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Bielefelder Entwurf zur Rechtsform im neuen Koalitionsvertrag
Entwurf der Rechtswissenschaftler*innen zur „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ auf der politischen Agenda
Die geplante Einführung einer „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ ist Teil des neuen Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD. An der fachlichen Entwicklung der neuen Rechtsform arbeiten seit mehreren Jahren die Bielefelder Rechtswissenschaftler*innen Professorin Dr. Anne Sanders, M.Jur., und Professor Dr. Simon Kempny, LL.M., mit. Bereits im September 2024 diskutierten sie gemeinsam mit Politiker*innen aller Parteien und Unternehmer*innen im Deutschen Bundestag zentrale Fragen der Reform.
Die „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ ist als eigenständige neue Rechtsform konzipiert, die die langfristige Orientierung einer Stiftung mit unternehmerischer Freiheit verbindet. Zentrales Merkmal ist die unabänderliche Vermögensbindung: Gewinne dürfen nicht an Gesellschafter*innen ausgeschüttet werden, sondern müssen im Unternehmen verbleiben oder gemeinnützigen Zwecken zugutekommen.
Anders als bei der gGmbH ist für die GmgV keine steuerliche Gemeinnützigkeit erforderlich. So entsteht eine Unternehmensform, die weder steuerlich privilegiert noch benachteiligt wird – und damit insbesondere für Unternehmen in Verantwortungseigentum, soziale Start-ups oder Familienbetriebe attraktiv sein kann, die ihre langfristige Orientierung erhalten wollen, auch wenn es in der Familie keine Nachfolger gibt. Organisiert wird die Bewegung für die eigene Rechtsform von Unternehmer*innen, die sich in der Stiftung Verantwortungseigentum e. V. zusammengeschlossen haben.
Mit Professorin Dr. Anne Sanders, M.Jur., und Professor Dr. Simon Kempny, LL.M., sind zwei Jurist*innen der Fakultät für Rechtswissenschaft seit Jahren maßgeblich an der fachlichen Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzesentwurfs beteiligt.
„Dass die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen nun erneut in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, ist ein deutliches Signal für die Stärkung langfristig orientierter Unternehmensstrukturen, zum Beispiel für die unternehmerische Nachfolge“, erklärt Professorin Dr. Anne Sanders. „Es geht um eine moderne Rechtsform, die langfristige Vermögensbindung und demokratische Teilhabe verbindet – ohne steuerliche Privilegierung und Diskriminierung.“
Auch Professor Dr. Simon Kempny unterstreicht die Bedeutung einer solchen Reform: „Die GmgV kann eine echte Lücke im Gesellschaftsrecht schließen – zwischen dividendenorientierten Kapitalgesellschaften und klassischen gemeinnützigen Organisationsformen. Nun ist der Gesetzgeber gefragt, zügig und präzise zu handeln.“
Langfristig orientierte Unternehmensform
Das Thema stand bereits auf der Agenda der „Ampel-Koalition“. Schon Anfang letzten Jahres hatten die damaligen drei zuständigen Bundestagsabgeordneten von SPD, GRÜNE und FDP einen Entwurf bei den Rechtswissenschaftler*innen angeregt. Diesen Entwurf erstellten die Bielefelder Jurist*innen dann gemeinsam mit Professor Dr. Dr. h. c. Barbara Dauner-Lieb (Universität zu Köln), Rechtsanwalt Dr. Noah Neitzel (Berlin), Professor Dr. Florian Möslein, LL.M., (Universität Marburg) und Professor Dr. Christoph Teichmann von der Universität Würzburg.
Im September 2024 wurde der Entwurf im Deutschen Bundestag diskutiert. Die Rechtswissenschaftler*innen sprachen im Rahmen des Symposions „Neue Rechtsform für Unternehmen mit gebundenem Vermögen“ im Europasaal des Bundestags über gesetzliche Ausgestaltung, Zielsetzung und Abgrenzung der GmgV. Nach dem Bruch der Ampel-Koalition rund zwei Monate später geriet das Reformvorhaben ins Stocken. Mit der aktuellen Veröffentlichung des neuen Koalitionsvertrags erhält es nun neuen politischen Rückenwind.
Die Bielefelder Wissenschaftler*innen sehen in der laufenden Debatte ein Beispiel für den gelungenen Transfer wissenschaftlicher Expertise in politische Entscheidungsprozesse. Die Fakultät für Rechtswissenschaft begleitet den Gesetzgebungsprozess weiterhin.
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