Pressemitteilungen
Schärferes Strafrecht aus Menschenliebe? (Nr.142/2011)
ZiF-Tagung: Forscher beschäftigen sich mit dem Thema Opferzuwendung
Im vergangenen Vierteljahrhundert wurde in Deutschland das Strafrecht verschärft, um Verbrechensopfer vor den nachteiligen Folgen von Straftaten zu schützen. Auf den ersten Blick erscheint dieses Vorgehen plausibel. Aus kritisch-kriminologischer Sicht wird jedoch beklagt, dass dieses Programm scheinlegitimatorisch sei: Der Opferschutz werde nur angeführt, um für die Akzeptanz eines wiedererstarkenden sanktions- und ausschließungs-orientierten Strafrechts zu sorgen. Forscherinnen und Forscher beschäftigen sich auf einer Tagung am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Universität Bielefeld mit beiden Sichtweisen: Opferschutz auf der einen Seite, härtere Sanktionierung von Straftätern auf der anderen Seite. Der Titel der Konferenz am Mittwoch und Donnerstag, 14. und 15. September, lautet: „Ambivalenzen der Opferzuwendung des Strafrechts“.
Die Tagung soll zur Prüfung der beiden Sichtweisen deren Pro und Kontra anhand einer empirischen Bestandsaufnahme prüfen. Zentrale Fragen, mit der sich die Teilnehmer der Tagung befassen, sind, ob es Gründe für opferschützende Maßnahmen gab und ob tatsächlich mit einer strukturellen Umgestaltung des Straf- und Strafprozessrechts reagiert werden musste. Ebenfalls diskutiert wird, welche funktionalen und welche abträglichen Folgen die Veränderungen mit sich gebracht haben: Geht es den Kriminalitätsopfern heute besser als früher? Und was hat sich in der Rechtspflege geändert?
Nach dieser Bestandsaufnahme soll auf der Tagung beraten werden, wie es künftig in der Praxis und Rechtspolitik weitergehen soll. Eine Frage, die dabei im Mittelpunkt steht, ist: Soll es künftig mehr oder weniger Opferzuwendung im Rahmen des Rechts geben oder sind andere Maßnahmen nötig? Diskutiert wird auch, ob es Grenzen des Opferschutzes gibt, die nicht überschritten werden dürfen. Ein Thema wird ebenfalls sein, ob grundlegende Maßnahmen wie die Einführung einer Fachanwaltschaft für Opferrechte nötig sind.
Bei der Tagung sind sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker vertreten. Sie kommen aus den Rechtswissenschaften, der Psychologie und den Sozialwissenschaften. Gehirnforscher tragen mit jungen Befunden zu der Diskussion bei. Zu Wort kommen zudem sowohl opferorientierte Vertreter als auch solche, die der Opferorientierung kritisch gegenüberstehen.
Ein Ziel der Tagung ist es, Ergebnisse zu produzieren, die später rechtspolitisch und rechtspraktisch aufgegriffen werden. Leiter der Tagung sind die Professor Dr. Stephan Barton und Professor Dr. Ralf Kölbel von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld. Eine Teilnahme ist nur nach vorheriger Einladung möglich. Journalisten sind bei Interesse herzlich willkommen – um Anmeldung wird gebeten.
Tagungszeiten:
14. September, 10.00 bis 18.00 Uhr
15. September, 9.00 bis 15.30 Uhr
Weitere Informationen im Internet:
www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2011/09-14-Barton.html
Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Barton, Universität Bielefeld
Fakultät für Rechtswissenschaft
Telefon: 0521 106-6035
E-Mail: stephan.barton@uni-bielefeld.de
Tagungsbüro des ZiF:
Trixi Valentin, Universität Bielefeld
Telefon: 0521 106-6035
Fax: 0521 106-6942
E-Mail: trixi.valentin@uni-bielefeld.de