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Im Schatten der Gleichstellung: Frauen mit Behinderung am Internationalen Frauentag
Anlässlich des Internationalen Frauentages werfen wir einen besonderen Blick auf die Situation von Frauen mit Behinderungen – eine Gruppe, deren Belange trotz signifikanter Fortschritte in der Geschlechtergerechtigkeit noch zu oft unbeachtet bleiben. Fast jede fünfte Frau weltweit ist von einer Behinderung betroffen. In Deutschland waren im Jahr 2021 12,3 % der weiblichen Bevölkerung amtlich als behindert anerkannt. Diese Zahlen spiegeln nicht die volle Realität wider, da Frauen, die z.B. ohne einen amtlich festgestellten Grad der Behinderung chronisch krank sind, hierbei nicht berücksichtigt werden.
Diese Frauen sind gleich mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt – nicht nur aufgrund ihres Geschlechts, sondern auch aufgrund ihrer Behinderung. Zusätzliche Faktoren wie z.B. Fluchterfahrung, Alleinerziehendsein oder Armutsbetroffenheit können das Risiko für Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen noch verstärken. So sind Frauen mit Behinderung einem mindestens doppelt so hohen Risiko von Gewalterfahrungen ausgesetzt wie Frauen ohne Behinderung, mit alarmierenden Zahlen von weltweit bis zu 68 % der Mädchen mit Behinderung, die vor Erreichen der Volljährigkeit sexuelle Gewalt erfahren.
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt manifestiert sich die intersektionale Mehrfachdiskriminierung deutlich. Die Integration in den ersten Arbeitsmarkt ist für Menschen mit Behinderung generell schwieriger, doch Frauen mit Behinderungen sind noch stärker betroffen. Ihre Beschäftigungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen bleiben weit hinter ihrem Potenzial zurück, sie erzielen niedrigere Nettoeinkommen und haben seltener Führungspositionen inne als Männer mit Behinderung. Teilzeitbeschäftigungen, z.B. aufgrund von Care-Aufgaben, verstärken das ohnehin erhöhte Risiko für Altersarmut von Frauen zusätzlich.
Zudem berichten Beschäftigte mit Behinderung von einer teilweise deutlich erhöhten Stressbelastung am Arbeitsplatz, wobei Frauen mit Schwerbehinderung die höchste Stressbelastung und geringste Zufriedenheit am Arbeitsplatz aufweisen, verglichen mit Männern mit Schwerbehinderung sowie Frauen und Männern ohne Behinderung.
Schon diese kurzen Einblicke in die Lebensrealitäten von Frauen - und Mädchen - mit Behinderung zeigen: Gender-Mainstreaming braucht Disability-Mainstreaming und anders herum. Der Internationale Frauentag ist eine Gelegenheit, das Bewusstsein für die spezifischen Herausforderungen von Frauen mit Behinderung zu schärfen. Es müssen weiter Wege gefunden werden, um die Gesellschaft inklusiver zu gestalten und sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen mit Behinderung ihre Rechte vollumfänglich leben und an der Gesellschaft teilhaben können. Es ist ein Appell, Barrieren abzubauen, Sichtbarkeit zu schaffen und die Gleichstellung aller Frauen zu fördern.