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Dem Gehirn auf der Spur

Veröffentlicht am 17. Juli 2018, 14:20 Uhr
„Human Brain“-Projekt an der Universität Bielefeld für zwei Jahre verlängert

Professor Dr. Ulrich Rückert, Forscher am Exzellenzcluster CITEC und an der Technischen Fakultät, arbeitet daran, das menschliche Gehirn mit Hilfe von computerbasierten Modellen besser zu verstehen. Das Projekt läuft EU-weit und hat das Ziel, Erkenntnisse zum Gehirn zu sammeln und miteinander zu vernetzen.


Professor Dr-Ing. Ulrich Rückert ist mit seiner Forschungsgruppe an dem „Human Brain“-Projekt der Europäischen Union beteiligt. Foto: CITEC/Universität Bielefeld
Professor Dr. Ulrich Rückert arbeitet beim „Human Brain“-Projekt mit. Foto: CITEC / Universität Bielefeld
Es ist eigentlich gar nicht so groß, dafür aber unglaublich komplex: „Wir wissen bis heute nicht genau, wie das Gehirn eigentlich funktioniert“, sagt der Ingenieur und Informatiker Professor Dr. Ulrich Rückert. Er ist am „Human Brain“-Projekt (HBP) beteiligt, bei dem es darum geht, Erkenntnisse über das menschliche Gehirn zu sammeln. Verschiedene internationale Projektgruppen forschen dabei am Gehirn und wollen es nicht nur verstehen, sondern auch abstrakt nachbilden.

Insgesamt ist das HBP auf zehn Jahre angelegt und soll bis 2023 laufen. Dabei gliedert sich das Projekt in verschiedene Teilphasen. Die aktuell dritte Phase läuft von 2018 bis 2020, die vierte Phase ist von 2020 bis 2023 vorgesehen. Für jede Phase sind die Gruppen aufgefordert, einen Antrag auf Weiterförderung zu stellen. Das Projekt, in dem die Universität Bielefeld mitarbeitet, wurde als „sehr gut“ begutachtet. Insgesamt sind für das EU-Projekt 1,19 Milliarden Euro vorgesehen.

„Wir haben relativ viel Detailwissen über das Gehirn“, sagt Rückert. Er ist Leiter der Forschungsgruppe Kognitronik und Sensorik der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld, die auch zum Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld gehört.

Es ist beispielsweise klar, dass Nervenzellen durch elektrische Impulse miteinander agieren. „Außerdem sind die Funktionen einzelner Regionen des Gehirns bekannt“, sagt Rückert. Aber: Wie die molekulare Ebene des Gehirns mit den großflächigen Strukturen zusammenhängt, ist nicht klar. „An dieser Stelle klafft noch eine große Lücke“, sagt der Ingenieur.

Das Gesamtprojekt hat das Ziel, das Wissen über das menschliche Gehirn zusammenzutragen und es miteinander zu vernetzen. Dieses Wissen soll insbesondere der Medizin und der Informatik dienen: Wenn es gelingt, das Gehirn möglichst exakt nachzubilden, könnte man zum Beispiel neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson besser verstehen und vielleicht heilen. Auch Wirkung und Nebenwirkung von Medikamenten ließen sich maschinell austesten.

Ulrich Rückert befasst sich beim HBP mit dem assoziativen Gedächtnis. Er forscht dazu an neuronalen Netzwerken. „Es geht dabei darum, eine neue Architektur für Rechner zu entwickeln“, sagt er. Computer können manche Dinge unglaublich effizient: Schach spielen zum Beispiel oder Rechenaufgaben lösen. „Sie sind immer dann gut, wenn es feste Regeln und Strukturen gibt“, sagt Rückert.

Ganz anders aber arbeitet das menschliche Gehirn: Es ist sehr stark darin, verschiedene Dinge miteinander in Beziehung zu setzen. „Wir betreten zum Beispiel ein Zimmer und wissen sofort, wo wir sind und wo im Raum wir uns befinden“, sagt Rückert. „Für einen Computer wäre das hingegen eine sehr komplizierte Rechenoperation.“

Das Gehirn arbeitet nach ganz anderen Prinzipien als ein Rechner. „Ein Rechner braucht oft 1000-mal mehr Energie als das Gehirn für eine solche Operation“, sagt Rückert. „Wenn wir nachbilden können, wie das Gehirn arbeitet, dann lässt sich an vielen Stellen der Energieumsatz technischer Systeme reduzieren.“ Das gilt für ganz verschiedene Systeme in der Robotik, zum Beispiel für das autonome Fahren. „Ein großes Problem ist dabei bislang die Energieversorgung“, sagt der Wissenschaftler. „Eine Lösung wäre, wenn bestimmte Prozesse wie zum Beispiel die Orientierung energieeffizienter ablaufen.“

Das Gehirn ist nicht einmal besonders schnell – aber es geht sparsam mit Energie um. „Ein Rechner ist bei einer Einzeloperation schneller“, sagt Rückert. „Aber eine große Stärke des Gehirns ist es, dass verschiedene Prozesse parallel laufen und miteinander verknüpft werden.“ Die Modelle dazu entstehen im HBP vorrangig virtuell, werden aber auch analog nachgebaut.

Rückert hat aktuell die Aufgabe bekommen, die neuronalen Modelle zweier Forschungsgruppen aus Heidelberg und Mannheim zu bewerten. „Wir arbeiten rege zusammen und haben einen intensiven Austausch in den einzelnen Gruppen des Projekts“, sagt Rückert. „Ich bin sehr gespannt auf die Ergebnisse.“

Weitere Informationen:
www.humanbrainproject.eu
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