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"Laufmaschinen live" beim Tag der offenen Tür im ZiF (Nr. 103/2003)
Wissenschaft muss nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden
Am Samstag, dem 5. Juli, öffnet das Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) der Bielefelder Universität am Wellenberg 1 seine Türen für die breite Öffentlichkeit im Rahmen der Aktion "Hochschulstadt Bielefeld 2003 - Wissen schafft Einblicke". Unter dem Motto "Laufmaschinen live" wird der aktuelle Entwicklungsstand im Bereich laufender Roboter vorgeführt (Einlass ab 9.30 Uhr).
In voller Aktion werden der zweibeinige Roboter Johnnie, der vierbeinige Roboter Bisam, die drei sechsbeinigen Roboter Lauron, Air-Bug und Tarry und der achtbeinige Roboter Scorpion zu sehen sein. "Es ist nicht einzusehen, dass Wissenschaft meist nur hinter verschlossenen Türen stattfindet", meint dazu Ipke Wachsmuth, seit Oktober letzten Jahres neuer geschäftsführender ZiF-Direktor. Deshalb hatte er gleich zu Anfang die Idee, auch die Öffentlichkeit ins ZiF einzuladen und die Forschungsfragen der Wissenschaftler verständlich zu machen, wie jetzt mit den laufenden Robotern. "Wir untersuchen zum Beispiel, wie die Beine sinnvoll koordiniert werden, wenn unerwartete Hindernisse oder Löcher im Boden auftauchen", erläutert der Bielefelder Biokybernetiker Holk Cruse, zusammen mit seinem Münchner Kollegen Friedrich Pfeiffer Veranstalter einer internationalen ZiF-Tagung, die sich vor dem Tag der offenen Tür drei Tage lang vom 3. bis 5. Juli mit dem Roboterlaufen beschäftigen wird.
ZiF-Direktor Ipke Wachsmuth sieht im Tag der offenen Tür am 5. Juli, zu dem auch der bekannte Künstler Timm Ulrichs für Überraschungen sorgen soll, erst einen Anfang: "Wir wollen den Tag der offenen Tür am ZiF jährlich anbieten, aber auch andere Aktionen, so eine öffentliche Abendveranstaltung im Dezember mit dem weltbekannten Primatenforscher und Buchautor Frans de Waal, der zur Frage 'Ist Zivilisation nur Fassade für egoistische Monster?' sprechen wird." Im nächsten Jahr ist dann bereits ein Vortrag des Wissenschaftsjournalisten Gero von Randow, Empfänger des diesjährigen European Science Writers Award, geplant.
Doch zunächst hoffen Wachsmuth und der Bielefelder Bioniker Holk Cruse mit der Präsentation von Laufmaschinen möglichst viele Besucher in das ZiF zu locken. Zwar stecke die Entwicklung von Robotern, die sich auf Beinen fortbewegen, anders als wir es in Science Fiction-Filmen zu sehen bekommen, noch in den Anfängen, aber erste Fortschritte seien zu verzeichnen. "Deutschland ist, zusammen mit den USA und Japan, führend bei der Entwicklung biologienaher laufender Roboter. Dies geht auf eine intensive Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft zurück", so Cruse. Dabei kooperieren Biologen und Ingenieure miteinander, um Erkenntnisse aus der Biologie auf die Technik zu übertragen, wobei aber auch Biologen von den Ingenieuren lernen. "Je weniger Beine, desto schwieriger ist es, beim Laufen das Gleichgewicht zu halten: Laufen ist kontrolliertes Fallen", erläutert Cruse. Der Zweibeiner Johnnie hat das Problem so gut gelöst, dass er derzeit der schnellste gehende Roboter der Welt ist. Fast ebenso schwierig ist es für Vierbeiner, das Gleichgewicht zu halten. Für Bisam ist die Z-förmige Beinanatomie eines ziegenähnlichen Säugetieres das Vorbild. Tarry ist im Körperaufbau und Steuerprogramm den Stabheu-schrecken nachempfunden. Dagegen werden bei Lauron technisch optimierte Lösungen mit künstlichen neuronalen Netzen untersucht. Während die meisten Roboterbeine mit Elektromotoren in Gang gesetzt werden, wird bei AirBug jedes Gelenk von zwei künstlichen Muskeln bewegt, die mit Luftdruck betrieben werden. Dies erfordert ein aufwändiges Kontrollsystem, macht aber weichere und schonendere Bewegungen möglich. Der achtbeinige Scorpion lehnt sich, wie der Name sagt, an die Bauweise von Skorpionen an und soll für Langstreckenläufe eingesetzt werden. Auf der Laufmaschinen-Tagung befassen sich international führende Wissenschaftler auch mit der Frage, wie man den bislang nur reflexartig kontrollierten Robotern auch Planungsfähigkeit beibringen kann, so dass sie sich in komplizierteren Umgebungen zurechtfinden können.
Am Tag der offenen Tür gibt es im ZiF noch Weiteres zu sehen, zum Beispiel Videos von dem eine Tonne schweren Roboter Alduro. Ganz besonders Interessierte können im ZiF auch einmal hinter die Kulissen schauen: Zu jeder vollen Stunde werden Führungen angeboten. Aktuelle Information im Internet unter www.uni-bielefeld.de/ZIF.
Bild 1 Johnnie, derzeit schnellster zweibeiniger Laufroboter der Welt, entwickelt an der TU München.
Bild 2 Tarry, Sechsbeiner nach dem Vorbild der Stabheuschrecke, entwickelt an den Universitäten Bielefeld und Duisburg.
Bild 3 Lauron, eine insektenartige Laufmaschine, entwickelt am Forschungszentrum Informatik (FZI) in Karlsruhe.
Kontakt: Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Uiversität Bielefeld, Prof. Dr. Ipke Wachsmuth, Telefon 0521/106-2797, 106-2924, ZiF-Tagungsbüro: 0521/106-2768.