Abt. Geschichtswissenschaft
13.06.2023 - Christina Brauner, Tübingen: “Globales Mittelalter”. Oder: was sich Vormodernehistoriker:innen und postcolonial studies zu sagen haben (könnten)
Die Figur des „globalen Mittelalters“ ist populär wie paradox. Ausgerechnet in der Globalgeschichte und ausgerechnet als postkoloniales Projekt erlebt das vielkritisierte Epochenkonzept gegenwärtig eine neue Konjunktur. Anhand dieser Figur lassen sich exemplarisch unterschiedliche Umgangsweisen mit grundlegenden Herausforderungen der Geschichtswissenschaft heute untersuchen: mit der Abkehr von Zentrismen und der Suche nach Integration, der Dynamik von Aneignung und Kritik und nicht zuletzt mit der Frage nach dem Verhältnis von Geschichte und Gegenwart. In Globalisierungsprozesse verstrickt war das Epochenkonzept freilich lange, bevor die „Global Middle Ages“ erfunden wurden. Der Blick auf diese längere (Vor)Geschichte des „globalisierten“ Mittelalters kann in einem zweiten Schritt so dazu dienen, die heutigen Debatten wiederum historisch einordnen. Der Vortrag ist als Beobachtung zweiter Ordnung angelegt und zugleich als Plädoyer, das „globale Mittelalter“ als Anfrage an die Veränderungsfähigkeit der Disziplin ernstzunehmen.
©Friedhelm Albrecht, Uni Tübingen
Das Zentrum für Theorien in der historischen Forschung zu Gast bei Kolloquium Global- und Verflechtungsgeschichte