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uni.aktuell-Archiv
Veröffentlicht am
6. Juni 2017
Kategorie:
Forschung & Wissenschaft
Neuer Schutz vor Zuckerrüben-Krankheit
Bielefelder Forschende beteiligt an Entdeckung von Widerstandsgen
Ob Getränke, Süßigkeiten oder Obstkonserven: Die Zuckerrübe ist einer der bedeutendsten Rohstoffe für die Lebensmittelindustrie. Und auch die chemische Industrie braucht ihren Zucker, etwa für Kosmetika und Medikamente. Doch der Rizomania-Virus sorgt weltweit für Ernteschäden. In vier von fünf Fällen ist diese Pflanzenkrankheit schuld, wenn die Rüben verkümmern und verfaulen. In einer Kooperation haben Forschende der Universitäten in Kiel und Bielefeld zusammen mit internationalen Expertinnen und Experten einen Weg gefunden, das Virus zu bekämpfen. Sie haben ein Resistenzgen entdeckt, das die Rüben gegen Rizomania schützt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden heute (06.06.2017) im Fachmagazin Nature Communications.
Resistenzzüchtungen von Nutzpflanzen sind eine seit Jahrzehnten eingesetzte Strategie gegen Ertragseinbußen durch Virenbefall. Tatsächlich kommen schon jetzt in der Landwirtschaft vor allem Zuckerrübensorten zum Einsatz, in die eine spezielle Unempfindlichkeit gegenüber Rizomania hinein gezüchtet wurde. „Rizomania gelingt es aber seit einiger Zeit verstärkt, diesen Schutz zu überwinden“, sagt Professor Dr. Bernd Weisshaar vom Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) der Universität Bielefeld, einer der Autoren der Studie.
Die Forscher haben in einer Wildpopulation der Zuckerrübe ein Rizomania-Resistenzgen identifiziert, das für einen alternativen Virenschutz verantwortlich ist. „Wir können das neu entdeckte und im Genom, dem Erbgut, lokalisierte Gen gezielt für die Pflanzenzüchtung nutzen“, sagt Weisshaar.
Für die Gen-Identifikation analysierten die Forschenden das Genom einer in Dänemark vorkommenden Wildpopulation der Zuckerrübe. Sie konzentrierten sich auf ein spezielles Wildrübenvorkommen, das in der Küstenregion um Kalundborg auf der dänischen Insel Seeland vorkommt. „Interessanterweise haben wir festgestellt, dass resistente und anfällige Wildrüben dort auf einer Strecke von 15 Kilometern nebeneinander vorkommen“, sagt Dr. Gina Capistrano-Gossmann vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). „Resistente Pflanzen haben dort also keinen Vorteil gegenüber anfälligen Pflanzen, da der Boden nicht mit dem Rizomania-Virus infiziert ist“, erklärt Capistrano-Gossmann, die Erstautorin der Studie.
Um die genetische Grundlage der Resistenzbildung in diesen Wildrüben zu entschlüsseln, setzte das Forschungsteam einen innovativen Ansatz zur Gewinnung genetischer Ressourcen aus natürlichen Wildpflanzenpopulationen ein. „Mit unserer Datenanalyse am CeBiTec konnten wir die bislang unbekannte Lage des Resistenz-Gens im Genom eingrenzen“, sagt Bernd Weisshaar, der die bioinformatische Auswertung der Studie leitete. „Dafür haben wir die Gen-Sequenzen von wenigen resistenten und anfälligen Wildrüben analysiert. Und diese Analyse haben wir mit einer Untersuchung der gesamten Wildrübenpopulation kombiniert. So konnten wir dem Resistenz-Gen auf die Spur kommen.“
Die Kenntnis der Gen-Sequenz, die für die Resistenzbildung verantwortlich ist, erlaubt es nun, direkt zwischen resistenten und anfälligen Jungpflanzen zu unterscheiden. Außerdem ist es möglich, zu untersuchen, wie die Resistenzreaktion der Zuckerrüben auf Molekül-Ebene abläuft. Das Forschungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Originalveröffentlichung:
Gina Capistrano-Gossmann, David Ries, Daniela Holtgräwe, Andre Minoche, Thomas Kraft, Se-bastian Frerichmann, Thomas Rosleff Sörensen, Juliane Dohm, Irene Gonzalez, Markus Schilha-bel, Mark Varrelmann, Hendrik Tschoep, Hubert Uphoff, Katia Schütze, Dietrich Borchardt, Otto Toerjek, Wolfgang Mechelke, Jens Lein, Axel Schechert, Lothar Frese, Heinz Himmelbauer, Bernd Weisshaar, Friedrich Kopisch-Obuch: Crop wild relative populations of Beta vulgaris allow di-rect mapping of agronomically important genes. Nature Communications. http://dx.doi.org/10.1038/ncomms15708, veröffentlicht am 6. Juni 2017
Weitere Informationen im Internet:
Ob Getränke, Süßigkeiten oder Obstkonserven: Die Zuckerrübe ist einer der bedeutendsten Rohstoffe für die Lebensmittelindustrie. Und auch die chemische Industrie braucht ihren Zucker, etwa für Kosmetika und Medikamente. Doch der Rizomania-Virus sorgt weltweit für Ernteschäden. In vier von fünf Fällen ist diese Pflanzenkrankheit schuld, wenn die Rüben verkümmern und verfaulen. In einer Kooperation haben Forschende der Universitäten in Kiel und Bielefeld zusammen mit internationalen Expertinnen und Experten einen Weg gefunden, das Virus zu bekämpfen. Sie haben ein Resistenzgen entdeckt, das die Rüben gegen Rizomania schützt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden heute (06.06.2017) im Fachmagazin Nature Communications.
Er hat durch Computerberechnungen dazu beigetragen, auszumachen, wo das Widerstandsgen im Erbgut gesunder Zuckerrüben liegt: Prof. Dr. Bernd Weisshaar vom Centrum für Biotechno-logie (CeBiTec) der Universität Bielefeld. Foto: Samir El Kholy
Die Forscher haben in einer Wildpopulation der Zuckerrübe ein Rizomania-Resistenzgen identifiziert, das für einen alternativen Virenschutz verantwortlich ist. „Wir können das neu entdeckte und im Genom, dem Erbgut, lokalisierte Gen gezielt für die Pflanzenzüchtung nutzen“, sagt Weisshaar.
Für die Gen-Identifikation analysierten die Forschenden das Genom einer in Dänemark vorkommenden Wildpopulation der Zuckerrübe. Sie konzentrierten sich auf ein spezielles Wildrübenvorkommen, das in der Küstenregion um Kalundborg auf der dänischen Insel Seeland vorkommt. „Interessanterweise haben wir festgestellt, dass resistente und anfällige Wildrüben dort auf einer Strecke von 15 Kilometern nebeneinander vorkommen“, sagt Dr. Gina Capistrano-Gossmann vom Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). „Resistente Pflanzen haben dort also keinen Vorteil gegenüber anfälligen Pflanzen, da der Boden nicht mit dem Rizomania-Virus infiziert ist“, erklärt Capistrano-Gossmann, die Erstautorin der Studie.
Von Rizomania befallene Zuckerrüben (links und Mitte) und ein gesundes Exemplar im Vergleich. Foto: Bernd Holtschulte
Die Kenntnis der Gen-Sequenz, die für die Resistenzbildung verantwortlich ist, erlaubt es nun, direkt zwischen resistenten und anfälligen Jungpflanzen zu unterscheiden. Außerdem ist es möglich, zu untersuchen, wie die Resistenzreaktion der Zuckerrüben auf Molekül-Ebene abläuft. Das Forschungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
Originalveröffentlichung:
Gina Capistrano-Gossmann, David Ries, Daniela Holtgräwe, Andre Minoche, Thomas Kraft, Se-bastian Frerichmann, Thomas Rosleff Sörensen, Juliane Dohm, Irene Gonzalez, Markus Schilha-bel, Mark Varrelmann, Hendrik Tschoep, Hubert Uphoff, Katia Schütze, Dietrich Borchardt, Otto Toerjek, Wolfgang Mechelke, Jens Lein, Axel Schechert, Lothar Frese, Heinz Himmelbauer, Bernd Weisshaar, Friedrich Kopisch-Obuch: Crop wild relative populations of Beta vulgaris allow di-rect mapping of agronomically important genes. Nature Communications. http://dx.doi.org/10.1038/ncomms15708, veröffentlicht am 6. Juni 2017
Weitere Informationen im Internet:
- Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: http://www.uni-kiel.de/pressemeldungen/index.php?pmid=2017-176-resistente-rueben
- „Auf der jahrhundertealten Spur der Zuckerrüben-Züchter“ (Pressemitteilung der Universität Bielefeld vom 19.12.2013): http://bit.ly/2shZ8KC