uni.aktuell-Archiv
Singvögel erkennen Verwandte am Geruch
Biologen der Universität Bielefeld entdecken Fähigkeit von Zebrafinken
Die Verhaltensforscher Dr. Tobias Krause und Dr. Barbara Caspers von der Universität Bielefeld haben herausgefunden, dass Singvögel ihren Geruchssinn für soziale Kommunikation benutzen und so Verwandte von Nicht-Verwandten unterscheiden können. Die Studie der Wissenschaftler erscheint heute (4. Januar) in der Online-Version der Zeitschrift "Biology Letters", herausgegeben von der renommierten britischen Royal Society. Erst vor kurzem hatten die beiden Biologen bewiesen, dass Singvögel – anders als in Lehrbüchern zuvor behauptet – riechen können.
Um zu klären, ob Singvögel Verwandte
„erriechen“ können, haben die Bielefelder Verhaltensforscher mit
Experimenten gearbeitet. In einem Experiment haben sie Zebrafinken
wenige Tage nach dem Schlüpfen in ein Nest mit nicht-verwandten anderen
Küken gesetzt und darin aufwachsen lassen. Etwa drei Wochen später
setzten sie diese „Pflegekinder“ vor zwei verschiedene Nistplätze. Das
eine Nest enthielt Material (Kokosfasern und Kot) von dem Nest, in dem
das jeweilige Küken geschlüpft ist. Es roch also nach der alten
Heimstatt des Kükens. Das andere Nest war mit Material markiert, in dem
das Küken zusammen mit Nicht-Verwandten aufgezogen wurde. Das Ergebnis:
Die Test-Küken verbrachten deutlich mehr Zeit in der Nähe des
Nistplatzes, der nach ihren Eltern und Geschwistern roch.
Den Forschern zufolge lassen sich die Ergebnisse auch auf andere Singvögel übertragen. Krause: "Da Zebrafinken als Vertreter der Singvögel ihre Verwandten am Geruch erkennen können, ist auch davon auszugehen, dass andere Singvögel über gleiche oder ähnliche Fähigkeiten zur Verwandtenerkennung verfügen." Außerdem sei aus anderen Studien bekannt, dass in anderen Singvogelarten die genetischen Grundlagen für die Wahrnehmung von Gerüchen ebenfalls vorhanden sind.
Im September 2010 hatten Krause und Caspers mit Experimenten die Grundlage für die neue Versuchsreihe geschaffen. Sie hatten gezeigt, dass Singvögel einen Geruchssinn haben. Die gängige Lehrmeinung behauptete bis dahin, dass ihre „Nasenlöcher“ im Schnabel keine besondere Funktion hätten. Die Bielefelder Forscher fanden heraus, dass die Zebrafinken ihr Riechorgan einsetzen, um in ihren Brutkolonien zurück zum eigenen Nistplatz zu finden. Das hilft vor allem Jungtieren, weil diese bei ihren ersten Ausflügen noch das Wissen darüber fehlt, wie die Brutkolonie aufgebaut ist und wo darin sein eigenes Nest zu finden ist. Sie können sich also optisch nicht orientieren. Mit ihren Experimenten bewiesen die beiden Biologen, dass Zebrafinken Nistplätze bevorzugen, die nach ihrem gewohnten Nest riechen.
Die Studie erscheint in:
Biology Letters online vom 04.01.2011 http://dx.doi.org/doi:10.1098/rsbl.2011.1093
Kontakt:
Dr. Barbara Caspers, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon: 0521 106-2825
E-Mail: barbara.caspers@uni-bielefeld.de
Dr. Tobias Krause, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon 0521 106-2841
E-Mail: tobias.krause@uni-bielefeld.de
Prof. Dr. Oliver Krüger, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie
Telefon 0521 106-2842
E-Mail: oliver.krueger@uni-bielefeld.de