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Unbekannte Galaxien per Mausklick erforschen (Nr. 11/2020)

Veröffentlicht am 26. Februar 2020, 09:31 Uhr
Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ setzt auf freiwillige Hilfe

Astronom*innen der Universität Bielefeld rufen gemeinsam mit internationalen Forschenden dazu auf, bei der Identifikation Hunderttausender bisher unentdeckter Himmelsquellen zu helfen. Auf der Website des Projekts „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ können interessierte Bürger*innen die Forschenden mit wenigen Klicks bei der Auswertung unzähliger Weltraumaufnahmen unterstützen.


Der Bielefelder Astronom Professor Dr. Dominik Schwarz sucht nach Freiwilligen, die online bei der Auswertung von Himmelsaufnahmen helfen. Foto: Universität Bielefeld
Der Bielefelder Astronom Professor Dr. Dominik Schwarz sucht nach Freiwilligen, die online bei der Auswertung von Himmelsaufnahmen helfen. Foto: Universität Bielefeld
„Bei unserem Projekt können alle zu Weltraumforschenden werden“, erklärt der Bielefelder Physikprofessor Dr. Dominik Schwarz. Er ist einer der Verantwortlichen für den Betrieb einer Radio-Teleskop-Station in Norderstedt. Sie gehört zu LOFAR, dem weltweit größten Radioteleskop an verschiedenen Standorten. Ein internationales Team von mehr als 200 Forschenden aus 18 Ländern hat mit LOFAR eine neue Himmelskarte mit einem bisher unerreichten Detailreichtum erstellen können. „Für unsere weitere Forschung müssen wir eine riesige Menge an Bildern durchgehen. Wenn nur wir Forschende das machen, dauert es ewig“, sagt Dominik Schwarz, „Deswegen freuen wir uns auf die Unterstützung von Bürger*innen. Interessierte können uns helfen, indem sie zunächst die unzähligen gesammelten Daten kategorisieren. Mit der freiwilligen Hilfe wird es für uns einfacher, durch LOFAR-Aufnahmen von Radioquellen massereiche Schwarze Löcher und sternbildende Galaxien zu finden und richtig zuzuordnen.“

Bei dem Citizen-Science-Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ können alle mitmachen, die sich für Astronomie interessieren und einen Computer besitzen. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Jede Person kann selbst bestimmen, wieviel Zeit sie investiert. Für die Teilnahme besuchen Interessierte zunächst die Projekt-Website. Eine Anleitung erklärt im nächsten Schritt, wie die Freiwilligen bereits aufgenommen Weltraumbilder für die spätere Auswertung vorbereiten. Helfer*innen sollen unter anderem die Bilder des LOFAR Radioteleskops mit Bildern von optischen Teleskopen vergleichen. So sollen sie ermitteln, welche Radioquellen mit vom menschlichen Auge direkt sichtbaren (optischen) Quellen übereinstimmen. Dazu werden sowohl die Aufnahme des optischen Teleskops eines be-stimmten Himmelsausschnitts und das Bild des Radioteleskops aus diesem Ausschnitt abgebildet.

Mit einem Radioteleskop wie LOFAR werden Signale aufgezeichnet, die größtenteils von Galaxien stammen. Zum Teil haben diese Signale Milliarden von Lichtjahren zurückgelegt, bevor sie die Erde erreichen.  Bei den Radioquellen handelt es sich häufig um sogenannte Jets, tausende Lichtjahre lange Strahlen aus heißem Gas, die von Radioteleskopen sichtbar gemacht werden können. Diese Jets werden von massereichen Schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien angetrieben. Durch den Abgleich mit den Aufnahmen von optischen Teleskopen können die Forscher*innen die schwarzen Löcher identifizieren, die die Radioquellen verursachen.

Das linke Bild zeigt zwei riesige Strahlen aus Gas (Jets), die mit einem Radioteleskop aufgenommen wurden. Rechts ist dieselbe Region – aufgenommen mit einem optischen Teleskop – zu sehen. Unten sind die kombinierten Daten abgebildet, mit denen die Wissenschaftler*innen weiterarbeiten können. Bilder: LOFAR surveys team
Das linke Bild zeigt zwei riesige Strahlen aus Gas (Jets), die mit einem Radioteleskop aufgenommen wurden. Rechts ist dieselbe Region – aufgenommen mit einem optischen Teleskop – zu sehen. Unten sind die kombinierten Daten abgebildet, mit denen die Wissenschaftler*innen weiterarbeiten können. Bilder: Shulevski/Osinga/The LOFAR surveys team
„Um die Entfernung und die Eigenschaften der Galaxien zu bestimmen, brauchen wir die Hilfe von Freiwilligen, die Galaxienbilder von anderen Teleskopen den Radio-Aufnahmen der Jets zuordnen“, erklärt Professor Dr. Marcus Brüggen, Astrophysiker von der Universität Hamburg und neben Dominik Schwarz ebenfalls verantwortlich für die Station in Norderstedt. Bisher habe man keinen Algorithmus entwickeln können, der besser funktioniere als das menschliche Auge. „Und, wer weiß, vielleicht entdeckt jemand ja auch ein völlig neues Phänomen am Himmel“, sagt Marcus Brüggen.

Das Citizen-Science-Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“ hilft den Forschenden dabei, zu verstehen, wie Radioquellen im Weltall entstehen und wie riesige Mengen an Material mit bisher unbekannten Energiemengen in den Weltraum geschleudert werden. Zudem liefert die im Projekt entstehende Himmelskarte wichtige Ergebnisse für weitere Forschungsgebiete, wie die Physik der Schwarzen Löcher und die Ursprünge von Magnetfeldern. Das LOFAR-Teleskop setzt indessen seine Vermessung des Himmels fort und hat bisher vier Millionen Radioquellen entdeckt.

Das Projekt „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“
Das Citizen-Science-Projekt ist Teil der Zooniversum-Initiative, der weltweit größten und beliebtesten Plattform für menschengetriebene Forschung. Diese Forschung wird von Freiwilligen ermöglicht. Zurzeit sind das mehr als eine Million Menschen auf der ganzen Welt, die um Forscher*innen unter-stützen.

Essentielle Teile der deutschen Beiträge zu LOFAR wurden und werden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Informationen:
Website des Projekts „Radio Galaxy Zoo: LOFAR“

Kontakt:
Prof. Dr. Dominik Schwarz, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik
Telefon: +49 521 106-6226
E-Mail: dschwarz@physik.uni-bielefeld.de
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