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"Generationengerechtigkeit? Normen und Praxis im Erb- und Ehegüterrecht 1500 - 1850" (Nr. 153/2004)
Historischer Blick auf ein aktuelles Thema am Bielefelder Zentrum für interdisziplinäre Forschung
Das brandaktuelle Thema "Generationengerechtigkeit" aus historischer Sicht ist Gegenstand einer Tagung unter Leitung von Stefan Brakensiek (Bielefeld), Michael Stolleis (Frankfurt am Main) und Heide Wunder (Kassel), die vom 23. bis 25 September am Bielefelder Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) stattfindet. Zu Normen und Praxis im Erb- und Ehegüterrecht zwischen 1500 und 1850 äußern sich dabei Experten unterschiedlichster Fachrichtungen.
In allen Gesellschaften besteht die Notwendigkeit, den Transfer von materiellen Gütern von einer Person auf andere zu gewährleisten. Diese Frage gewinnt vor allem während der großen lebensgeschichtlichen Passagen zwingende Bedeutung - Eintritt in das Erwachsenenleben und damit möglicherweise verbundene ökonomische Unabhängigkeit, Eheschließung, Versorgung im Falle von alters- oder krankheitsbedingter Erwerbslosigkeit, schließlich der Tod. Diese Einschnitte sind zumeist verbunden mit dem Transfer von Vermögensbestandteilen zwischen den Generationen und zwischen den Geschlechtern. Wie diese Transfers im Einzelnen vonstatten gehen, ist abhängig von kulturell und historisch höchst variablen Vorstellungen über angemessene Beziehungen zwischen Jung und Alt sowie zwischen Mann und Frau. Die Rekonstruktion von Vermögenstransfers und ihrer Rechtfertigung lässt insbesondere Rückschlüsse zu über die variierenden Vorstellungen von Billigkeit und Gerechtigkeit sowie über deren Geltung. Der Zusammenhang zwischen rechtlichen und ethischen Normen und der intergenerationellen Transferpraxis in den drei Jahrhunderten vor Beginn der Moderne wird auf dieser Tagung von Historikern und Rechtshistorikern, Volkskundlern und Ethnologen, Soziologen und Philosophen in den Blick genommen.
Im Begriff "Generationengerechtigkeit" sind zudem Probleme angelegt, die sich nicht allein durch die Analyse des positiven Rechts und der sozialen Praxis der Beteiligten klären lassen. Sowohl bei der Formulierung von rechtlichen Normen als auch bei Auseinandersetzungen um ihren praktischen Gebrauch bezogen sich die Zeitgenossen der frühen Neuzeit auf ethische Prinzipien, die sie der Bibel, den antiken Philosophien und den aktuellen Ethiken entnahmen. Höchste Bedeutung kam dabei dem biblischen Gebot der Elternliebe zu, das sich in erster Linie nicht an Kinder wandte, sondern an Erwachsene, die ihren Eltern mit Respekt begegnen und gehorchen sollten. Deshalb gehören zu den Experten auf der ZiF-Tagung auch Kenner der Theologie- und Philosophiegeschichte.
Weitere Informationen sowie das Tagungsprogramm erhalten Sie unter:
www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2004/09-23-Brakensiek.html.
Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an die Veranstaltungsleitung: PD Dr. Stefan Brakensiek, Telefon: 0521/106 3263, E-Mail: stefan.brakensiek@uni-bielefeld.de.
Tagungsbüro des ZiF: Telefon 0521/106 2768.
Link: http://www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2004/09-23-Brakensiek.html