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Neues Merian Centre in und über Lateinamerika
Universitäten Bielefeld und Kassel leiten wissenschaftspolitisches Großprojekt / Bis zu 20 Millionen Euro Förderung
Ein
neues Forschungszentrum mit Hauptsitz in Guadalajara, Mexiko, soll
untersuchen, wie die Gesellschaften in Lateinamerika Krisen lösen. Die
Universität Bielefeld und die Universität Kassel bauen das weltweit
zweite Merian Centre in Kooperation mit den Universitäten Hannover und
Jena auf. Für das Institut lässt sich die Universität Guadalajara vom
Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld
inspirieren. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
fördert die Merian Centres voraussichtlich zwölf Jahre mit jeweils bis
zu 20 Millionen Euro. Damit handelt es sich bei dem neuen Zentrum um das derzeit finanziell
umfangreichste Forschungsprojekt zu Lateinamerika, das mit Mitteln aus
Deutschland gefördert wird.
Für das Lateinamerika-Zentrum CALAS werden neben dem Zentralstandort in Guadalajara weitere Regionalzentren in Argentinien, Ecuador und Costa Rica aufgebaut. Der Historiker Professor Dr. Olaf Kaltmeier vom Center for InterAmerican Studies (CIAS) der Universität Bielefeld ist Direktor des CALAS und Sprecher des deutschen Universitätskonsortiums: „Mit diesem Projekt etabliert sich die Universität Bielefeld in der Spitzengruppe der deutschen und auch internationalen Forschung zu den Amerikas.“
Das CALAS geht das Hauptthema gesellschaftliche Krisen aus vier Perspektiven an: „Sozial-ökologische Transformation“, „Soziale Ungleichheiten“, „Gewalt und Konfliktlösung“ sowie „Identität und Region“. „Wir wollen von der Weltregion Lateinamerika lernen, wie dort Krisen bewältigt werden“, sagt Kaltmeier. Ab 2019 sollen im Wechsel gleichzeitig bis zu 20 „Fellows“, also internationale Gastwissenschaftler, in Forschungsgruppen am CALAS arbeiten, außerdem Doktorandinnen und Doktoranden in Graduiertenprogrammen.
Das Zentrum für
interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld hat die
Förderung für das CALAS mit beantragt. „Das ZiF ist eine starke
Inspiration für das CALAS“, sagt Kaltmeier. 1968 als „Keimzelle“ der
Universität Bielefeld gegründet, fördert es herausragende
interdisziplinäre und innovative Forschungsprojekte. Professor Dr.
Héctor Raúl Solis Gadea, Rektor der Universität Guadalajara, besuchte
2016 zusammen mit einem Architekten das ZiF. Die designierten
mexikanischen Direktoren des Zentrums, Professorin Dr. Sarah Corona und
Professor Dr. Gerado Cham, waren als Gastwissenschaftler am ZiF tätig.
„Wir
nutzen am CALAS das ZiF-Prinzip der Forschungsgruppen auf Zeit und
ergänzen es“, sagt Kaltmeier. Ebenso wie am ZiF können sich
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig am CALAS mit einem
Thema um eine Forschungsgruppe bewerben. Bei Erfolg leben und arbeiten
die Mitglieder der Gruppe (Fellows) dann etwa ein Jahr gemeinsam am
CALAS, laden andere Wissenschaftler zu Tagungen ein, bringen gemeinsame
Publikationen heraus und informieren in Vorträgen und Diskussionen über
ihre Ergebnisse. „Die CALAS-Außenstellen ermöglicht den Fellows zudem,
in den dortigen Archiven zu arbeiten und zum Beispiel in Studien die
Menschen des jeweiligen Landes zu befragen“, sagt Kaltmeier.
Die Förderung des BMBF läuft zunächst über zwei Jahre Aufbauphase. Danach ist eine weitere Förderung des CALAS für bis zu zehn Jahre vorgesehen (eine sechsjährige Hauptphase und eine vierjährige Abschlussphase). Allein für die ersten acht Jahre beläuft sich die Förderung auf 13 Millionen Euro.
Ebenso wie die Universität Bielefeld vergrößert und modernisiert auch die Universität Guadalajara ihren Campus. Zu dem neuen Stadtviertel gehören neben Gebäuden für die Sozial- und Geisteswissenschaften, darunter das CALAS, auch Theater und Museen. Guadalajara ist mit 4,5 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt in Mexiko. Sie gilt mit der zweigrößten Buchmesse der Welt als internationale Kulturmetropole. Mit der Universität Bielefeld ist die Universität Guadalajara seit mehr als zehn Jahren eng verbunden, unter anderem durch ein Austauschprogramm für Dozenten und Studierende, das vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) gefördert wird.
Die
Universität Bielefeld hat sich auf die sozial- und
kulturwissenschaftliche Erforschung des amerikanischen Doppelkontinents
spezialisiert und dafür 2011 das Zentrum für interamerikanische
Forschung (CIAS, Center for InterAmerican Studies) gegründet. Ein
Projekt des CIAS heißt „Die Amerikas als Verflechtungsraum“. Noch bis
Ende 2019 untersucht das vom BMBF geförderte Projekt, wie Nord- und
Südamerika historisch und sozial verbunden sind und sich gegenseitig
beeinflussen. Zwischen 2008 und 2009 analysierte die
ZiF-Forschungsgruppe „E Pluribus Unum“ ethnische Identitäten in den
Amerikas und wie sie sich grenzüberschreitend verbinden. Olaf Kaltmeier
war einer der Leiter der Gruppe.
Weitere Informationen im Internet:
- BMBF fördert zwei neue Forschungskollegs in Lateinamerika: https://www.bmbf.de/de/bmbf-foerdert-zwei-neue-forschungskollegs-in-lateinamerika-3916.html
- Universitäten Kassel und Bielefeld bauen Forschungszentrum in Mexiko auf: http://www.uni-kassel.de/uni/universitaet/pressekommunikation/neues-vom-campus/meldung/article/universitaeten-kassel-und-bielefeld-bauen-forschungszentrum-in-mexiko-auf.html
- Zentrum für interamerikanische Forschung: http://www.uni-bielefeld.de/(de)/cias/index.html