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uni.aktuell-Archiv
Veröffentlicht am
28. Oktober 2015
Kategorie:
Forschung & Wissenschaft
Optogenetik erforscht molekulare Schalter für Nervenzellen
Forscher der Universität Bielefeld veröffentlichen zu jungem Forschungsgebiet mit Licht-gesteuerten Zellen
In der Optogenetik wird Licht zur Steuerung von Nerven- und anderen elektrisch erregbaren Zellen genutzt. Dazu werden die Zellen gentechnisch so verändert, dass sie mit Licht einer bestimmten Wellenlänge gezielt angesprochen werden können. In der Fachzeitschrift Trends in Biochemical Sciences berichten jetzt die beiden Bielefelder Wissenschaftler Dr. Arash Kianianmomeni und Professor Dr. Armin Hallmann von neuen optogenetischen Werkzeugen, mit denen Neurone nicht nur schnell angeschaltet, sondern auch schnell wieder ausgeschaltet werden können, ohne dabei die natürlichen Abläufe in der Zelle zu stören. Diese molekularen Lichtsensoren eröffnen neue Möglichkeiten – sowohl für die neuro- und zellbiologische Grundlagenforschung als auch für die biomedizinische Anwendung.
Grundlegend für das neue Forschungsgebiet der Optogenetik war die
Entdeckung des Licht-aktivierbaren Proteins Channelrhodopsin in
Grünalgen im Jahr 2002. Dieses Protein sitzt in der Membran der
Algenzelle, und es öffnet nach Anregung mit Licht einer bestimmten
Wellenlänge einen Kanal, um geladene Teilchen (Ionen) durch die Membran
zu schleusen. In den begeißelten Grünalgen dienen diese
Licht-aktivierbaren Proteine der Lichtwahrnehmung, um zum Beispiel
gezielt zum Licht schwimmen zu können. Der Weg von Licht-aktivierbaren
Proteinen aus Grünalgen hin zu molekularen Werkzeugen in der
Hirnforschung kann manchmal ganz kurz sein: In einer elektrisch
erregbaren Nervenzelle (Neuron) wird nämlich durch das Durchschleusen
von geladenen Teilchen durch die Zellmembran ein Nervenimpuls ausgelöst.
Schafft man es, diese Licht-aktivierbaren Algenproteine mittels
Gentechnik in die Nervenzellen zu bringen, können diese Zellen mit Licht
nicht-invasiv angeregt werden. Sobald die Optogenetiker besser
erforscht haben, wie man Nervenzellen mit Licht steuern kann, ist es
auch möglich, Gehirnfunktionen zu beeinflussen. „Zu den Eigenschaften
eines molekularen Schalters sollte allerdings nicht nur das schnelle
Einschalten, sondern auch das schnelle Ausschalten gehören“, erklärt Dr.
Arash Kianianmomeni. Letzteres sei bislang allerdings nicht
realisierbar gewesen.
Die ersten effektiven molekularen
Ausschalter wurden wieder in Algen (Cryptophyta) identifiziert. „Durch
gezielte Gentechnik, basierend auf der 3D-Struktur der Proteine, können
mittlerweile sogar Anschalter in Ausschalter umgewandelt werden. Somit
ist es jetzt möglich, gentechnisch veränderte Nervenzellen durch Licht
einer bestimmten Wellenlänge schnell anzuschalten und durch Licht einer
anderen Wellenlänge schnell wieder auszuschalten“, sagt Professor Dr.
Armin Hallmann. Die Optogenetik erlaube es auch, nur ganz bestimmte
Zelltypen innerhalb eines Zellverbands mit einem „Lichtschalter“ zu
versehen.
Inzwischen arbeiten weltweit etwa 1.500 Labore an unterschiedlichsten Aspekten im Zusammenhang mit den Licht-aktivierbaren An- und Ausschaltern, wobei es meist um Grundlagenforschung geht. Mit Hilfe der molekularen Schalter lässt sich nun die Funktionsweise der Nervenzellnetzwerke im Gehirn lebender Tiere untersuchen. Dabei sind insbesondere auch Tiere von Interesse, die Krankheitsbilder entwickeln, die schwerwiegenden menschlichen Erkrankungen ähneln. Bereits jetzt spielt die Optogenetik eine wichtige Rolle bei der Aufklärung von Gehirnfunktionen und bei der Erforschung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), Schmerzstörungen, Suchterkrankungen, Tourette-Syndrom und Epilepsie. „Langfristig besteht auch die Hoffnung Optogenetik-basierte Therapiemöglichkeiten für diese neurologischen Erkrankungen zu entwickeln“, sagt Arash Kianianmomeni. „Die oben genannten Licht-abhängigen Ausschalter wären insbesondere auch bei Erkrankungen wie der Epilepsie oder dem Tourette-Syndrom von Bedeutung, da sie von Übererregungen in bestimmten Hirnbereichen verursacht werden.“
Originalveröffentlichung:
Arash Kianianmomeni, Armin Hallmann: Spotlighted Brains: Optogenetic Activation and Silencing of Neurons. Trends in Biochemical Sciences. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.tibs.2015.09.004
In der Optogenetik wird Licht zur Steuerung von Nerven- und anderen elektrisch erregbaren Zellen genutzt. Dazu werden die Zellen gentechnisch so verändert, dass sie mit Licht einer bestimmten Wellenlänge gezielt angesprochen werden können. In der Fachzeitschrift Trends in Biochemical Sciences berichten jetzt die beiden Bielefelder Wissenschaftler Dr. Arash Kianianmomeni und Professor Dr. Armin Hallmann von neuen optogenetischen Werkzeugen, mit denen Neurone nicht nur schnell angeschaltet, sondern auch schnell wieder ausgeschaltet werden können, ohne dabei die natürlichen Abläufe in der Zelle zu stören. Diese molekularen Lichtsensoren eröffnen neue Möglichkeiten – sowohl für die neuro- und zellbiologische Grundlagenforschung als auch für die biomedizinische Anwendung.
Prof.
Dr. Armin Hallmann (l.) und Dr. Arash Kianianmomeni betreiben
Grundlagenforschung auf den Gebieten Molekulare Zellbiologie und
Optogenetik. Foto: Universität Bielefeld
Die angeregten Neuronen nach der Bestrahlung mit Licht mit Hilfe von Optogenetik. Foto: Ute Hochgeschwender, Central Michigan University
Inzwischen arbeiten weltweit etwa 1.500 Labore an unterschiedlichsten Aspekten im Zusammenhang mit den Licht-aktivierbaren An- und Ausschaltern, wobei es meist um Grundlagenforschung geht. Mit Hilfe der molekularen Schalter lässt sich nun die Funktionsweise der Nervenzellnetzwerke im Gehirn lebender Tiere untersuchen. Dabei sind insbesondere auch Tiere von Interesse, die Krankheitsbilder entwickeln, die schwerwiegenden menschlichen Erkrankungen ähneln. Bereits jetzt spielt die Optogenetik eine wichtige Rolle bei der Aufklärung von Gehirnfunktionen und bei der Erforschung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), Schmerzstörungen, Suchterkrankungen, Tourette-Syndrom und Epilepsie. „Langfristig besteht auch die Hoffnung Optogenetik-basierte Therapiemöglichkeiten für diese neurologischen Erkrankungen zu entwickeln“, sagt Arash Kianianmomeni. „Die oben genannten Licht-abhängigen Ausschalter wären insbesondere auch bei Erkrankungen wie der Epilepsie oder dem Tourette-Syndrom von Bedeutung, da sie von Übererregungen in bestimmten Hirnbereichen verursacht werden.“
Originalveröffentlichung:
Arash Kianianmomeni, Armin Hallmann: Spotlighted Brains: Optogenetic Activation and Silencing of Neurons. Trends in Biochemical Sciences. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.tibs.2015.09.004