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Durchbruch bei Speiseröhrenkrebs
Studie mit weltweit beachteten Ergebnissen aus Bielefeld veröffentlicht
(Nr.26/2025) Weltweit erkranken jedes Jahr rund 85.700 Menschen neu an einem Adenokarzinom der Speiseröhre. Eine Studie, die Professor Dr. Jens Höppner, Leiter der Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Lippe, die der Universität Bielefeld angeschlossen ist, mit einem interdisziplinären Team durchgeführt hat, verglich zwei etablierte Behandlungsmethoden miteinander – und kam zu einem klaren Ergebnis. Veröffentlicht wurde die ESOPEC-Studie nun im New England Journal of Medicine.
Die Studie wurde in einem Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt. Beteiligt daran waren 25 auf Krebs spezialisierte Einrichtungen in Deutschland. „Heilbar ist diese Krebsart durch eine Operation, wenn der Krebs noch nicht gestreut hat“, sagt Höppner. „Die Heilungschancen steigen deutlich, wenn die Operation mit zusätzlichen Therapien kombiniert wird.“ Dafür stehen zwei Behandlungsmethoden zur Verfügung – doch welche den Krebs tatsächlich besser bekämpft, war bislang nicht klar.
Untersucht wurden in der Studie sogenannte Adenokarzinome. Diese Krebsart entsteht im unteren Teil der Speiseröhre am Übergang zum Magen und entwickelt sich aus Drüsengewebe. Ausgelöst wird diese Krebsart vor allem dadurch, dass Säure aus dem Magen aufsteigt und die Speiseröhre reizt. Daraus können sich Zellveränderungen und schließlich auch Krebs entwickeln. Übergewicht, bei dem Magensäure in die Speiseröhre gedrückt wird, gilt als einer der Hauptrisikofaktoren. Auch Rauchen, Alkohol und eine fettreiche Ernährung erhöhen das Risiko. „Die Häufigkeit dieser Krebsform hat sich in den letzten 30 Jahren versiebenfacht“, so Höppner.
Zwei Behandlungsmethoden im Vergleich
Konkret ging es in der ESOPEC-Studie darum, auf der einen Seite eine Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapie („CROSS“) und auf der anderen Seite eine Chemotherapie sowohl vor und wie auch nach der Operation („FLOT“) miteinander zu vergleichen. „Beide Methoden sind besser als eine alleinige Operation“, betont Höppner. „Bislang galten beide Ansätze als gleichwertig, aber wir sind die ersten, die eine solche vergleichende Studie durchgeführt haben.“
Zwischen 2016 und 2020 nahmen 438 Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland mit einem Adenokarzinom an der Speiseröhre an der Studie teil. Bis 2023 wurde nachverfolgt, wie viele Personen einen Rückfall erlitten und wie viele an der Krankheit gestorben waren. „Wir haben ein klares Ergebnis erzielt“, sagt Höppner: Betroffene, die vor und nach der Operation (perioperativ) eine Chemotherapie erhalten hatten, lebten im Durchschnitt 66 Monate – ganze 29 Monate länger als diejenigen, die nur vor der Operation eine Chemo- und Strahlentherapie erhalten hatten. Dies entspricht einem rund 30 Prozent niedrigeren Sterberisiko. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die perioperative Chemotherapie die Überlebenschancen bei Speiseröhrenkrebs erheblich verbessert.“
Einfluss auf Leitlinien zur Behandlung
Häufig sind an klinischen Studien sonst auch Unternehmen aus der Pharmaindustrie beteiligt, wenn etwa neue Wirkstoffe oder Behandlungen erforscht werden. „Ein besonderer Aspekt der ESOPEC-Studie ist, dass sie nicht von einem Pharmaunternehmen finanziert worden ist“, sagt Dr. Claudia Schmoor, stellvertretende Leiterin des Zentrums Klinische Studien am Universitätsklinikum Freiburg, das an der Organisation und Auswertung der Studie beteiligt war. Die Studie ist von unabhängigen Forschenden und unabhängigen Institutionen geplant und durchgeführt worden. „Wir konnten dabei einen eindeutigen Vorteil der perioperativen Behandlungsmethode belegen. Das ist ein wichtiger Schritt für die zukünftige Behandlung von Speiseröhrenkrebs.“
Der onkologische Co-Studienleiter und Mitautor der aktuellen Veröffentlichung, Professor Dr. Florian Lordick von der Universitätsmedizin Leipzig berichtet, dass sich durch die Studie die nationalen und internationalen Leitlinien für die Behandlung von Adenokarzinomen verändern. „Die europäischen ESOM Leitlinien wurden bereit nach Veröffentlichung der Studienergebnisse angepasst. Aktuell werden die nationalen Behandlungsleitlinien in Deutschland ebenfalls überarbeitet“, sagt er.
Bereits jetzt Auswirkungen auf Behandlung
Die Ergebnisse der Studie hatte Höppner bereits im vergangenen Jahr auf der ASCO-Jahrestagung in den USA präsentiert. Dabei handelt es sich um die wichtigste internationale Onkologie-Konferenz, die von der American Society of Clinical Oncology (ASCO) organisiert wird. „Unsere Ergebnisse wurden nicht nur auf der Konferenz, sondern auch weltweit sehr interessiert aufgenommen“, sagt Höppner. Und sie haben schon jetzt einen Einfluss auf die Behandlungen: „Ich bekomme laufend Rückmeldungen, dass weltweit nun eher die perioperative Chemotherapie bevorzugt wird, ganz gleich, ob nun in der Türkei, den Niederlanden, den USA oder in Chile.“
Durch die Präsentation auf der Konferenz wurde auch das New England Journal of Medicine auf die Ergebnisse aufmerksam. Nur ein bis zwei Studien aus Deutschland würden dort überhaupt pro Jahr angenommen. Die Publikation im weltweit renommiertesten Fachjournal für klinische Forschung unterstreicht die Bedeutung der Studie. Ihre Ergebnisse tragen dazu bei, die Behandlung von Speiseröhrenkrebs zu verbessern und die Heilungschancen für viele Patientinnen und Patienten weltweit zu erhöhen.
Weitere Informationen:
Zum DFG-Projekt
Kontakt:
Prof. Jens Höppner, Universität Bielefeld
Leitung der Universitätsklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Klinikum Lippe
Telefon: 05231 721151
E-Mail: jens.hoeppner@uni-bielefeld.de
Originalveröffentlichung:
Jens Hoeppner, Thomas Brunner, Florian Lordick, et al.: Perioperative Chemotherapy or Preoperative Chemoradiotherapy in Esophageal Cancer), erschienen im New England Journal of Medicine, Volume 392, Number 4, DOI: 10.1056/NEJMoa2409408.
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