BGHS.AKTUELL
Linie 4: Der Erbstreit der Hohenzollern und die ‚Wahrheiten‘ der Geschichtswissenschaft
Stellt die Geschichtswissenschaft ein authentisches Bild der Vergangenheit bereit oder bietet sie unterschiedliche Erzählungen von Geschichte an, angesiedelt irgendwo zwischen Fiktion und Faktizität? Dieser Frage widmet sich Jan Gräber in der öffentlichen Vortragsreihe Linie 4, die die BGHS gemeinsam mit der vhs Bielefeld veranstaltet. In seinem Vortrag „Welche Gegenwart erzeugt eigentlich die Geschichtswissenschaft? Eine Auseinandersetzung mit dem hohenzollerschen Erbstreit“ setzt er sich mit dem Beispiel des Erbstreits der Hohenzollern mit dem Land Brandenburg auseinander, in dem es um Schlösser, Kulturgüter, Geld und nicht zuletzt auch um Ansehen geht. In den Diskussionen um den Erbstreit steht neben den juristischen und politischen Fragestellungen besonders prominent der Umstand des „erheblichen Vorschubs“ im Mittelpunkt, also die Frage, ob die Hohenzollern wesentlichen Anteil am Aufstieg und Machterhalt des Nationalsozialismus hatten. Bei diesem Streitpunkt liefert die Geschichtswissenschaft die wesentliche und wissenschaftliche Expertise und entscheidet dementsprechend mit über die Erbberechtigung der Hohenzollern. Der Streitfall macht aber auch klar, dass es nicht um eine schnelle oder gar richtige Antwort auf historische Fragen geht. Vielmehr erweist er sich als Ringen um historische Wahrheit und ihre Konsequenzen für die Gegenwart. Dies führt schließlich zur Frage, welche Gegenwart die Geschichtswissenschaft mit ihren Geschichtsdeutungen eigentlich erzeugt.
Jan Gräber hat Geschichts- und Politikwissenschaften an der Universität Tübingen studiert und promoviert in der BGHS in Geschichtswissenschaft zum Thema „Die Widersprüchlichkeit einer eingreifenden Geschichte“.
Der Vortrag findet am Montag, 20. Juni 2022 um 18.15 Uhr im Murnau-Saal in der vhs Bielefeld, Ravensberger Park 1, statt. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt.
Hier findet Ihr Informationen über die Linie 4 und die Vorträge der Reihe.