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uni.aktuell-Archiv
Veröffentlicht am
12. April 2018
Kategorie:
Forschung & Wissenschaft
„Jede Ausstellung beruht auf vergleichendem Sehen“
Drei Fragen an Britta Hochkirchen über ihre Forschung über das Kuratieren
Warum besuchen Menschen Kunstausstellungen? Oft wegen der Künstlerin oder des Künstlers und seiner Werke. Dass eine Kuratorin oder ein Kurator die Ausstellung auf eine bestimmte Weise konzipiert hat und damit eine spezifische Deutung vermittelt, rückt oftmals in den Hintergrund. Dr. Britta Hochkirchen, Akademische Rätin in der Abteilung Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld, widmet sich diesem Thema: Sie untersucht, wie Kunstausstellungen im 20. Jahrhundert kuratiert und damit Kunstgeschichte durch die Präsentation von Kunstwerken hervorgebracht wurde. Dabei profitiert sie auch von der Praxis: Gemeinsam mit Dr. Bettina Brandt kuratiert sie die Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“, die ab dem 18. April an drei Orten in Bielefeld gezeigt wird.
Frau Dr. Hochkirchen, es gibt Bücher zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Warum müssen auch Ausstellungen aus dieser Zeit untersucht werden?
Weil in Ausstellungen auf eine andere Weise als in Büchern Kunstgeschichte „produziert“ wird, sie wird gezeigt. Ausstellungen vermitteln ihre zugrunde liegende Deutungen sehr subtil. Die Betrachterinnen und Betrachter sehen die Kunstobjekte einer Ausstellung in einer bestimmten – so konzipierten – Abfolge und Hängung. Zusammenhänge, Irritationen und Schlüsse entstehen durch das Vergleichen der Bilder. Durch das Nebeneinander zweier Bilder wird die Aufmerksamkeit der Betrachterinnen und Betrachter auf bestimmte Aspekte geleitet – etwa auf die Form oder Farbe – andere treten in den Hintergrund. Der vergleichende Blick kommt aber nicht von ungefähr, er ist von den Kuratorinnen und Kuratoren so gewollt. Ich untersuche unterschiedliche historische Praktiken des Ausstellens, die das vergleichende Sehen initiierten.
Sie können aber nicht mehr dabei sein: Das 20. Jahrhundert ist Geschichte. Wie lösen Sie dieses Problem?
Ich durchforste Archive nach Plänen, Skizzen und Briefwechseln von Kuratorinnen und Kuratoren aus dem Vorlauf ihrer Ausstellungen. Im Vergleich dazu untersuche ich, wie die Ausstellungen tatsächlich aussahen, welche kuratorischen Praktiken ausgeübt wurden, sich vielleicht auch verändert haben. Wie hing welches Bild? Hier helfen mir historische Fotografien von den Ausstellungssituationen. Zusätzlich analysiere ich zeitgenössische Rezensionen über die Ausstellungen. Dabei bemerke ich auch manchmal, dass etwas schief gegangen ist. Kuratorinnen und Kuratoren haben mit einer bestimmten Absicht kuratiert, doch dannwirkte es ganz anders, eine gegenläufige Botschaft wurde übermittelt.
Sie verbinden Theorie und Praxis, sind eine der Kuratorinnen der Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“. Macht das etwas mit Ihrer Forschung?
Ja, denn ich erfahre sprichwörtlich am eigenen Leib, was beim Umgang mit Bildern passiert. Je nachdem wie ich Bilder hänge, verändert sich ihre Wirkung im Raum, sie zeigen dann eine andere Geschichte. Ich merke aber auch, dass Bilder und Objekte sich bestimmten kuratorischen Praktiken und Deutungszuweisungen geradezu widersetzen. Diese Erfahrung ist für mich wichtig, um nachzuvollziehen, welche Praktiken im Vollzug des Ausstellens eine Rolle spielen. Die eigene Praxis bereichert meine Forschung: Sie öffnet mir die Augen für das kuratorische „Tun“, das es zu untersuchen gilt.
Dr. Britta Hochkirchen forscht im Sonderforschungsbereich 1288 „Praktiken des Vergleichens“, in dem sie gemeinsam mit Professor Dr. Johannes Grave ein Teilprojekt zum vergleichenden Sehen leitet.
https://www.uni-bielefeld.de/sfb1288/projekte/c01.html
Die Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“ findet ab dem 18. April an drei Orten in Bielefeld statt: in der Abteilung Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld, im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) und im Kunstverein Bielefeld.
Mehr Informationen unter:
http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/zthf/koselleck-und-das-bild.html
Warum besuchen Menschen Kunstausstellungen? Oft wegen der Künstlerin oder des Künstlers und seiner Werke. Dass eine Kuratorin oder ein Kurator die Ausstellung auf eine bestimmte Weise konzipiert hat und damit eine spezifische Deutung vermittelt, rückt oftmals in den Hintergrund. Dr. Britta Hochkirchen, Akademische Rätin in der Abteilung Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld, widmet sich diesem Thema: Sie untersucht, wie Kunstausstellungen im 20. Jahrhundert kuratiert und damit Kunstgeschichte durch die Präsentation von Kunstwerken hervorgebracht wurde. Dabei profitiert sie auch von der Praxis: Gemeinsam mit Dr. Bettina Brandt kuratiert sie die Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“, die ab dem 18. April an drei Orten in Bielefeld gezeigt wird.
Frau Dr. Hochkirchen, es gibt Bücher zur Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Warum müssen auch Ausstellungen aus dieser Zeit untersucht werden?
Weil in Ausstellungen auf eine andere Weise als in Büchern Kunstgeschichte „produziert“ wird, sie wird gezeigt. Ausstellungen vermitteln ihre zugrunde liegende Deutungen sehr subtil. Die Betrachterinnen und Betrachter sehen die Kunstobjekte einer Ausstellung in einer bestimmten – so konzipierten – Abfolge und Hängung. Zusammenhänge, Irritationen und Schlüsse entstehen durch das Vergleichen der Bilder. Durch das Nebeneinander zweier Bilder wird die Aufmerksamkeit der Betrachterinnen und Betrachter auf bestimmte Aspekte geleitet – etwa auf die Form oder Farbe – andere treten in den Hintergrund. Der vergleichende Blick kommt aber nicht von ungefähr, er ist von den Kuratorinnen und Kuratoren so gewollt. Ich untersuche unterschiedliche historische Praktiken des Ausstellens, die das vergleichende Sehen initiierten.
Sie können aber nicht mehr dabei sein: Das 20. Jahrhundert ist Geschichte. Wie lösen Sie dieses Problem?
Ich durchforste Archive nach Plänen, Skizzen und Briefwechseln von Kuratorinnen und Kuratoren aus dem Vorlauf ihrer Ausstellungen. Im Vergleich dazu untersuche ich, wie die Ausstellungen tatsächlich aussahen, welche kuratorischen Praktiken ausgeübt wurden, sich vielleicht auch verändert haben. Wie hing welches Bild? Hier helfen mir historische Fotografien von den Ausstellungssituationen. Zusätzlich analysiere ich zeitgenössische Rezensionen über die Ausstellungen. Dabei bemerke ich auch manchmal, dass etwas schief gegangen ist. Kuratorinnen und Kuratoren haben mit einer bestimmten Absicht kuratiert, doch dannwirkte es ganz anders, eine gegenläufige Botschaft wurde übermittelt.
Sie verbinden Theorie und Praxis, sind eine der Kuratorinnen der Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“. Macht das etwas mit Ihrer Forschung?
Ja, denn ich erfahre sprichwörtlich am eigenen Leib, was beim Umgang mit Bildern passiert. Je nachdem wie ich Bilder hänge, verändert sich ihre Wirkung im Raum, sie zeigen dann eine andere Geschichte. Ich merke aber auch, dass Bilder und Objekte sich bestimmten kuratorischen Praktiken und Deutungszuweisungen geradezu widersetzen. Diese Erfahrung ist für mich wichtig, um nachzuvollziehen, welche Praktiken im Vollzug des Ausstellens eine Rolle spielen. Die eigene Praxis bereichert meine Forschung: Sie öffnet mir die Augen für das kuratorische „Tun“, das es zu untersuchen gilt.
Dr. Britta Hochkirchen forscht im Sonderforschungsbereich 1288 „Praktiken des Vergleichens“, in dem sie gemeinsam mit Professor Dr. Johannes Grave ein Teilprojekt zum vergleichenden Sehen leitet.
https://www.uni-bielefeld.de/sfb1288/projekte/c01.html
Die Ausstellung „Reinhart Koselleck und das Bild“ findet ab dem 18. April an drei Orten in Bielefeld statt: in der Abteilung Geschichtswissenschaft der Universität Bielefeld, im Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) und im Kunstverein Bielefeld.
Mehr Informationen unter:
http://www.uni-bielefeld.de/geschichte/zthf/koselleck-und-das-bild.html