© Universität Bielefeld
Abt. Geschichtswissenschaft
Veröffentlicht am
11. Juli 2024
Kategorie:
zthf-news
Anticipatory History: Contouring the Future through Historical Sources and Ethical Duties, Ewa Domańska (Poznań/Stanford)
©FotoFotka
- English version below -
Koselleck Lecture
In der Koselleck Lecture werde ich die präsentistische
Voreingenommenheit des historischen Denkens hinterfragen, die in
Benedetto Croces Behauptung zum Ausdruck kommt, dass „alle Geschichte
gegenwartsbezogene Geschichte ist“. Demgegenüber schlage ich vor,
historisches Wissen als eine Form von antizipatorischem Wissen zu
betrachten, das nicht nur dazu in der Lage ist, unsere Vergangenheit zu
erzählen, sondern auch die Konturen unserer Zukunft zu beleuchten. Durch
die Analyse neuer Objekte wie Plastiglomerate,
jüngst hergestellte Zeitkapseln sowie durch die Auseinandersetzung mit
zeitgenössischen Kunstwerken wie Maarten Vanden Eyndes „The Museum of
Forgotten Past“ (2012), werde ich für die Bedeutung der Identifizierung
und Analyse „antizipatorischer historischer
Quellen“ eintreten. Als Marker der Zukunft sind sie entscheidend für
die Konstruktion eines zukunftsorientierten Verständnisses unserer
Vergangenheit.
Durch die Einführung des Konzepts eines antizipatorischen
historischen Denkens werde ich eine präventive Dimension des
historischen Wissens erforschen, die sowohl die individuelle als auch
die kollektive Widerstandsfähigkeit, d. h. unsere Fähigkeit zur
Anpassung und zum Gedeihen inmitten ständiger Krisen, verbessern
könnte. Die Diskussion erstreckt sich auch auf die ethischen Dimensionen
der historischen Forschung, indem ich über die „Pflicht des Historikers
zur Antizipation“ angesichts eskalierender und
sich vervielfachender Krisen reflektiere und das von Shoshana Zuboff
formulierte „Recht auf die zukünftige Zeit“ untersuche.
In meinem Vorhaben, ein systematisches Projekt antizipatorischer
Geschichte auszuarbeiten, das sich auf Ontologie (Erforschung
antizipatorischer historischer Quellen), Epistemologie (Reflexion über
antizipatorisches historisches Denken) und Ethik (Nachdenken
über die antizipatorischen Pflichten von Historikern und
antizipatorische Emotionen und Tugenden wie kritische Hoffnung und
Vertrauen) konzentriert, will ich mit diesem Vortrag nicht nur für eine
Neuausrichtung der Geschichte auf die Zukunft plädieren, sondern
auch Historiker in ihrer Imaginationskraft und ihrem verborgenen Talent
dazu bestärken, über verschiedene Szenarien der Zukunft Vermutungen
anzustellen.
Anmeldung für Zoom unter: theoriezentrale-geschichte@uni-bielefeld.de
Ort: Gebäude X
Raum: X E0-002
Zeit: 10.07.2024, 18:00 - 20:00
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Koselleck Lecture
In this lecture I will challenge the presentist bias of historical
thinking captured in Benedetto Croce’s assertion that “all history is
contemporary history.” I will propose treating historical knowledge as a
form of anticipatory knowledge, capable of
not only narrating our past but also illuminating contours of our
future. Through analysis of new objects such as plastiglomerates,
recently created time capsules as well as engaging with contemporary
artworks, such as Maarten Vanden Eynde’s „The Museum of
Forgotten Past“ (2012), I will argue for the importance of identifying
and analyzing „anticipatory historical sources.“ As markers of the
future, they are crucial for constructing a future-oriented
understanding of our past.
By introducing the concept of anticipatory historical thinking, I
will explore a preventive dimension of historical knowledge that might
enhance both individual and collective resilience, i.e. our capacity to
adapt and thrive amidst perpetual crises. The
discussion extends to the ethical dimensions of historical research,
reflecting on the historian’s „duty to anticipate“ in the face of
escalating and multiplying crises and examining the „right to the future
tense“ as articulated by Shoshana Zuboff.
In my attempt to build a systematic project of anticipatory history
that focuses on ontology (exploring anticipatory historical sources),
epistemology (reflecting on anticipatory historical thinking) and ethics
(meditation on historians’ anticipatory duties
and anticipatory emptions and virtues, such as critical hope and
trust), this lecture seeks not only to advocate reorientating history
toward the future but also to empower historians’ imagination and their
hidden talent to speculate on various scenarios of
the future.
Registration for Zoom at: theoriezentrale-geschichte@uni-bielefeld.de
Location: Building
Room: X E0-002
Time: 10.07.2024, 18:00 - 20:00