Pressemitteilungen
"Das literarische Feld - eine Welt für sich?" (Nr. 202/2005)
Tagung am Zentrum für interdisziplinäre Forschung vom 20. bis 22. Oktober
Unter Leitung der Historikerin Prof. Dr. Ingrid Gilcher-Holtey, Bielefeld, findet vom 20. bis 22. Oktober 2005 eine internationale Tagung am Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld zum Themengebiet "Literarisches Feld" statt. Der Titel der Veranstaltung lautet "Le Champ littéraire - un monde pour soi? Interdépendances, différenciations internes et internationalisation (Das literarische Feld - eine Welt für sich? Interdependenzen, Binnendifferenzen und Internationalisierung)".
Gibt es ein europäisches literarisches Feld? Der mit der Frage unterstellten Einheit einer europäischen Literatur stehen die Verbreitung nationaler Denkkategorien und die Autonomisierung nationaler Literaturen entgegen, welche die Formierung und Bekräftigung der Nationalstaaten und Nationalismen im 19. Jahrhundert begleitet haben. Literatur artikulierte sich als 'Nationalliteratur' und wirkte als ein Instrument der Ausbildung nationaler Identitäten. Die Entstehung relativ autonomer literarischer Felder in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildete zugleich jedoch den Hintergrund und die Voraussetzung dafür, dass Schriftsteller, Dichter und Künstler unter Berufung auf universelle Werte in das Feld der Politik eingriffen. Die Intervention der Intellektuellen in die Politik löste im 20. Jahrhundert zahlreiche Debatten über die Rolle der Schriftsteller und die Aufgabe der Literatur aus. Welche Schriftsteller nehmen das Mandat des Intellektuellen wahr? Sind die Stellungnahmen der Schriftsteller aus der jeweiligen Geschichte und den Positionskämpfen der nationalen literarischen Felder zu erklären? Oder sind ihre Stellungnahmen und Interventionen auch die Folge von Rezeptions- und Adaptionsprozessen, die Modelle, wie das in Frankreich entstandene Modell des universellen Intellektuellen, in andere literarische Felder transferieren?
Dieses Spannungsverhältnis zwischen nationalen literarischen Feldern und den vor allem in der Zeit nach 1945 zunehmenden Internationalisierungsprozessen zeigt sich auf einer zweiten Ebene. Die Herausbildung universeller Weltanschauungen im Zeichen des Kalten Krieges - 'Freie Welt' vs. 'Kommunismus' - sowie die Entstehung und Entfaltung transnationaler Strukturen - EWG, EU -, die nicht mehr den Nationalstaat als Referenzpunkt haben, werfen die Frage auf, wie Literatur auf diese Herausforderungen reagiert hat. Orientiert an Fragestellungen, Begriffen und Hypothesen der Feldtheorie Pierre Bourdieus, unternimmt die Tagung den Versuch, Internationalisierungstendenzen der nationalen literarischen Felder und deren Verhältnis zu Entwicklungstendenzen der nationalen intellektuellen Felder nach dem Zweiten Weltkrieg zu erfassen.
Weitere Informationen unter: www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2005/10-20-Gilcher.html
Anfragen zur Tagungsorganisation an das Tagungsbüro des ZiF: Telefon 0521/106 2769.
Inhaltliche Fragen an: Prof. Dr. Ingrid Gilcher-Holtey, Telefon 0521/106 3242; E-Mail: igilcher@geschichte.uni-bielefeld.de
Link: http://www.uni-bielefeld.de/ZIF/AG/2005/10-20-Gilcher.html