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Reisende Ideen und Bilder zwischen Nord- und Südamerika
Konferenz zur Verflechtung der Doppelkontinente in der Universität Bielefeld
„In
TV-Dokumentationen wird zwar oft der politische Einfluss von
US-amerikanischen Geheimdiensten in südamerikanischen Staaten betont.
Doch einseitig sind die Beziehungen zwischen Nord- und Südamerika
keineswegs – und sie gehen weit über die Politik hinaus", sagt Professor
Dr. Wilfried Raussert von der Fakultät für Linguistik und
Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld. Politiker, aber auch
Künstler, Unternehmer und Bürgerbewegungen aus beiden Teilen des
Doppelkontinents beeinflussen Gesellschaften in dem jeweils anderen
Amerika. Raussert gehört zu den Leitern des neuen Verbundprojekts „Die
Amerikas als Verflechtungsraum“. Auf der Eröffnungskonferenz des
Projekts befassen sich rund 40 Forscherinnen und Forscher aus den USA,
Lateinamerika, Kanada und Europa damit, welche Ideen, Bilder, Töne und
Texte zwischen den zwei Amerikas reisen. Die Wissenschaftler tagen von
Montag bis Mittwoch, 6. bis 8. Mai, im Zentrum für interdisziplinäre
Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld.
Als
transkulturelle Mobilität bezeichnen Wilfried Raussert und seine
Forscherkollegen die Bewegung von Literatur, Musik, politischen Ideen
und anderen kulturellen Produkten zwischen den Amerikas. „Auf der
Konferenz schauen wir aus kultur-, literatur- und
medienwissenschaftlicher, linguistischer und historischer Sicht auf
diesen Ideenfluss“, sagt der Amerikanist mit interamerikanischer
Forschungsausrichtung.
Als historisches Beispiel für das
Konferenz-Thema nennt Raussert den Maler Diego Rivera. Der war ein
zentraler Vertreter der mexikanischen Wandmaler-Bewegung, deren Ideen in
den 1930er Jahren in den USA im Beschäftigungsprogramm New Deal
aufgegriffen wurden. Rivera hatte starken Einfluss auf das
New-Deal-Projekt „Public Works of Arts“, in dem Künstler staatlich
finanziert teils revolutionäre Wandgemälde an öffentlichen Gebäuden
schufen. Auch ein Beatnik-Dichter bewegte Ideen zwischen den Amerikas:
Ende der 1950er Jahre reiste der US-amerikanische Schriftsteller Jack
Kerouac nach Mexiko. „In seinem Gedichtband Mexico City Blues entwirft
er das Land als Alternative zum Leben in den USA“, sagt Wilfried
Raussert.
Die Forscherinnen und Forscher sprechen auf der
Konferenz auch über aktuelle Phänomene der transkulturellen Mobilität –
darunter der aus den USA stammende Hip-Hop, der auf Kuba von
Regimegegnern für den Protest entdeckt wurde. Junge Rapper kritisieren
in ihren Texten die Castro-Regierung und stellen Forderungen. Für
heutige religiöse Bewegungen in den Amerikas spielt Mobilität laut
Professor Raussert ebenfalls eine Rolle: So reisten Anhänger der
Pfingstbewegung einst aus den USA nach Guatemala, um zu missionieren.
Heute zählt die Pfingstbewegung zu den verbreiteten Religionsgruppen in
dem Land und beeinflusst wiederum Glaubensgruppen in den USA.
Zu
den Hauptrednern der Konferenz zählen renommierte Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler wie der frühere Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Amerikastudien, Professor Dr. Rüdiger Kunow (Universität Potsdam),
der Postkolonialismus-Forscher Professor Walter Migonolo PhD (Duke
University, USA), der Imperialismus-Forscher Professor John Carlos Rowe
PhD (University of Southern California, USA) und die
Kommunikationswissenschaftlerin Professorin Dr. Sarah Corona Berkin
(Universidad de Guadalajara, Mexiko).
Die Konferenz trägt den
Titel „(Trans)Cultural Mobility: Traveling Ideas, Images, Sounds, Texts
in the Americas“ (Transkulturelle Mobilität: Reisende Ideen, Bilder,
Klänge, Texte in den Amerikas). Professor Dr. Wilfried Raussert leitet
die Tagung gemeinsam mit Professorin Maryemma Graham PhD (University of
Kansas, USA), der derzeitigen Gender-Gastprofessorin an der Fakultät für
Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld. Für die
Konferenz kooperiert die Universität Bielefeld mit der University of
Kansas. Ausrichter ist das Zentrum für interamerikanische Studien (CIAS)
der Universität Bielefeld. Die Konferenz eröffnet das neue
Forschungsprojekt „Die Amerikas als Verflechtungsraum“. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt im Januar
2013 bewilligt und fördert es vier Jahre mit mehr als drei Millionen
Euro. Zehn Doktorandinnen und Doktoranden, drei Postdocs und zehn
Professorinnen und Professoren erforschen historische und gegenwärtige
Dynamiken, die den Doppelkontinent der Amerikas als Verflechtungsraum
prägen.
Tagungszeiten:
Beginn: Montag, 6. Mai, 9.30 Uhr
Ende: Mittwoch, 8. Mai, ca. 15.30 Uhr
Weitere Informationen im Internet:
www.uni-bielefeld.de/cias/verflechtungsraum.html