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Auszeichnung für Innovation in der Krebsforschung (Nr. 90/2023)

Veröffentlicht am 24. August 2023, 14:33 Uhr
Universitätsgesellschaft Bielefeld würdigt Chemiker mit dem Jörg Schwarzbich Inventor Award

Der Jörg Schwarzbich Inventor Award für herausragende Innovationen geht dieses Jahr an den Chemiker Professor Dr. Norbert Sewald für seine wegweisenden Beiträge in der Grundlagenforschung zu Krebsmedikamenten. Der mit 40.000 Euro dotierte Preis wird von der Universitätsgesellschaft Bielefeld (UGBi) in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld verliehen. Norbert Sewald und sein Team entwickelten einen neuen hoch potenten Wirkstoff, der gezielt an Tumorgewebe ausgeliefert werden kann und gesunde Zellen deutlich weniger schädigt. Es macht sie wirksamer und zugleich verträglicher.

Um eine Krebserkrankung zu behandeln, müssen oft viele Nebenwirkungen in Kauf genommen werden. In einer klassischen Chemotherapie treten meist Übelkeit, Beeinträchtigung von Haut- und Schleimhäuten, Haarausfall sowie Schädigung von Blut- und Immunzellen auf. Die Begleiterscheinungen sind das Resultat der starken Toxizität der verabreichten Stoffe. Diese Nebenwirkungen abzumildern oder sogar zu vermeiden, ist Ziel der Forschung von Norbert Sewald und seinem Team. 
So gibt es seit kurzer Zeit eine Krebstherapie mit Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten (antibody-drug conjugates, ADC). Deren Besonderheit liegt in ihrer Zielgenauigkeit, da der Antikörper - sozusagen als „Adressaufkleber“ - Tumorzellen erkennt, daran bindet und somit den Wirkstoff an das Tumorgewebe ausliefert. Für die Entwicklung von ADC werden möglichst hoch potente Wirkstoffe benötigt. 

Die Innovation aus der Universität Bielefeld
Norbert Sewald und sein Team haben ein neues, sehr wirkungsvolles Krebsmedikament aus der Familie der Cryptophycine entworfen und hergestellt, das über hohes cytotoxisches und cytostatisches Potential verfügt, also die Zellteilung und das Zellwachstum hemmt. Dies alleine würde aber - wie in der klassischen Chemotherapie - zu Nebenwirkungen führen. Der Clou an der neuen Substanz ist, dass sie chemisch mit einem spezifischen Bindungspartner für Tumorzellen, dem „molekularen Adressaufkleber“, verknüpft werden kann. Das neue Cryptophycin lässt sich somit in ADC-Therapien nutzen. Keines der bislang in diesen Therapien verwendeten Toxine ist so potent wie das neue, von den Chemikern entwickelte Cryptophycin, das zudem auch wirksam gegen medikamentenresistente Tumore ist. Ein weiteres Problem der – ansonsten sehr erfolgreichen ADC-Therapie – ist, dass es sich um sehr große Moleküle handelt, die daher das Tumorgewebe nicht gut durchdringen können. Daher arbeiten Norbert Sewald und sein Team auch an der Entwicklung kleinerer „molekularer Adressaufkleber“, die in SMDC (small molecule-drug conjugates) genutzt werden können.

Seit 10 Jahren widmet sich Norbert Sewald diesem Thema
Die chemische Synthese komplexer Naturstoffe war für den Chemiker schon immer eine Herausforderung. Die Cryptophycine waren für ihn dabei besonders interessante Moleküle, die aber als klassisches Krebsmedikament wegen ihrer Nebenwirkungen gescheitert sind. Die Anwendung der bereits genannten Konjugate ist seit ungefähr 10 Jahren Thema der Grundlagenforschung in Bielefeld. Er betont, dass es auch mit den neuen Substanzen noch ein weiter Weg bis zur klinischen Anwendung ist. Damit ist erst ein kleiner Schritt des langen Prozesses der Medikamentenentwicklung abgeschlossen, bevor ein Medikament für den tatsächlichen Einsatz zugelassen werden kann.  

Neuer Aufwind durch erhaltene Förderung 
Prof. Dr. Norbert Sewald ist begeistert über die Auszeichnung und die damit verbundene Sichtbarkeit: „Wir möchten nicht im Elfenbeinturm arbeiten und freuen uns sehr darüber, dass wir so mit der Forschung auch nach draußen und einen Schritt in Richtung Anwendung gehen. Die Universität Bielefeld hat das neue Cryptophycin und dessen Konjugate patentiert. Dadurch wurde das Interesse einer Pharmafirma geweckt, die nun mit uns kooperiert.“ 
Durch eine Reihe von national und international geförderten Forschungsprojekten und interdisziplinären Kooperationen und nicht zuletzt den Jörg Schwarzbich Inventor Award hat das Forscherteam rund um Sewald die Möglichkeit, weiter auf hohem Niveau zu forschen und neue Folgeprojekte anzustoßen. Durch diese Aktivitäten können auch neue Forschertalente angeworben werden. 

Bielefelder Namensgeber des Erfinderpreises 
Der Bielefelder Unternehmer Jörg Schwarzbich fördert den nach ihm benannten Erfinderpreis insgesamt zehn Jahre; er wird 2023 zum dritten Mal verliehen. Das Preisgeld in Höhe von jährlich 40.000 Euro kommt von der ROLLAX-Kugellagerfabrik, einem Unternehmen der Jörg Schwarzbich Stiftung. Der Preis wird in enger Zusammenarbeit mit der Universität Bielefeld ausgelobt. Aktuell sitzen in der Jury: Dr. Rainer Wend (UGBi), Herbert Vogel (UGBi), Dr. Birgit Vemmer (UGBi), Jürgen Heinrich (UGBI-Beisitzender der Jury), Jörg Schwarzbich (Stifter), Prof. Dr. Reinhold Decker (Universität Bielefeld), Prof. Dr. Armin Gölzhäuser (Universität Bielefeld), Juniorprofessorin Dr. Sabrina Backs (Universität Bielefeld).

Kontakt:
Universitätsgesellschaft Bielefeld (UGBi), Geschäftsstelle
Tel: 0521-106 67342

E-Mail: ugbi@uni-bielefeld.de

Das Bildmaterial ist hier abrufbar. 


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