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Linie 4: Der Traum vom „starken Mann“
Linie 4: Der Traum vom "starken Mann"
Reichspräsident Friedrich Ebert beim Abschreiten einer Ehrenkompagnie der Reichswehr am 11. August 1923, dem Nationalfeiertag in der Weimarer Republik (Foto: Georg Pahl, BArch Bild 102-10884)
Überzeugte Republikaner waren im Militär der Weimarer Republik (1918–1933) eine Seltenheit. Zu dem Staat, auf den sie einen Eid abgelegt hatten, hatten die meisten Soldaten der Reichswehr ein konfliktreiches Verhältnis. In ihrem Vortrag „Von ‚Herrennaturen‘ und ‚Eunuchen‘ – Das schwierige Verhältnis der Soldaten zur Weimarer Republik“ in der öffentlichen Vortragsreihe Linie 4, die die BGHS gemeinsam mit der vhs Bielefeld veranstaltet, geht die Historikerin Carolin Kaiser den Gründen dafür nach.
Neben der Herkunft vieler Soldaten aus nationalistischen Kreisen und einem elitären Selbstverständnis macht sie einen weiteren Faktor aus – das Verhältnis von Männlichkeit und Politik. Zur Zeit der Weimarer Republik war die Sprache der Politik oftmals gespickt mit Anspielungen auf Geschlecht und Sexualität. So wurde der Versailler Friedensvertrag als eine „Vergewaltigung“ beschrieben, seine Rüstungsbeschränkungen als „Entmannung“ und Pazifisten als „Eunuchen“. Nicht nur die Nationalsozialisten träumten von einem „starken Mann“ am Kopfe der Nation. Im Widerstreit zwischen einem demokratischen und einem autoritären Regime, der die 1920er und frühen 1930er Jahre prägte, galt letzteres als die „männlichere“ Option. Carolin Kaiser widmet sich den Auswirkungen dieser gesellschaftlichen Atmosphäre auf das Militär und fragt: War das Verständnis, das viele Soldaten selbst davon hatten, wie ein Mann und Soldat zu sein habe, schlichtweg nicht vereinbar war mit dem Bild, das sie von Demokratie und Parlamentarismus hatten?
Carolin Kaiser hat Geschichtswissenschaft und Komparatistik an den Universitäten Bochum, Stockholm und Tours studiert. Seit 2021 promoviert sie zum Thema „Männlichkeiten in der Reichswehr. Soldatentum und Geschlecht in der Weimarer Republik“ in der BGHS. Sie ist Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes.
Der Vortrag findet am Montag, 22. Mai 2023 um 18.15 Uhr in Raum 240 in der vhs Bielefeld, Ravensberger Park 1, statt. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt.
Hier findet Ihr Informationen über die Linie 4 und die Vorträge der Reihe.