Pressemitteilungen
Nanomembranen mit Porenmolekülen für effizienteres Filtern (Nr. 84/2022)
Internationale Forschungskooperation mit Bielefelder Physikern veröffentlicht Studie in Nature
Zwei Physiker der Universität Bielefeld haben zusammen mit Wissenschaftler*innen der Queen Mary University of London, des Imperial College London (beide Großbritannien) und der Northwestern University in Evanston (Illinois, USA) eine neue Methode zur Herstellung von ultradünnen Nanomembranen entwickelt. Durch die Verwendung maßgeschneiderter Porenmoleküle, die sich zu einem dichten Netzwerk aus winzigen Kanalstrukturen vernetzen lassen, entsteht ein völlig neuartiges, ultradünnes Filtermaterial, das in der Umwelt-, Lebensmittel-, Medizin- oder chemisch-pharmazeutischen Industrie angewendet werden kann. Die Forschungsergebnisse hat das interdisziplinäre Team in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
In vielen technisch-industriellen Prozessen spielt die Auftrennung, Aufreinigung oder das Filtern von molekularen Substanzen eine zentrale Rolle – sei es für die Bereitstellung von sauberem oder entsalztem Trinkwasser, in der medizinischen Diagnostik und Therapie, der Raffinierung von Erdöl oder auch der Produktion von chemischen oder pharmazeutischen Produkten. „Bei solchen Prozessen werden etwa 50 Prozent des Energieverbrauchs für diese molekularen Trennungen aufgebracht“, sagt Professor Dr. Dario Anselmetti von der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld.
Herkömmliche Filtermaterialien sind wenig selektiv und müssen zudem energieintensiv durch hohe Drucke betrieben werden. „Um diese Prozesse energieeffizienter, kostengünstiger, umweltverträglicher und damit nachhaltiger zu machen, müssen neue Trenn- und Filtrierverfahren entwickelt werden“, sagt Anselmetti. „Unsere Nanomembranen sind nur wenige Moleküllagen dünn, von ihrer Architektur definierter und deshalb viel energieeffizienter und selektiver“. Chemiker und Erstautor der Publikation, Dr. Zhiwei Jiang vom Imperial College in London, erklärt: „Wir arbeiten mit Membran-Poren aus Molekülen, deren Größe und Beschaffenheit vor der Herstellung der Membran nach Bedarf eingestellt werden.“
Diese sogenannten Cyclodextrine sehen aus wie kleine Donuts, sie variieren in Größe und Durchmesser. Es sind kleine, zu Ringen geschlossene Zuckermoleküle, die aufgrund ihrer Struktur und Biokompatibilität vielfältig eingesetzt werden können. Je nachdem, wie groß das zu filternde Molekül ist, werden halbseitig funktionalisierte Cyclodextrine einer bestimmten Größe ausgerichtet aneinandergesetzt und chemisch vernetzt. Stapelt man sie dann übereinander, bilden die Cyclodextrine Kanäle mit dem Durchmesser des Ausgangsmoleküls in der Membran. Alle Membranporen in dieser einen Filterschicht sind also identisch.
Die molekulare Oberfläche der Nanomembran wird bei dieser Methode mit einer ultrafeinen und „atomar scharfen“ Spitze eines Kraftsensors abgefahren. Sie tastet die Oberfläche ab und überschreibt die molekulare Beschaffenheit der Membran in ein Relief. Das Bild, das im Computer des Bielefelder Labors entstand, konnte belegen, dass die Membran eine extrem enge Porengrößenverteilung aufweist, die sich je nach verwendetem Cyclodextrin-Ausgangsmolekül unterscheidet.
Die Erforschung und Entwicklung von Filtern im Nano-Maßstab ist einer der international sichtbaren Forschungsschwerpunkte der Fakultät für Physik der Universität Bielefeld: Die Universität leitet das internationale Projekt „Water separation revolutionized by ultrathin carbon nanomembranes“ (Revolutionierte Wasserabspaltung durch ultradünne Kohlenstoff-Nanomembranen), Kurztitel: „Its-thin“. Forschende aus Deutschland, Slowenien, Griechenland, Frankreich, Lettland und den Niederlanden entwickeln ultradünne Filter, die Reinstwasser und Konzentrate erzeugen können.
- Beitrag bei research_tv: „Kohlenstoff-Nanomembranen. Ein Sieb für Moleküle“
- „Mit Nanomembranen Moleküle aus Wasser oder Luft sieben“ (Pressemitteilung vom 30.08.2017)
Kontakt:
Prof. Dr. Dario Anselmetti, Universität Bielefeld
Fakultät für Physik
Telefon: 0521 106-5391
E-Mail: dario.anselmetti@physik.uni-bielefeld.de
Das Bildmaterial ist hier abrufbar.