Schwulenverband Deutschlands e.V. (kurz: LSVD) teilte Einsichten in das Projekt „Queer Refugees Deutschland“ . Den Abschluss des Vormittags trug Dr. Florian Scharpf von der Arbeitseinheit „Klinische Psychologie und Gewaltforschung“ von der Universität Bielefeld bei mit seinem Vortrag zur psychischen Gesundheit von Geflüchteten.
Nach einer Mittagspause teilten sich die Teilnehmenden auf insgesamt drei Austauschsitzungen auf. Dr. Daniela Niesta-Kayser (FU Berlin / Universität Potsdam), Dr. Kevin Winter (Universität Hohenheim) und Mona Griesberg leiteten eine Sitzung zu Vorurteilen und Diskriminierung. Die Teilnehmenden diskutierten zu Konflikten aus ihrem Arbeitsalltag, in denen Vorurteile und Diskriminierung eine Rolle spielten, und erarbeiteten mögliche Umgangsformen. Zum Beispiel ging es um strukturelle Diskriminierung im Bildungskontext und in staatlichen Institutionen sowie um Repräsentation im Sport und Vorurteile unter verschiedenen marginalisierten Gruppen.
In einer Sitzung zu Geschlecht und Integration (geleitet durch Dr. Ulrich Klocke und Ina Wolf) wurde anhand konkreter Erfahrungsberichte der Teilnehmenden deutlich, wie oft Geschlechternormen die Arbeit mit Geflüchteten und anderen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte beeinflussen. Stereotype Vorstellungen über Männer, Frauen und queere Personen führen beispielsweise dazu, dass im Herkunftsland verfolgte, queere, aber „nicht queer wirkende“ Geflüchtete Schwierigkeiten haben, bei deutschen Behörden ihren Fluchtgrund anerkannt zu bekommen. Die Beraterin einer geflüchteten Frau berichtete von einem eigenen inneren Konflikt angesichts des Wunsches der Frau, ihrem Mann im Beruf und bei finanziellen Entscheidungen den Vortritt zu lassen, obwohl sie selbst im Heimatland mehr finanzielle Verantwortung übernommen hatte als er. Die Beraterin eines schwulen Geflüchteten suchte nach Möglichkeiten, ihm zu zeigen, dass er sich ihr gegenüber öffnen und wie er sein Alleinsein überwinden kann. In der Gruppe wurden zu zwei Fällen konkrete Handlungsmöglichkeiten entwickelt. Beispielsweise kann die Beraterin durch das Aufhängen von Plakaten Offenheit gegenüber geschlechtlicher und sexueller Vielfalt signalisieren und dem Klienten Informationsmaterial über Begegnungsmöglichkeiten übergeben, unter denen sich auch Angebote für queere Menschen befinden.
Eine dritte Austauschsitzung zu Konflikten zwischen unterschiedlichen Gruppen und ihren Mitgliedern sowie Lösungsansätzen begleiteten Dr. Stefanie Hechler (DeZIM Berlin) und Dr. Jens Hellmann. Hier ging es unter anderem um Konflikte zwischen Gruppen Geflüchteter, die sich hinsichtlich ihrer Herkunft und des kulturellen und religiösen Hintergrunds unterscheiden. Ein konkretes Beispiel bezog sich auch darauf, dass vor einer bestimmten Einrichtung eine Regenbogenflagge hing und sich einzelne Geflüchtete dadurch davon abhalten ließen, diese Einrichtung zu besuchen. Vereinzelte Gründe dafür konnte erst durch intensive Gespräche identifiziert werden: Es herrschte bei (jungen männlichen) Geflüchteten die Annahme oder gar Sorge vor, dass ein Besuch der Einrichtung nur für queere Menschen erlaubt sei oder auch, dass andere Geflüchtete die Besucher:innen der Einrichtung als queer einordnen würden. Solche intensiven Gespräche und Aufklärung sowie ein sensibler Umgang mit Symbolen wurden letztlich auch als Lösungsmöglichkeiten genannt.
Zum Abschluss wurden im Plenum Ergebnisse der Gruppenarbeiten auf Flipcharts präsentiert. Die Teilnehmenden evaluierten den Fachtag mit überwiegend positiven Ergebnissen und anregendem Feedback. So wurden unter anderem mehrfach die Wünsche geäußert, solche Veranstaltungen zu wiederholen und den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis nachhaltig zu ermöglichen und zu fördern.
Zur Information: Der Nachbericht zum Fachtag 2023 in Marburg