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Wissenschaftsmanagement – ein vielfältiges und spannendes Berufsfeld
Wissenschaftsmanagement – ein vielfältiges und spannendes Berufsfeld
Am 30. Januar fand in der BGHS eine Veranstaltung mit BGHS-Alumni statt, die auf verschiedene Weisen den Weg ins Wissenschaftsmanagement der Universität Bielefeld gegangen sind. Bastian Bredenkötter, Marie Lemser, Silvia Herb und Ulf Ortmann stellten ihre derzeitigen Arbeitsfelder vor und erzählten, wie sie dorthin gekommen sind. Clara Buitrago, Koordinatorin in der BGHS-Geschäftsstelle, hat moderiert.
Bastian Bredenkötter arbeitet derzeit als Projekt- und Prozessmanager im Dezernat für digitale Transformation und Prozessorganisation (DT/P) der Universität Bielefeld. Als Projektmanager kümmert er sich beispielsweise um die Beschaffung von Software und begleitet den Prozess von der Frage, was die Nutzer*innen brauchen über die Leistungsbeschreibung der Software und die Markanalyse der Anbieter*innen bis hin zum Pilotprojekt zur Erprobung und ggf. der Überführung in den Dauerbetrieb. Im Prozessmanagement beschäftigt er sich damit, Geschäftsprozesse zwischen verschiedenen Einheiten der Universität zunächst zu beschreiben und Digitalisierungsprozesse einzuführen, die die Arbeitsprozesse verbessern. Bastian hat seine Dissertation in der Arbeits- und Wirtschaftssoziologie geschrieben und er hat im Lauf der Promotion entschieden, dass er nicht in der Wissenschaft bleiben wollte. Schon während der Promotion hat er sich außerhalb der Universität beworben und zunächst eine Stelle in der Regionalentwicklung angenommen. Dort hat er die Arbeit im Projektmanagement kennengelernt und Projekte begleitet, die sich mit den Folgen der Digitalisierung für die Arbeit beschäftigten. Für die Arbeit in der Regionalentwicklung konnte er insofern auf seine soziologische Ausbildung zurückgreifen, als beide Feldern sozusagen auf das ‚große Ganze‘ schauen. So hat er in den Projekten verschiedene Partner der Region zusammengebracht und Projekte organisiert, die sich z.B. an alle Unternehmen oder Schulen der Region wandten. In einem Projekt ist er dann mit dem Thema Prozesse in Berührung gekommen und hat sich gedacht: „Es wäre schön, in einer Organisation Digitalisierung mitzugestalten.“ Und als er sich auf die Suche nach einer entsprechenden Stelle gemacht hat, ist er auf seiner jetzigen Stelle an der Universität Bielefeld gelandet.
Als Koordinatorin der internationalen Studienprogramme in der Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie kümmert sich Marie Lemser um ganz unterschiedliche Belange der Studiengangsorganisation. Neben der Beratung der Studierenden in den internationalen Studiengängen und der Organisation etwa von Einführungsveranstaltungen für die Studierenden, die z.B. aus Bologna oder Paris nach Bielefeld kommen, ist sie auch für die Evaluation und Studiengangsakkreditierung zuständig. Außerdem hält sie den Kontakt zu den Koordinator*innen an den anderen Standorten der Studiengänge und ist beteiligt an der Entwicklung der Kooperationen. Diese unterschiedlichen Tätigkeitsfelder, Dienstreisen und Lehre machen den Job für Marie vielseitig und attraktiv. Nach Abschluss der Promotion in der Alten Geschichte im Sonderforschungsbereich (SFB) „Praktiken des Vergleichens“ hat Marie sich gegen eine klassische wissenschaftliche Karriere entschieden. Als sie sich in der Universität nach Stellen umgeschaut hat, war sie überrascht über die vielen Möglichkeiten, die die Verwaltung bietet. Sie hat dann zunächst ein Jahr als Elternzeitvertretung im Dezernat Studium und Lehre (S/L) in der Studiengangsmodellierung gearbeitet. Dort hat sie nicht nur viel darüber gelernt, wie ein Studiengang aufgebaut ist, sondern auch die Univerwaltung kennengelernt. Diese Berufserfahrung in der Hochschulverwaltung hat zusammen mit ihrer fachlichen Promotion dazu geführt, dass sie qualifiziert für ihre jetzige Stelle in der Fakultät war und den Job bekommen hat.
© Silvia Herb
„Bibliothek ist eine eigene Branche“, so Silvia Herb. An ein fachlich einschlägiges Studium schließt sich in der Regel ein Referendariat oder ein Zusatzstudium an. Erst danach kann man dann als Fachreferent*in einsteigen. Silvia leitet den Servicebereich Medienbearbeitung in der Universitätsbibliothek Bielefeld mit drei Abteilungen und insgesamt 43 Mitarbeiter*innen. Der Servicebereich kümmert sich um Katalogisierung, Erwerbung und technische Buchbearbeitung. Als anspruchsvollsten Aufgabenbereich beschreibt sie die Erwerbung, denn dort geht es um Verträge, Lizenzen und Mittelverwaltung. Silvia hat eine Ausbildung im bibliothekarischen Bereich gemacht und hatte schon während des Studiums eine Stelle in der Bibliothek. Nach Bielefeld ist sie gekommen, weil sie hier beides vereinbaren konnte: Promotion in der Mediensoziologie und Erwerbstätigkeit in der Bibliothek. Die Promotion ist heute aber keine Voraussetzung für den Aufstieg mehr; was zählt ist Erfahrung. Auf der Einstiegsstelle als Fachreferentin hat sie Bücher für die Fakultät für Soziologie ausgewählt und die entsprechenden Finanzmittel verwaltet. Und im Lauf der Zeit haben sich nach und nach Möglichkeiten für den Aufstieg ergeben, bis sie in der Bereichsleitung gelandet ist.
© Ulf Ortmann
Ulf Ortmann ist derzeit im Graduate Centre des Graduate and Academic Development Centre (GrACe) der Universität Bielefeld beschäftigt. Das GrACe wird seit August 2024 als zentrale Anlaufstelle für Promotionsinteressierte, Promovierende und frühe Postdocs aufgebaut und bietet überfachliche Beratung und Fortbildung (bekannt als PEP) und überfachliche Information an. Auch der Bielefelder Nachwuchsfonds ist dort angesiedelt. Ulf ist vor allem zuständig für die Beratung früher Postdocs. Daneben organisiert er eigene Veranstaltungen und solche auf Anfrage von Graduierteneinrichtungen oder SFBs. Ulf hat nach der Promotion in der Arbeits- und Techniksoziologie zunächst fünf Jahre als Postdoc in verschiedenen Drittmittelprojekten an verschiedenen Hochschulen gearbeitet. Danach suchte er eine Stelle an einem Lehrstuhl, um zu habilitieren. Das hat nicht geklappt, „und damit war meine Wissenschaftskarriere beendet“. In der Datenbank des Wissenschaftsladens Bonn ist er dann auf eine Ausschreibung der BGHS für eine Projektstelle im Bereich der außerakademischen Karriere gestoßen. Er hat sich beworben und für das Vorstellungsgespräch von einer Kollegin coachen lassen. Damit war er erfolgreich. Während dieser Tätigkeit hat er eine Weiterbildung zum Coach gemacht, und mit dieser Erfahrung hat er sich für die Tätigkeit in der Univerwaltung empfohlen. Nach zwei weiteren befristeten Stellen hat er mittlerweile eine unbefristete Stelle im GrACe.
Alle vier Alumni sind mit ihren unterschiedlichen Stellen sehr zufrieden. Neben der Vielseitigkeit der Tätigkeiten und den Gestaltungsmöglichkeiten schätzen sie auch die „Stempelkarte“, d.h. dass es einen Feierabend gibt, an dem tatsächlich nicht gearbeitet wird. Marie erzählt, dass sie am Anfang der Promotion andere Vorstellungen ihres Werdegangs hatte, „aber da kannte ich noch nicht das Spektrum dessen, was man mit der Promotion alles anfangen kann“. Ulf hatte sich schon im Studium mit Wissenschafts- und Technologiepolitik beschäftigt und kannte die Entwicklungen im Wissenschaftsbereich, die zu einem Ausbau des Wissenschaftsmanagements geführt haben. „Dadurch wusste ich, das ist ein riesiger Arbeitsmarkt und ich passe da gut rein“. Silvia hat von vornherein den Weg eingeschlagen, den sie gehen wollte: ins Bibliothekswesen. Dies erforderte zwar eine zusätzliche Ausbildung, die jedoch auch viel wert ist: „Ich kann morgen in Usbekistan in einer wissenschaftlichen Bibliothek anfangen“, so Silvia scherzhaft. Sie betont aber, dass man sich über die Tätigkeiten im Klaren sein muss. Lust am Lesen allein ist keine gute Ausgangsposition, denn wie sie sagt: „Wir lesen viel, aber keine wissenschaftlichen Bücher, sondern Verträge und Bilanzen.“ Auch Technik spielt eine große Rolle. So sind in der Unibibliothek Bielefeld schon seit den 1970er Jahren die Prozesse digitalisiert.
Und welche Ratschläge geben sie für den Einstieg ins Wissenschaftsmanagement? Marie meint, man sollte nicht nur nach wissenschaftlichen Stellen suchen, weil man das eben durch das Studium und die Promotion so kennt. Sondern man sollte auch bei den Stellenangeboten in Technik und Verwaltung schauen, weil es dort viele interessante Stellen gibt. Auch sollte man den Einstieg über eine (kürzer) befristete Stelle, z.B. eine Elternzeitvertretung, nicht scheuen, denn oft folgt daraus etwas Längerfristiges. Ulf empfiehlt, mit anderen Leuten über deren Arbeit zu sprechen, um Informationen zu sammeln. Er rät, sich nicht von dem aktuellen Diskurs um die strategische und langfristige Karriereplanung ängstigen zu lassen. Die meisten Leute finden den beruflichen Einstieg, nicht nur ins Wissenschaftsmanagement, wenn ihnen das Geld ausgeht. Dann ergeben sich Gelegenheiten, aus denen sich ein Berufsweg entwickelt. Für das Bibliothekswesen rät Silvia, lieber ein Referendariat zu machen als ein Weiterbildungsstudium. Im Referendariat lernt man die konkrete Berufstätigkeit kennen und kommt zu einer realistischen Einschätzung, ob man das wirklich machen will. Außerdem handelt es sich um eine kleine Branche, in der man weiterempfohlen wird. Bastian hat außerhalb der Universität gute Erfahrungen mit einer Initiativbewerbung gemacht. Das ist allerdings in der Universität nicht möglich. Auch er weist darauf hin, dass in der Verwaltung – anders als bei der wissenschaftlichen Karriere – sich aus einer Projektstelle durchaus eine Dauerbeschäftigung entwickeln kann.
Es war eine tolle Veranstaltung, die interessante Einblicke in sehr unterschiedliche Bereiche des Wissenschafts- und Hochschulmanagements gab. Die vier Alumni berichteten lebhaft und plastisch von ihren beruflichen Erfahrungen und beantworteten bereitwillig die Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie machten deutlich, dass Berufswege im Wissenschaftsmanagement oder der Verwaltung alles andere als ein ‚Plan B‘ sind, dass sie nämlich vielseitig und anspruchsvoll sind und viele Entwicklungsmöglichkeiten bereithalten, wenn man offen dafür ist.