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Gesundheitliche Versorgung von Geflüchteten: Herausforderungen und Lösungsansätze

Veröffentlicht am 11. Mai 2016, 11:19 Uhr
Experten aus Bielefeld, Heidelberg, und des Robert Koch-Instituts Berlin veröffentlichen aktuelles Schwerpunktheft des Bundesgesundheitsblatts / Zugang zu Gesundheitsversorgung erleichtern und standardisieren / Impfungen und Trauma-Therapien ermöglichen

Über eine Millionen Menschen haben im Jahr 2015 in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung gesucht. Dazu haben sie oft lange und gefährliche Wege auf sich genommen. Die angemessene Versorgung dieser Menschen stellt die Gesundheitsdienste vor große Herausforderungen. Soeben ist ein Schwerpunktheft des Bundesgesundheitsblatts erschienen, das die verfügbaren Erfahrungen aus den Bereichen medizinische Versorgung, Vorbeugung und der Stärkung der örtlichen Gesundheitsdienste zusammenträgt. Herausgeber sind Professor Dr. Oliver Razum von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, Dr. Kayvan Bozorgmehr von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Heidelberg, und Dr. Anke-Christine Saß vom Robert Koch-Institut Berlin. Die Monatszeitschrift Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz umfasst alle Fragestellungen und Bereiche, mit denen sich das öffentliche Gesundheitswesen und die staatliche Gesundheitspolitik auseinandersetzen.


Experten aus ganz Deutschland haben an dem Schwerpunktheft mitgearbeitet. Ihre wichtigsten Erkenntnisse, die in der Monatszeitschrift veröffentlicht sind:

•    Die Erstuntersuchung asylsuchender Menschen, ihre Behandlung und die Umsetzung von Vorbeugemaßnahmen wie Impfungen sind in Deutschland nicht standardisiert. Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD) und Kommunen entwickeln auf Basis der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen die bestmöglichen Lösungsstrategien. Erforderlich wären jedoch ein stärker koordiniertes und standardisiertes Vorgehen, insbesondere bei Impfungen und der Erhebung von Gesundheitsdaten. Die Erstuntersuchung sollte sich auf wenige, bevölkerungsmedizinisch wichtige Infektionskrankheiten konzentrieren.

•    Der Zugang zur Gesundheitsversorgung sollte einfach und diskriminierungsfrei sein, wie das in Bremen und Hamburg mit der Gesundheitskarte praktiziert wird. Eine entsprechende Regelung muss zügig sowohl in Erstaufnahmestellen als auch bei der dauerhaften Unterbringung von Asylsuchenden in ganz Deutschland umgesetzt werden.

•    Häufig besteht Sorge, dass Geflüchtete Infektionskrankheiten nach Deutschland bringen, die sich dann hier ausbreiten könnten. Tatsächlich aber sind Geflüchtete eher durch den Aufenthalt in Massenunterkünften oder durch den Kontakt mit ungeimpften Deutschen gefährdet, wenn sie in Kriegssituationen beispielsweise keinen Impfschutz gegen Masern erhalten konnten. Daher müssen Asylsuchende so schnell wie möglich die empfohlenen Schutzimpfungen erhalten. Das erfordert stärkere Kooperationen zwischen ÖGD und niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten.

•    Geflüchtete sind oft traumatisiert. Einer angemessenen Therapie stehen oft aufenthaltsrechtliche Hindernisse entgegen. Ein Abbau solcher Barrieren würde helfen, der
     Entwicklung körperlicher und psychischer Erkrankungen vorzubeugen.

•    Fluchtursachen wie Kriege und die weltweiten wirtschaftlichen und gesundheitlichen Ungleichheiten zwischen Nationen müssen behoben werden. Die Bundesregierung hat 2013 eine globale Gesundheitsstrategie verabschiedet, welche die Verantwortungsbereiche mehrerer Ministerien übergreift. Diese Strategie muss entschlossener umgesetzt werden, um politische und wirtschaftliche Fluchtursachen zu mindern. Deutschland muss sich stärker für die Einhaltung bestehender Rechte wie das Recht auf Schutz vor Krieg und Verfolgung sowie das Recht auf Asyl einsetzen – auch in den anderen EU-Staaten.

Weitere Informationen zum Schwerpunktheft:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz
Gesundheit und Versorgung von Asylsuchenden und Geflüchteten
ISSN: 1436-9990 (Print) 1437-1588 (Online)
http://link.springer.com/journal/103/59/5/page/1

Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Die 1994 gegründete Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld ist die erste und einzige ihrer Art in Deutschland. Sie arbeitet nach dem international verbreiteten Muster einer „School of Public Health“ und widmet sich damit dem Forschungsgegenstand „Bevölkerungsbezogene Gesundheit“. www.uni-bielefeld.de/gesundhw/

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 12.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 1.900 Betten werden jährlich rund 66.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und mehr als 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg. www.klinikum.uni-heidelberg.de
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