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Praktiker*innen im Gespräch #10
:: Außeruniversitäre Karrieren ::
Praktiker*innen im Gespräch #Teil 10
Viele Wege führen aus der BGHS. Aber wohin führen Wege nach der Promotion konkret? Wir sprechen im Sommersemester mit Historiker*innen und Soziolog*innen, die ihren Beruf außerhalb der Universität ergriffen haben. Jette Prochnow-Furrer hat mit uns über ihre Tätigkeit im „Forum Migration“ gesprochen.
Jette als Doctoral Representative bei der Eröffnungsfeier der BGHS.
Jette, Du hast 2013 an der BGHS promoviert und arbeitest jetzt als DAF-Lehrerin in Visp. Im wunderschönen Kanton Wallis. Wenn Du Dich an den Einstieg in Deinen Beruf erinnerst: Wie hast Du den Einstieg gefunden?
Jette Prochnow-Furrer: Den habe ich durch das Ehrenamt gefunden. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, wie sie damals genannt wurde, habe ich noch an der Uni gearbeitet. 2015 wurden auch hier in der Schweiz händeringend Leute gesucht, die Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Ganz besonders für den Bereich der Analphabet*innen. Weil man da in Kleingruppen arbeiten muss. Und ich habe ungelernt auf diesem Gebiet angefangen. Es wurde eine Freiwillige gesucht, die einer Lehrerin in einer Alphabetisierungsklasse assistieren sollte. So bin ich da reingerutscht. Für uns als Ehrenamtliche wurden dann Weiterbildungen angeboten. Und über diese Weiterbildungen habe ich mich immer mehr in diesem Bereich qualifiziert. Obwohl ich da erstmal nur ehrenamtlich tätig war. Aber ich habe daran immer mehr Freude gefunden und bin dann irgendwann hauptamtlich eingestiegen.
Wo arbeitest Du jetzt außerhalb der Universität?
Jette Prochnow-Furrer: Die Institution heißt „Forum Migration“. Das ist ein relativ kleiner Verein, der sich um die Anliegen von Migrant*innen kümmert: sowohl von Arbeitsmigrant*innen als auch von Flüchtlingen. Das Forum Migration bietet unterschiedliche Dienstleistungen an: eine Rechtsberatung, Hilfe bei der Wohnungsvermittlung, Hilfe bei der Arbeitssuche, Gesprächsgruppen und eben auch Sprachkurse. Das Forum Migration hat vom Kanton das Mandat für die Durchführung von Sprach- und Integrationskursen.
Jette im Gespräch mit Sprachkursteilnehmer*innen in Visp
Welche Tipps hast Du für Kolleg*innen aus Soziologie oder Geschichtswissenschaft, die sich für eine Karriere in Deinem Beruf interessieren?
Jette Prochnow-Furrer: Wenn man sich dafür interessiert, nach der Promotion die Wissenschaft zu verlassen, würde ich generell zum einen empfehlen: Dass man damit anfängt, Weiterbildungen zu machen. Ich habe noch in der Uni gearbeitet, als ich ehrenamtlich angefangen habe, als Sprachlehrerin zu arbeiten. Und habe außerhalb der Uni einen Kurs zur Erwachsenenbildung absolviert. Das war inhaltlich gar nicht so verschieden von Hochschuldidaktikkursen in der Uni. Aber ich habe in diesem Kurs Leute von meinem späteren Arbeitgeber kennengelernt. Und ich habe mein Erscheinungsbild ein bisschen erweitert: Damit konnte ich zeigen, dass mein Leben nicht nur im Elfenbeinturm verlaufen ist. In der Schweiz ist es nämlich ganz egal, ob Du Yoga in der Volkshochschule oder Wirtschaftsdeutsch in der Sprachschule unterrichtest: Du musst den „Erwachsenenbildner“ haben. Mein zweiter Tipp ist, beim Ausstieg aus der Wissenschaft nicht darüber nachzudenken: Dafür hab ich jetzt doch nicht meinen Doktor gemacht! Ich würde eher sagen: Je früher man die Initiative ergreift, aus der Wissenschaft rauszukommen, desto kleiner ist das Risiko, zum arbeitslosen fünfzigjährigen Akademiker zu werden. Ich habe während meiner Dissertation wahnsinnig Spaß an der Wissenschaft gehabt. Da hätte ich überhaupt nichts anderes machen wollen. Aber es gibt immer noch andere Sachen, die einem genauso viel Spaß machen können. So talentfrei sind wir Promovierten ja auch wieder nicht.
Jette, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Ulf Ortmann.
Das komplette Gespräch als PDF findet ihr hier:
Weiterführende Informationen zu dem Projekt "Außeruniversitäre Karriere" sind (hier), die vorherigen Interviews der Reihe (hier) verfügbar.