Abt. Geschichtswissenschaft
Koselleck-Lecture: Virtuelle Geschichtsschreibung. Perspektiven auf einen erweiterten Geschichtsbegriff
Seit Reinhart Kosellecks Prägung des Begriffs >vergangene Zukunft< in den 1960er Jahren hat sich das Feld der Geschichte und Geschichtsschreibung stark erweitert: Ihr Gegenstand ist nicht mehr nur das, was in der Vergangenheit tatsächlich geschehen ist (die res gestae), sondern auch das, was hätte geschehen können und was, obwohl einst nicht geschehen, doch auch künftig immer noch geschehen könnte. Diese virtuelle Geschichte umgibt die realen Ereignisse wie ein unsichtbarer Kranz möglicher, aber nicht realisierter Gegenwarten, Zukünfte und Vergangenheiten, die allerdings jederzeit ihre Rollen tauschen können: Virtuelle Geschichte wird zur Realgeschichte, Realgeschichte zur virtuellen Geschichte. Der Vortrag wird das Verhältnis zwischen beiden in der neueren deutschen Geschichte anhand der Zeitfiguren der >vergangenen Zukunft< und der >zukünftigen Vergangenheit< sowie an zwei materiellen Feldern virtueller Geschichtsschreibung verfolgen: am kategorialen Wandel statistischer Erhebungen und am Verhältnis von Träumen zur historischen Wirklichkeit.
Die Veranstaltung findet am 10.05.2023 von 18-20h statt