BLOG Zentrum für Ästhetik
Eine Uni - ein Buch: "Achtung Zensur!"
Schöner Erfolg für die Uni Bielefeld: Im Programm "Eine Uni – ein Buch" von Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Klaus Tschira Stiftung in Kooperation mit der ZEIT-Stiftung gehört das Zentrum für Ästhetik, unterstützt von Referat für Kommunikation und dem Zentrum für Lehren und Lernen, zu den bundesweit zehn diesjährigen Gewinnern. Ziel des Programms ist es, mit einem selbst gewählten Buch Diskussionsprozesse quer über alle Statusgruppen in den Gewinner-Hochschulen anzuregen. Bielefeld bewarb sich mit dem Titel "Achtung Zensur! Über Meinungsfreiheit und ihre Grenzen" der Kasseler Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach. Dieser Erfolg bringt mit 10.000 € Fördermitteln großen Rückenwind für eine breite Diskussion des Themas "Zensur", die das Zentrum für Ästhetik schon lange einmal realisieren wollte.
© Nikola Roßbach
"Achtung Zensur" erschien 2018 bei Ullstein und hat seitdem nichts an Aktualität verloren – ganz im Gegenteil. Corona führt es gerade wieder drastisch vor Augen: Fake News-Erfinder und Verschwörungstheoretiker sind schnell mit dem Zensur-Vorwurf bei der Hand, wenn seriöse Medien es ablehnen, ihre kruden Ansichten zu verbreiten. Und allzu gern wird mit dem Zensurvorwurf belegt, wo es ganz einfach um Kritik geht. "Zensur" ist zum Totschlagargument und zum Kampfbegriff geworden, der inzwischen Konjunktur hat wie seit Menschengedenken nicht mehr. Und je mehr man sich in das Thema hineinarbeitet, umso unüberblickbarer und uferloser wird es. Da kommt Nikola Roßbachs Buch gerade recht. Es verschafft einen fundierten Überblick über die enorme Bandbreite des Phänomens von der Kunstfreiheit über die Kontrolle des Netzes bis zur political correctness (um nur einiges zu nennen). Und das Schöne ist dabei, dass es ganz unakademisch daher kommt, spannend zu lesen ist und zugleich äußerst differenziert argumentiert.
Schnell wird klar: Mit der Feststellung des Grundgesetzes "Eine Zensur findet nicht statt" ist grundsätzliche Klarheit hergestellt, aber im Einzelnen beginnt das Problem erst. Denn bei Zensur oder dem, was dafür gehalten wird, geht es immer um Grenzziehungen, etwa zwischen Meinungsfreiheit und Beleidigung oder der Freiheit im Netz und berechtigten Urheberinteressen wie im Zusammenhang mit Upload-Filtern. Natürlich spielen dabei auch Wert- und Tabuvorstellungen und die political correctness eine wichtige Rolle – nicht zuletzt in den Wissenschaften. Wo solche Grenzen zu ziehen sind und wie stark sich subtilere Formen der Zensur ausbreiten können, entscheidet über die Offenheit einer Gesellschaft und im Zweifel auch über die Stabilität einer Demokratie. "Zensur" - das ist ein schillernder Begriff, der sich weniger in Schwarz-Weiß-Schemata einordnen lässt, als viele das erwarten dürften, und seine Definition ist ein dynamischer, unabschließbarer Prozess, dem sich die Gesellschaft permanent zu stellen hat.
Über all das wollen wir in der Uni mit möglichst vielen und mit vielen Formaten bis Ende 2021 diskutieren. Wegen Corona fangen wir damit digital an und hoffen auf längere Sicht auch wieder auf Präsenzveranstaltungen – nicht zuletzt natürlich mit der Autorin selbst!
Schreiben Sie uns!
Sie haben selbst Vorschläge, wie man an "Achtung Zensur!" herangehen sollte? Schreiben Sie uns Ihre Wünsche und Ideen dazu! Bis Ende 2021 ist so viel Zeit, dass man vieles davon realisieren könnte. Wir freuen uns auf Ihre Kreativität!
Lesen – nachdenken – diskutieren! "Achtung Zensur!" geht uns alle an!!!