Technische Fakultät
Das Team of Bielefeld (ToBi) berichtet vom RoboCup 2023 in Bordeaux
Montag, 03.07.2023 – Hinfahrt: Reisen ist anstrengend
Nachdem wir am Wochenende schon fleißig gepackt hatten und sich der Roboter Tobi bereits gemeinsam mit Sven Wachsmuth im Auto auf die Reise nach Bordeaux begeben hatte, sind wir am Montagmorgen um 4:30 Uhr in Bielefeld mit dem Zug auf die lange Reise gestartet. Die Strecke sollte uns über Essen, Frankfurt und Karlsruhe nach Paris und dann endlich nach Bordeaux bringen.Die geplante Ankunftszeit war für etwas nach 17 Uhr geplant. (Spoiler: Wir waren erst drei Stunden später in Bordeaux.)
Die Züge der deutschen Bahn legten ein erwartbares Maß an Verspätung an den Tag, sodass wir spontan die Verbindung von Frankfurt nach Karlsruhe umbuchen mussten. In Paris waren wir dann aber mit weniger als zehn Minuten Verspätung. Dort mussten wir vom Bahnhof Ost zum Bahnhof Montpellier wechseln. Auf dieser Strecke ist die Straßenbahnlinie allerdings unterbrochen worden, weshalb wir die letzten Kilometer zu Fuß gehen mussten und schlussendlich den Zug nach Bordeaux knapp verpasst haben.
Da die französische Bahn sich nicht verantwortlich für die Ausfälle der Straßenbahn fühlte, mussten wir kurzerhand neue Tickets nach Bordeaux selbst kaufen. Mit einer Stunde Verspätung sind wir erst nach 20 Uhr am Bahnhof in Bordeaux angekommen. Dank der Unruhen in Frankreich trat die Tram zu diesem Zeitpunkt bereits keine neuen Fahrten mehr an, so mussten wir – nach einem dringend notwendigen Abendessen – die vier Kilometer bis zum Hotel zu Fuß gehen.
Fazit: 1. Die Züge in Frankreich sind nach unserem Empfinden nicht besser als die in Deutschland. Aber das wahre Problem sind die Straßenbahnen. 2. Gutes Schuhwerk und eine gewisse Grundfitness sind beim Reisen unbedingt notwendig!
Das Team of Bielefeld (ToBi) auf Reisen. ©ToBi
Dienstag, 04.07.2023 – Setup I: Vorbereitungstage sind lang, aber spannend!
Kurz vor 8 Uhr warteten wir (mit inzwischen deutlich merkbarem akkumuliertem Schlafmangel) darauf, dass sich die Tore für den Beginn des RoboCups öffnen würden. Schon in der Warteschlange vor der Tascheninspektion haben wir ein paar bekannte Gesichter des Teams B-Human der Universität Bremen gesehen. Mit den Bremern haben wir in der Vorbereitungsphase im März kooperiert. Das war unser erster Testlauf sozusagen. Das Bremer Team tritt jedoch in der Fußball-Liga an und wir in der Haushaltsliga. Nach einer kurzen Taschenkontrolle ging es dann zur Anmeldung und kurz darauf hatten wir unsere Teilnehmerpässe, unsere Tischzuweisung und haben uns fleißig an den Aufbau unserer Rechner gemacht. Nun ging es daran, erste Karten der Arena aufzuzeichnen, die zu erkennenden Objekte in der neuen Umgebung zu fotografieren, um unser Bild-Erkennungs-Netz nachzutrainieren und die Möbelstücke in der Arena auszumessen und zu modellieren.
Während sich Sven Wachsmuth an der allgemeinen Organisation der Liga beteiligte, arbeiteten wir Studierende bis zum Schließen der Halle an unseren Aufgaben und selbst nach dem drei Kilometern Spaziergang zurück zum Hotel wurde bis in die Nacht an den Laptops weitergearbeitet.
Mittwoch, 05.07.2023 – Setup II: Sicherheitsinspektion und Postersession
Am zweiten Setup-Tag standen bereits die Sicherheitsinspektion und die Präsentation unseres Posters an. Die Inspektion ist eine Demonstration am Roboter. Sie findet in der Arena statt und die Teams müssen demonstrieren, dass sich ihr Roboter sicher in der neuen Umgebung fortbewegen kann. Dazu gehört es, keine Menschen umzufahren, zum richtigen Ort zu navigieren und die Arena danach wieder zu verlassen. Zwischendurch wird auch der Not-Aus-Schalter betätigt, der vorgeschrieben und auch zwingend notwendig für autonome Roboter ist. Die Inspektion ist sehr wichtig, damit sichergestellt ist, dass Gefahren für Zuschauer:innen, Schiedsrichter:innen und Freiwillige im tatsächlichen Wettbewerb vermieden werden.
Die Sicherheitshürden waren für unseren Tobi leicht zu nehmen, aber beim ersten Durchgang ist die Steuerung leider abgestürzt. Tobi blieb stehen statt wieder aus der Arena zu fahren, sodass wir – wie einige andere Teams auch – die Inspektion erst in der zweiten Runde bestanden haben. Nach dem erfolgreichen Bestehen der Sicherheitsstandards dürfen wir nun offiziell an der ersten Wettbewerbsrunde teilnehmen.
Die zweite Herausforderung des Tages bildete die Poster-Session. Jedes Team musste zusammengefasst auf einem Poster die eigenen Forschungsfelder im Kontext des Wettbewerbs vorstellen. Dafür gab es jeweils drei Minuten Zeit und es wurden auch bereits die ersten Punkte vergeben.
Jonas Vaquet aus dem Team of Bielefeld erklärt den Forschungszusammenhang zum Wettbewerb. ©ToBi
Donnerstag, 06.07.2023 – Tag 1 des Wettbewerbs
Heute ist der erste Wettkampftag. Wir sind aufgeregt, aber voller Vorfreude unsere viele Arbeit, die wir in die Vorbereitung gesteckt haben, anwenden und zeigen zu können.
In der ersten Aufgabe des Tages musste sich ToBi als Rezeptionist beweisen. Er spielte den Butler auf einer Party – ToBi begrüßte die Gäste und fragte nach ihren Namen und ihrem Lieblingsgetränk, führte sie in die Sitzecke, stellte sie den anderen Gästen vor (und umgekehrt) und weist ihnen dann einen freien Platz zu.
Der Roboter musste Menschen erkennen, ihnen Fragen stellen und Sie dann einander vorstellen. Da er seinen Greifer gar nicht benutzen musste und nur wenig gefahren ist, war diese Zielvorgabe aus unserer Sicht relativ einfach. Die Aufgabe „Roboter als Rezeptionist“ hat also gut funktioniert – wir haben alles geschafft, was wir uns vorgenommen haben und 700 Punkte erreicht. Aber auch einige andere Teams waren sehr gut.
In der nächsten Aufgabe ging es darum, Einkäufe auszuräumen und zu verräumen. Das haben wir viel und ausgiebig geübt. Der Roboter musste fünf Objekte greifen und sie richtig – neben ähnliche Objekte - in den Küchenschrank stellen. Wir sind als drittes Team in diese Aufgabe gestartet und haben als erstes Team erfolgreich ein Objekt gegriffen. An den Schrank sind wir leider nicht gekommen, aber ToBi konnte dem Schiedsrichter zumindest sagen, wo das Objekt hingehört, sodass wir letztlich 90 Punkte für uns verbuchen konnten.
In der letzten Aufgabe des Tages galt es für ToBi, beim Tragen von Gepäckstücken behilflich zu sein. Der Roboter sollte eine vom Benutzer angezeigte Tasche aufheben, dann dem Benutzer hinterherfahren bis dieser „am Ziel“ angekommen ist, die Tasche zurückgeben, zurückfahren und sich dann in eine Schlange stellen.
Da bei dieser Zielvorgabe unsere Kamera ausgefallen ist und ein blinder Roboter in etwa so gut Gepäck hinterhertragen kann wie ein blinder Mensch, haben wir bei dieser Aufgabe leider keine Punkte erhalten.
Mit insgesamt 790 Punkten liegen wir aktuell im Ranking auf dem 5. von 15 Plätzen.
Fazit: Wir sind mit unseren eigenen Ergebnissen nicht überall ganz zufrieden, aber im direkten Vergleich mit anderen Teams (von denen einige nur eine oder keine der drei Aufgaben erledigt haben) sind wir relativ gut dabei.
Freitag, 07.07.2023 – Tag 2 des Wettbewerbs
Heute war die Aufregung noch größer als gestern, denn es ging um den Einzug in die zweite Runde im Wettbewerb.
Erstes Ziel heute war es, ToBis sogenannte Fähigkeiten bei der Unterstützung im Haushalt unter Beweis zu stellen. Der Roboter wird von einem Benutzer per Spracheingabe aufgefordert, bestimmte Kommandos auszuführen – wie z.B. „Finde Charlie in der Küche“ oder „Bring mir den Wein vom Wohnzimmertisch“. In fünf Minuten sollen maximal drei Kommandos ausgeführt werden. Es können Kommandos übersprungen werden, wenn der Roboter sie nicht ausführen kann.
Hier hat uns das Sprachverständnis und fehlende Koordination das Spiel verdorben. Der Aufgabenbereich der Allzwecktätigkeiten ist so umfassend, dass jede Teilaufgabe schon fast eine eigene Aufgabe sein könnte. Wir konnten keine Punkte erzielen. Im Hinblick auf den weiteren Verlauf des Wettbewerbs hat es uns beruhigt, dass von den anderen fünfzehn Teams in unserer Liga nur eines überhaupt Punkte für diese Aufgabe erreicht hat.
Neue Aufgabe, neues Spiel: Als nächstes ging es darum, dass ToBi Frühstück serviert. Der Roboter soll Cornflakes zum Frühstück vorbereiten – also Schüssel, Löffel, Cornflakes und Milch auf den Tisch stellen und dann Cornflakes und Milch einschütten. Wir schütteten aus Sicherheitsgründen keine Milch ein, weil der Roboter ziemlich empfindlich ist. Wir wollten es nicht riskieren, dass er sich selbst mit Milch überschüttet.
Beim ersten Durchgang ist hier wieder die Kamera ausgefallen. Wir führen das auch auf die Hitze in Bordeaux zurück. In der Halle waren es heute 34 Grad Celsius und das hat sowohl Technik als auch Mensch belastet. Beim zweiten Durchgang hat uns ein Komma-Fehler in unserer Programmierung einige Punkte gekostet. Denn dadurch wurden ToBis Armpositionen seltsam berechnet. Hier waren uns einige andere Teams klar überlegen. Auch mussten wir feststellen, dass diese Teams meist auch über eine bessere Hardware verfügt haben. Immerhin haben wir für diesen Aufgabenbereich 45 Punkte erzielen können.
Die erste Runde haben wir insgesamt mit 865,25 Punkten (Posterpräsentation und Aufgaben) und damit dem 5. Platz abschließen können. Damit haben wir unser Ziel erreicht, uns für die zweite Runde des Wettbewerbs zu qualifizieren, in der die acht besten Teams teilnehmen dürfen.
Zwischenfazit nach der ersten Runde: Überraschend war, dass einige Teams
entweder gar keine Punkte erreicht haben oder aber bei einigen Aufgaben
überhaupt nicht angetreten sind. Auch wenn bei uns einiges nicht funktioniert
hat, hat es sich aus unserer Sicht wirklich gelohnt, alles einmal zu versuchen
– nicht nur im Hinblick auf die finale Wertung. Wir haben Erfahrung sammeln
können und viel gelernt!
Motiviert starten wir in die zweite Runde des Wettkampftags. Der Roboter soll nach dem Essen dreckiges Geschirr in die Spülmaschine einräumen. Das sind maximal fünf verschiedene Objekte. Es hätte Bonuspunkte für das Öffnen der Tür und das Einlegen eines Spülmaschinen-Tabs gegeben, aber ToBisGreifer eignet sich für beides nicht. Der Tab ist zu klein und die Spülmaschinentür müsste seltsam von unten geöffnet werden.
Mit den Erfahrungen, die wir mit ToBi beim Vorbereiten des Frühstücks gemacht haben, konnten wir die Parameter von ToBis Funktionen noch einmal verbessern. Wir haben 480 Punkte für die Aufgabe des Tischabräumens bekommen. Mit diesem Ergebnis konnten wir den zweiten Wettkampftag auf dem 4. Platz abschließen.
Samstag, 08.07.2023 – Tag 3 des Wettbewerbs
Bei der ersten Aufgabe des Tages "arbeiten" die Roboter in einem ihnen unbekannten Restaurant. An einem unbekannten Ort voller Menschen, Tische und Stühle müssen sich die Roboter zurechtfinden und Bestellungen aufnehmen sowie zum Tisch bringen. Ohne jedoch vorher die Tische zu kennen und in einem Raum voller Menschen war es uns jedoch zu gefährlich, ToBi Dinge greifen zu lassen. Damit ist das Hauptziel die korrekte Navigation und das Verstehen der Aufforderungen in einem sehr lauten Umfeld zwar nicht erreicht. Dennoch haben wir die Navigation noch recht gut gemeistert und konnten die Aufgabe mit 200 Punkten als drittbestes Team abschließen. Da diese Aufgabe die einzige ist, die keine Möglichkeit eines zweiten Versuchs vorsah, sind wir mit dem Ergebnis auch weitgehend zufrieden.
Nach dem recht guten Abschneiden in ersten beiden Tagesaufgaben liegen wir nur relativ knapp hinter den führenden Teams auf Platz 2 und 3. Mit den anstehenden letzten beiden regulären Aufgaben erhoffen wir uns nun realistische Chancen auf einen Platz auf dem Siegertreppchen.
RoboCup goes RoboCop: Bei dieser Aufgabe muss ToBi bei einer Party in der Wohnung darauf achten, dass sich die Gäste an die Regeln halten. Keine Schuhe in der Wohnung, das Schlafzimmer ist tabu und man wirft auch nicht einfach Müll auf den Boden! Und bei 32 Grad Celsius in Bordeaux muss jeder Gast ein Getränk zur Abkühlung bekommen. ToBi kümmert sich darum und weist Gäste (freundlich) darauf hin, welche Regeln sie gerade brechen und welche es zu befolgen gilt. Leider hat diese Aufgabe bei uns nicht funktioniert: Wir wissen nicht, warum. Wir konnten keine Punkte erreichen. Aber auch das gehört zum RoboCup – Dinge, die vorher immer funktioniert haben, schlagen in der Testsituation auf einmal fehl und andere Dinge, die wir nicht viel getestet haben, funktionieren überraschen gut. Alles hängt nun von unserem Abschneiden in der letzten Aufgabe des Tages „dem Zeigen erweiterter Haushaltstätigkeiten“ ab. Jetzt heißt es also, in den letzten Minuten noch ein paar Dinge zu programmieren und zu hoffen, dass alles funktioniert!
Die Aufgabe zur Unterstützung im Haushalt ist eine Steigerung der Aufgabe von gestern. Während gestern noch Teilpunkte vergeben wurden, gibt es heute nur Punkte, wenn die Aufgabe vollständig gelöst wird. Wir können fünf Arten von Aufgaben potenziell lösen: Objekte zählen, Objekte bringen, Personen folgen, finden und wiederfinden. Wir hoffen, dass die Aufgabenstellung für uns lösbar ist und auf etwas Glück! Allerdings sind unsere Erwartungen an diese Aufgabe eher gering.
Leider hatten wir mit den Aufgabenstellungen kein Glück, aber durch ein paar zum Abschluss einprogrammierte Witze hat die Performance von ToBi die Zuschauer zumindest gut unterhalten.
Nach Abschluss des dritten Wettkampftags haben wir insgesamt 1545.25 Punkte erreicht und beenden den Wettkampf damit auf dem 5. Platz.
Sonntag, 09.07.2023 – das Finale
Da wir nicht am Finale teilgenommen haben, können wir hier nur zu den anderen Teams berichten. Für die Aufgabe „Help to serve dinner“ musste eine Präsentation vorbereitet werden, die eine Jury aus Experten und Außenstehenden überzeugen sollte. Das koreanische Team Tidyboy, die den diesjährigen RoboCup schlussendlich auch gewonnen haben, konnte hier erneut beweisen, wie gut ihr Roboter vor allem für alles, was man mit den Händen zu machen ist, einsetzbar ist. Auch die anderen beiden Finalisten konnten interessante Szenarien zeigen.
Den Tagesabschluss bildete die Siegerehrung, die Abschlussparty und die After-Party!
Montag, 10.07.2023 - Sightseeing Bordeaux
Zum Abschluss unsere Reise haben wir uns das schöne Bordeaux angesehen und das Sightseeing ohne die (positive) Aufregung beim Wettkampf sehr genossen.
Dienstag, 11.07.2023 – Rückfahrt
Heute heißt es, uns auf die lange Rückreise zu begeben. Wir nehmen viele schöne Erinnerungen und Erfahrungen mit!
Vielen Dank #RoboCup23!