Europäische Förderorganisation unterstützt exzellente Pionierforschung
Die Gesundheitswissenschaftlerin Dr. Céline Miani wird mit dem ERC Starting Grant der EU gefördert. Mit einer Fördersumme von knapp 1.39 Millionen Euro wird ihr Projekt zur Erforschung gynäkologischer Gewalt in Deutschland für fünf Jahre an der Universität Bielefeld unterstützt. Damit eröffnet sie ein neues Forschungsgebiet, das in dem geplanten Umfang bisher nur wenig untersucht wurde. Mit dem mixed-methods Ansatz und interdisziplinärerer Forschung können so neue Erkenntnisse gewonnen werden, um die Gesundheit von Patient*innen zu verbessern. Als Empfängerin dieser Forschungsförderung zählt Dr. Céline Miani jetzt zu Europas besten Nachwuchswissenschaftler*innen.
Gewalt in der Geburtshilfe und der gynäkologischen Versorgung ist ein globales Phänomen im Gesundheitssystem. Es handelt sich um eine systematische und geschlechtsspezifische Form von Gewalt gegen gebärende Personen und Patient*innen. Gewalt in diesem Kontext bezieht sich nicht (nur) auf körperliche Gewalt, sondern auf suboptimale Erfahrungen in der Versorgung, die als missbräuchlich oder entmenschlichend empfunden werden können (zum Beispiel medizinische Handlungen ohne vorherige Einwilligung, Nichtbehandlung von Schmerzen, oder Diskriminierung).
Im Gegensatz zur Gewalt in der Geburtshilfe ist Gewalt in der gynäkologischen Versorgung noch nicht erforscht. Dabei können viele Menschen im Laufe ihres Lebens solcher Gewalt ausgesetzt sein, etwa wenn sie gynäkologische Behandlungen in Anspruch nehmen, beispielsweise bei starken Schmerzen während der Periode, Kinderwunsch, gynäkologischen Krebserkrankungen, den Wechseljahren oder bei Infektionen.
Um diese Form der Gewalt wissenschaftlich untersuchen zu können, wurde nun das Forschungsprojekt GYNVEPI (Toward an epidemiology of gynaecological violence) von Dr. Céline Miani mit dem ERC Starting Grant mit einer Fördersumme von knapp 1.39 Millionen Euro ausgelobt. Für die kommenden fünf Jahre kann Miani so mit unterschiedlichen Methoden wie Reviews, Workshops, Interviews, Umfragen oder mit Hilfe von digitalen Plattformen umfangreiche Studien erheben, die das Thema Gewalt in der gynäkologischen Versorgung in Tiefe beleuchten.
Céline Miani ist es besonders wichtig zu betonen, dass in ihrem Forschungsprojekt Gewalt nicht unbedingt als Folge böswilliger Absicht betrachtet wird. Es gehe nicht darum, irgendjemandem die Schuld zu geben, sondern darum, die bisherige Situation zu untersuchen, die oftmals das Ergebnis von Versorgungsystemen und deren Organisation zum Nachteil für die Patient*innen ist.
„Das Hauptziel des Projekts ist es, zu verstehen, wie sich die Gewalt manifestiert, welche Bevölkerungsgruppen besonders häufig gynäkologischer Gewalt ausgesetzt sind und welche gesundheitlichen Folgen damit verbunden sind“, sagt Miani: „Wir hoffen, dass wir mit Ärzt*innen, Gesundheitsorganisationen und natürlich Patient*innen zusammenarbeiten können, um Fortschritte bei der Verbesserung der gynäkologischen Versorgung und letztendlich bei der Gesundheit für alle zu erzielen. Durch die ERC-Förderung können wir ein bisher wenig untersuchtes Thema erforschen, Diskussionen anstoßen und benachteiligende Geschlechternormen transformieren. Dieses Projekt wird viel für die Gesundheit von Frauen und Patient*innen gynäkologischer Versorgung im Allgemeinen in Deutschland und darüber hinaus bedeuten."
„Der Preis zeigt, wie wichtig die Forschung aus Bielefeld international ist und wie sehr sich Frau Miani durch ihre Forschung bisher hervorgetan hat. Daher freue ich mich mit ihr über die Auszeichnung mit dem ERC Starting Grant und gratuliere ganz herzlich“, sagt Professor Dr. Gehard Sagerer, Rektor der Universität Bielefeld.
An der Universität Bielefeld wurden bisher vier ERC Starting Grants eingeworben. Gefördert wurden dabei die Soziologin Professorin Dr. Minh Nguyen (2018) und der Mathematiker Dr. Dawid Kielak (2019) sowie die Mathematikerin Professorin Dr. Martina Hofmanová und der Biologe Dr. Toni Goßmann (2020).
Über den ERC
Der ERC wurde 2007 von der Europäischen Union ins Leben gerufen und ist die führende europäische Förderorganisation für exzellente Pionierforschung. Der ERC hat es sich zur Aufgabe gemacht, qualitativ hochwertige Forschung in Europa durch wettbewerbsorientierte Finanzierung zu fördern. Mit dem ERC Starting Grant werden talentierte Nachwuchswissenschaftler*innen, die durch hervorragende Arbeiten aufgefallen sind, unterstützt.
Die Förderung des ERC steht dabei allen Disziplinen offen, es gibt keine Themenvorgaben. Evaluiert wird allein nach dem Kriterium der Exzellenz. Die Forschungsteams können frei zusammengestellt werden. Das Projekt muss zudem an einer selbst gewählten Einrichtung in Europa verankert sein. Eine Besonderheit des ERC ist, dass ihm ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium, der hochrangig besetzte Wissenschaftliche Rat (Scientific Council), vorsteht.
Das Bildmaterial ist hier abrufbar.