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Physiker finden neue Erklärung für Schlüsselexperiment
Forschende der Universität Bielefeld veröffentlichen Ergebnisse und wenden Messmethode erstmals in der Spin Kaloritronik an
Ein
Experiment an der Tohoku Universität (Japan) hat 2008 den Grundstein
gelegt für das Forschungsgebiet „Spin Kaloritronik“, das eine
effektivere und energiesparende Datenverarbeitung in der
Informationstechnologie zum Ziel hat. Viele neue spinkalorische Effekte
wurden seitdem erforscht, das japanische Schlüsselexperiment konnte aber
nicht wiederholt werden. Forschende der Fakultät für Physik der
Universität Bielefeld haben dafür jetzt eine Erklärung gefunden. Ihre
Ergebnisse haben sie im Magazin Nature Communications veröffentlicht.
Mit einer neu angewandten Messmethode an Großforschungseinrichtungen
haben sie außerdem das experimentelle Repertoire in der Spin
Kaloritronik erweitert. Nachzulesen sind die Ergebnisse in der
Zeitschrift Physical Review Letters.
Die Bielefelder Wissenschaftler erzeugen reine Spinströme in magnetischen Materialien, die keinen elektrischen Strom leiten - sogenannte magnetische Isolatoren. Sie nutzen dazu dünne magnetische Schichten aus Nickelferrit oder Eisengranat. „Genauso wie man in elektrisch leitenden Materialien mit elektrischem Strom eine elektrische Spannung aufbauen kann, lässt sich in magnetischen Isolatoren mit einem Spinstrom eine Spinspannung aufbauen, die sogenannte Spinakkumulation“, beschreibt Dr. Timo Kuschel die Parallele zwischen der klassischen Elektronik und der Spintronik. Kuschel leitet den Bereich Spin Kaloritronik in der Gruppe von Günter Reiss. Das Team hat in ihrem Experiment nun gezeigt, dass zwar thermische Spinströme durch Temperaturunterschiede erzeugt werden, Erklärung und Effekt dafür aber andere sind, als ursprünglich vermutet. „Allerdings ist der wahre Effekt ein sehr effektives Mittel, um thermische Spinströme zu erzeugen. Wir sind unseren japanischen Kollegen deshalb natürlich trotzdem dankbar für ihre Forschung, die weltweit das Gebiet der Spin Kaloritronik erst ins Rollen gebracht hat“, sagt Günter Reiss. Die Bielefelder Forscher kooperieren bei den Experimenten mit der Universität Regensburg, dem Walther-Meissner-Institut in Garching und dem Center for Materials for Information Technology in Alabama (USA).
„Die Erkenntnisse sorgen für weiteren Diskussions- und Forschungsbedarf im Bereich der Spin Kaloritronik“, ist sich Timo Kuschel sicher. Zusammen mit Dr. Andy Thomas und Dr. Jan-Michael Schmalhorst hat das Team im vergangenen Jahr 800.000 Euro Fördermittel in vier Projekten des Schwerpunktprogramms „Spin Caloric Transport“ (SpinCaT) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingeworben. Die neuen Erkenntnisse stützen die Forschung im SpinCaT-Schwerpunkt, den es seit 2011 in Deutschland gibt und der 2014 um weitere drei Jahre verlängert wurde.
Originalveröffentlichungen:
D. Meier, D. Reinhardt, M. van Straaten, C. Klewe, M. Althammer, M. Schreier, S.T.B. Goennenwein, A. Gupta, M. Schmid, C.H. Back, J.-M. Schmalhorst, T. Kuschel, G. Reiss: Longitudinal spin Seebeck effect contribution in transverse spin Seebeck effect experiments in Pt/YIG and Pt/NFO, Nature Communications 6, 9211 (2015), DOI: 10.1038/ncomms9211
T.
Kuschel, C. Klewe, J.-M. Schmalhorst, F. Bertram, O. Kuschel, T.
Schemme, J. Wollschläger, S. Francoual, J. Strempfer, A. Gupta, M.
Meinert, G. Götz, D. Meier, G. Reiss: Static proximity effect in
Pt/NiFe2O4 and Pt/Fe bilayers investigated by x-ray resonant magnetic
reflectivity, Physical Review Letters 115, 097401 (2015)¸
dx.doi.org/10.1103/PhysRevLett.115.097401
Weitere Informationen im Internet:
www.spinelectronics.de
www.spincat.info