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Berichte aus der Praxis Teil 6

Veröffentlicht am 31. August 2022, 11:46 Uhr

:: Außeruniversitäre Karrieren ::

Berichte aus der Praxis #Teil 6

„Berichte aus der Praxis“ werden von Promovierenden geschrieben, die in Kooperation mit einer außeruniversitären Organisation ein Praxisprojekt konzipiert und durchgeführt haben. Die BGHS fördert diese Vorhaben seit 2020 mit Stipendien. Im sechsten Teil der Reihe berichtet Sinmi Akin-Aina über ihr Praxisprojekt mit dem Mathare Social Justice Centre.

Mathare ist eine der ältesten und größten informellen Siedlungen in Nairobi, Kenia, mit einer Bevölkerung von 500.000 Menschen. Mathare ist reich an Geschichte und war Schauplatz zahlreicher Kämpfe für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte. Das Mathare Social Justice Centre ist eine Initiative, die 2014 von jungen Gemeindemitgliedern in Mathare ins Leben gerufen wurde, um soziale Gerechtigkeit zu fördern und die außergerichtlichen Tötungen junger Männer durch die Polizei in der Gemeinde zu bekämpfen. Mathare ist ein Ort, an dem tagtäglich Formen physischer und struktureller Gewalt ungestraft zugelassen werden, ohne dass es für die Menschen in der Gemeinde Hoffnung auf Wiedergutmachung und Gerechtigkeit gibt. Zu diesen Formen der Gewalt gehören Zwangsräumungen, Landraub, polizeilicher Machtmissbrauch und außergerichtliche Tötungen, politische Gewalt und andere Formen der wirtschaftlichen, sozialen und psychologischen Marginalisierung. Angesichts dieser Missstände machte sich eine Gruppe junger Aktivist*innen aus der Gemeinde daran, ein Zentrum zu gründen, das sich auf die Förderung verschiedener Formen partizipativer Gerechtigkeit konzentriert. Dies führte zur Gründung der Kampagne Extrajudicial Killings and Police Abuse of Power, die außergerichtliche Tötungen und staatlich geförderte Gewalt dokumentiert. Der Participatory Action Report 2017: Who is Next? A Participatory Action Report Against the Normalization of Extrajudicial Killings in Mathare wurde drei Jahre nach der Gründung des Zentrums veröffentlicht und ist einer der Ersten, der die Menschenrechtsverletzungen durch den Staat in der informellen Siedlung von Nairobi detailliert aufzeigt. Der Bericht wurde von Akteur*innen aus der Community des Mathare Social Justice Center zusammengestellt, geleitet und geschrieben.

Abbildung 1: Das Emblem des Mathare Social Justice Centre

 

Im Rahmen des Praxisprojekts bestand mein Ziel darin, meine Fähigkeiten in den Bereichen Forschung, Politik, Monitoring oder Evaluierung einzusetzen, insbesondere in Zusammenarbeit mit Graswurzel- und Gemeinschaftsorganisationen, die sich im globalen Süden für sozialen Wandel engagieren. Dazu beantragte ich bei der BGHS ein Praxisstipendium zur Durchführung einer Programmevaluierung der grundlegenden Kampagne des Mathare Social Justice Centre zu Extrajudicial Killings and Police Abuse of Power.

In der internationalen Entwicklungsliteratur wird häufig von einem Kapazitätsgefälle zwischen der Arbeit von Graswurzelorganisationen und der Arbeit und dem Zeitaufwand gesprochen, die für die Berichterstattung und die Rechenschaft gegenüber Geldgebern erforderlich sind. Die Organisationen verfügen unter Umständen über wenig materielle Ressourcen und haben wenig Zeit, um sich an Projekten zu beteiligen, die – wie ein Großteil der für die Evaluation erforderlichen Arbeit – nicht zu den primären Aufgaben der Organisation gehören. Mein Praxisprojekt zielte daher darauf ab, diese Lücke, wenn möglich, zu schließen.

Die Informationen für die Evaluation habe ich hauptsächlich durch Interviews, eine Fokusgruppe und eine Dokumentenanalyse gesammelt. Dazu gehörten drei Interviews mit Gemeindemitgliedern, Programmmitarbeiter*innen und einem Vorstandsmitglied/Gründer der Organisation. An den Fokusgruppen nahmen sechs Personen teil, darunter Menschenrechtsbeobachter*innen der Gemeinde, Aktivist*innen und Programmmitarbeiter*innen.  Die Interviews und die Fokusgruppe dauerten zwischen 30 und 90 Minuten.

Die Hauptstärken der Kampagne Extrajudicial Killings and Police Abuse of Power liegen in ihrer Fähigkeit, Bewegungen aufzubauen und zu mobilisieren, sowie in ihrer anpassungsfähigen und vernetzten Programmgestaltung, die auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft eingeht. Trotzdem gibt es nach wie vor bestimmte strukturelle Herausforderungen, die jedoch mit dem kenianischen Justiz- und Polizeisystem und einer Kultur zusammenhängen, die die straffreie Tötung armer, meist männlicher Jugendlicher zulässt.


Hier geht es zum Mathare Social Justice Centre.

Weitere Informationen über das Projekt „Außeruniversitäre Karriere“ sind auf der BGHS Webseite zu finden.

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