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Vortrag: Giftmorde im 19. Jahrhundert
Marcus Carrier sprach in der Volkshochschule Bielefeld über Giftmorde im 19. Jahrhundert. Bild: Thomas Abel
Mit Fingerabdrücken, Stimmanalysen und DNA-Spurensuche versuchen Kriminologen, bei Gewaltverbrechen die Täter zu finden. Diese Methoden bezeichnet man auch als Forensik. Die Ursprünge der forensischen Methode liegen im 19. Jahrhundert – und wurden von BGHS-Doktorand Marcus Carrier in seinem Vortrag Chemie vor Gericht. Giftmorde im 19. Jahrhundert, am 5. Dezember im Rahmen der Vortragsreihe Linie 4 beleuchtet.
Konkret ging es darum, wie naturwissenschaftliche Experten als Sachverständige in Gerichtsverfahren auftraten und durch die Anwendung neuer Methoden zur Aufklärung von Giftmorden beitrugen. Das prominenteste Gift des 19. Jahrhundert war dabei Arsen. „Arsen war ein Kassenschlager“, beschreibt es Carrier, da es überall im Haushalt verwendet wurde: Als Rattengift, als Hausmittel oder von Ärzten als Medizin verschrieben. Entsprechend leicht war es zu erwerben oder der Besitz zu rechtfertigen.
Die Entwicklung der Marshen Probe
Der Doktorand skizzierte verschiedene Todesfälle, bei denen Arsen eine Rolle spielte. Demnach war die Rolle des Chemiker James Marsh zentral: Der entwickelte im Nachgang eines von Giftmord handelnden Gerichtsverfahrens ein Arsennachweisverfahren. Dieses Verfahren wurde so erfolgreich, dass es als „Marshe Probe“ bekannt und zum Standard für Arsennachweise wurde.
Wie bedeutend die Verwendung der Marshen Probe wurde, führte Marcus Carrier in seinem zweiten Beispiel aus, welches ein Gerichtsverfahren aus dem Jahr 1840 war. Beschuldigte im Verfahren ist die Französin Marie Lafarge. Sie soll ihren Ehemann vergiftet haben, nachdem sie festgestellt hatte, dass dieser nicht der versprochene reiche, Stahlindustrielle war, sondern nur ein Kleinbürgerlicher mit einer schlecht laufenden Eisengießerei.
„Madame Lafarge war wenig beeindruckt, wie sie sich vorstellen können.“, fasst Carrier seine Beschreibungen zusammen. Die Hochzeit wird um August 1839 vollzogen. Im Dezember des gleichen Jahres erkrankt Monsieur Lafarge überraschend. Carrier: „Die Hausdame kümmert sich fürsorglich, indem sie ihn bekocht.“ Im Januar 1840 stirbt Monsieur Lafarge, worauf unmittelbar die Anklage seiner Frau erfolgt. Im darauf folgenden Gerichtsverfahren wurde zum wichtigsten Streitgegenstand, dass nichts außer einer richtig durchgeführten Marshen Probe als Beweis für Arsen zählen kann.
Das Publikum konnte im Anschluss an den Vortrag noch Fragen an Markus Carrier stellen. Bild: Thomas Abel
Gift als Waffe der Frau?
Marcus Carrier schloss seinen Vortrag mit der These, dass die Marshe Probe ein Beispiel dafür ist, wie Wissenschaft auf Fragen aus der Gesellschaft Antworten geben kann.
Im Anschluss an den Vortrag hatte das Publikum die Gelegenheit, Nachfragen zu stellen. In der Diskussion ging es hauptsächlich um das Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft sowie Detailfragen zur Verwendung von Gift, etwa ob der Mythos stimmt, dass Gift tatsächlich „die Waffe der Frau“ ist. Laut Carrier hat der Mythos einen wahren Kern: „Die meisten Morde wurden und werden von Männern verübt, unabhängig vom Werkzeug. Giftmorden haben allerdings die Geschlechterverteilung 50/50 – wenigstens im England des 19. Jahrhunderts.“
Lagergeschichten aus der Senne: Nazis hinter Stacheldraht
Beim folgenden Termin der Vortragsreihe, am 19. Dezember, wird die Historikerin Kerstin Schulte über Lagergeschichten aus der Senne: Nazis hinter Stacheldraht sprechen.
Weitere Informationen zur Vortragsreihe und das vollständige Programm unter:
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Theresa Hornischer bei Campusradio Hertz 87.9
Marcus Carrier bei Hertz 87.9
#Campusminute mit Theresa Hornischer
www.uni-bielefeld.de/bghs/Public_Science/Linie_4/
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