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Inzucht: Neue Genanalyse erkennt Gefahr für seltene Tierarten

Veröffentlicht am 25. Februar 2014, 10:42 Uhr
Bielefelder Wissenschaftler hat Studie mit geleitet

Inzucht kann die Gesundheit von Tieren stark beeinträchtigen. Eine neue Studie zeigt, wie Inzucht und ihre Folgen verlässlich in Wildtieren gemessen werden kann. Entwickelt wurde das Verfahren von einem Forschungsteam, das von Dr. Joseph Hoffman von der Universität Bielefeld und Dr. Kanchon Dasmahapatra von der University of York (England) geleitet wurde. Die Methode kann künftig als Frühwarnsystem eingesetzt werden, um Inzucht bei seltenen Tierarten zu erkennen. Das Forschungsmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ präsentiert die Studie der Biologen als Titelgeschichte in seiner gestern (24.02.2014) erschienenen Ausgabe.

Das Forschungsteam wendete seine neue Methode auf Seehunde an und wies nach, dass die Lungen von Tieren aus Inzucht besonders häufig mit Parasiten befallen waren. Foto: Oliver Krüger
Das Forschungsteam wendete seine neue Methode auf Seehunde an und wies nach, dass die Lungen von Tieren aus Inzucht besonders häufig mit Parasiten befallen waren. Foto: Oliver Krüger
Bei Zootieren ist es gewöhnlich kein Problem, zu messen, wie stark ihre Gene von Inzucht beeinflusst sind. In ihrem Stammbaum ist verzeichnet, wer ihre Vorfahren sind. Bei wild lebenden Tieren ist eine genaue Messung jedoch nur in Ausnahmefällen möglich. Biologen müssen die DNA der Tiere einer Population vergleichen, um zu klären, wie eng sie miteinander verwandt sind. „Solche Analysen waren bislang nur sehr grob“, erklärt Dr. Joseph Hoffman vom Lehrstuhl Verhaltensforschung. Für die Genanalysen greifen die Biologen auf genetische Marker zurück – das sind eindeutig identifizierbare DNA-Abschnitte, die bei verwandten Tieren ähnlicher sind als bei nicht verwandten Tieren.

Bisherige Methoden verwendeten nur etwa zehn DNA-Marker, so dass die Ergebnisse ungenau ausfielen. Für die neue Methode wurden mehr als 10.000 Marker ausgewertet. „Damit können wir sehr präzise zeigen, wie eng die Tiere miteinander verwandt sind“, sagt Hoffman. Um das neue Verfahren zu testen, wertete das Forschungsteam zunächst die Gene einer Population von Mäusen aus, deren Stammbaum bekannt war – mit Erfolg.

Danach wendeten sie die Methode erstmals bei wild lebenden Tieren an: Sie verglichen DNA-Marker von verendeten Seehunden, die an Nordseestränden gefunden wurden. „Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Lungen von Seehunden aus Inzucht mit höherer Wahrscheinlichkeit von Parasiten befallen sind als die von ihren Artgenossen“, sagt Hoffman. Grundsätzlich gilt, dass Nachkommen, die infolge von Inzucht geboren werden, oft anfälliger für Krankheiten sind als Kinder, die von Tieren stammen, die nicht miteinander verwandt sind. Inzucht hat gewöhnlich auch eine geringere Fruchtbarkeit zur Folge. Kommt es also in einer Population von seltenen Tieren vermehrt zu Inzucht, steigt die Gefahr, dass diese Population kleiner wird und schließlich verschwindet.

„Insgesamt deutet unsere Studie darauf hin, dass Inzucht in einigen Arten ein größeres Problem darstellt als bislang angenommen“, erklärt Hoffman. Hoffmans Kollege Kanchon Dasmahapatra sagt: „Die neue Technik lässt sich einsetzen, um zu klären, ob in einer Population einer Tierart Inzucht überhandnimmt. So kann frühzeitig eingegriffen werden, um zum Beispiele seltene Arten zu schützen.“

Originalveröffentlichung:
Joseph I. Hoffman, Fraser Simpson, Patrice David, Jolianne M. Rijks, Thijs Kuiken, Michael A. S. Thorne, Robert C. Lacy, Kanchon K. Dasmahapatra: High-throughput sequencing reveals inbreeding depression in a natural population, Proceedings of the National Academy of Sciences, http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1318945111, erschienen am 24. Februar 2014.
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