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Zucht-Jakobsmuscheln entwickeln eigene Gen-Merkmale
Biologen der Universität Bielefeld veröffentlichen Analyse
Die
Jakobsmuschel ist eine der größten essbaren Muscheln und gilt unter
Gourmets als Delikatesse. Um den Bedarf nach den Muscheln zu decken,
züchtet die Fischerei-Industrie die Schalentiere in Aquafarmen am Meer.
Verhaltensökologen der Universität Bielefeld belegen in einer neuen
Analyse: Die gezüchteten Muscheln haben eine eigene genetische
Komposition ausgeprägt. Damit unterscheiden sie sich in ihren
Gen-Merkmalen von natürlichen Vorkommen. Die Biologen haben insgesamt
neun Populationen der Jakobmuschel (Pecten maximus) an der Küste von
Nordirland untersucht. Ihre Ergebnisse stellen sie am heutigen Mittwoch
(8.2.2017) im Forschungsmagazin „Royal Society Open Science“ vor.
Die Forscher haben die genetische Architektur der Muschelpopulationen analysiert. „Die genetische Architektur ist das Gerüst der Erbanlagen, das bestimmt, welches äußere Erscheinungsbild ein Organismus annehmen kann – wie groß zum Beispiel eine Muschel werden kann oder ob sie eine rote Maserung ausbilden kann“, sagt David Vendrami. Der Doktorand untersuchte insgesamt 180 Muschel-Proben. Das Agri-Food and Biosciences Institute in Belfast (Nordirland) sammelte sie im Februar 2015 bei einer Exkursion an der nordirischen Atlantikküste.
Die Forschenden haben nicht nur belegt, wie sich Züchtungen auf die Vorkommen der Jakobsmuscheln auswirken. Ihre Untersuchung beweist auch, dass diese Muscheln ihre Form und innere Färbung sehr flexibel an ihre Umweltbedingungen anpassen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um die Züchtung oder die acht natürlichen Populationen handelt. „Wir haben geprüft, inwieweit die Erbanlagen und das Erscheinungsbild zusammenhängen. Das ist aber sehr wahrscheinlich nicht der Fall. Die äußeren Eigenschaften der Muschel hängen sehr wahrscheinlich von der Umgebung ab“, sagt Vendrami.
In seiner künftigen Forschung gehen Hoffman, Vendrami und ihre Kollegen über Nordirland hinaus. Sie untersuchen Proben von der ganzen atlantischen Küste, von Norwegen bis Portugal, sowie aus dem Mittelmeer, um zu erfahren, wie die Jakobsmuscheln und andere Schalentiere in ihrem Wachstum auf unterschiedliche Umweltbedingungen reagieren.
Für die aktuelle Studie haben die Bielefelder Forscher mit einer Reihe von Partnern zusammengearbeitet: der University of Cambridge (England), der Universität Duisburg-Essen, der Forschungseinrichtung British Antarctic Survey (Cambridge), und dem Agri-Food and Biosciences Institute in Belfast (Nordirland).
David Vendrami ist Mitglied des Marie-Curie-Netzwerks „Calcium in a Changing Environment“ (CACHE, Kalzium in einer sich ändernden Umwelt). Darin untersuchen zehn Doktoranden aus ganz Europa in verschiedenen Disziplinen Europas kommerziell wichtigste Muschel-Arten. Das Netzwerk wird von der Europäischen Union gefördert. Die Marie-Curie-Netzwerke sind ein Teil des Rahmenprogramms für exzellente Forschung und Innovation der Europäischen Union.
Originalveröffentlichung:
David L. J. Vendrami, Luca Telesca, Hannah Weigand, Martina Weiss, Katie Fawcett, Katrin Lehman, Melody S. Clark, Florian Leese, Carrie McMinn, Heather Moore, Joseph I. Hoffman: RAD sequencing resolves fine-scale population structure in a benthic invertebrate: implications for understanding phenotypic plasticity. Royal Society Open Science, http://dx.doi.org/10.1098/rsos.160548, veröffentlicht am 8. Februar 2017
Weitere Informationen im Internet:
Muscheln, Meer und Marineindustrie (Pressemitteilung vom 14.6.2016): https://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/muscheln_meer_und_marineindustrie_nr