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Bericht - Annual Seminar 2019

Veröffentlicht am 27. August 2019, 16:59 Uhr

 Annual Seminar 2019: „The Making of Mankind: Tracing Race & Racism“

:: Gastbeitrag ::

von Lena Gumpert und Malin Wilckens


Gruppenbild am zweiten Tag des Annual Seminar 2019. Foto: Simon Grunert

Einige Zeit nach dem Ende des diesjährigen Annual Seminars möchten wir hier unsere Eindrücke mit euch teilen. Als Mitglieder des Organisationsteams haben wir die Konferenz einerseits mit Freude, aber auch mit Anspannung erwartet. Im Nachhinein können wir sagen, dass gerade eine freundliche Atmosphäre und eine tiefgehende Diskussion das Annual Seminar ausgezeichnet hat. Für uns hat sich die viele Arbeit im Vorfeld ausgezahlt.


Programmflyer und Teilnehmer*innenliste – die Konferenz beginnt. Foto: Rebecca Moltmann

Nikita Dhawan eröffnete mit einer eindrucksvollen Keynote und uns war sofort klar: Das war der richtige Auftakt für die Konferenz. Ihre kritische Auseinandersetzung sowohl mit der deutschen Aufklärung als auch mit dem deutschen Universitätssystem hat für eine feurige Diskussion gesorgt. Direkt im ersten Panel wurde das Thema der Wissensproduktion in der Aufklärung aufgegriffen und mit einer Perspektive auf das moderne Brasilien erweitert. Es wurde sich außerdem mit der naturwissenschaftlichen Konstruktion von ‚race‘ beschäftigt.

Den Abend rundete Demetrius Eudell mit einem Vergleich ab: Wie verhalten sich ‚caste‘ und ‚race‘ zueinander? Durch seinen kenntnisreichen Vortrag konnte er die Konferenz um eine weitere Perspektive erweitern. Wir zitieren hier gerne Mark B. Brown, Politikwissenschaftler an der California State University, Sacramento: „This was a very rich talk.“ (Gedächtnisprotokoll)

Die Möglichkeit, sich näher kennenzulernen und die leeren Mägen zu füllen, bot das Konferenzdinner am späten Abend. Die Teilnehmer*innen konnten sich und ihre Projekte in einer ungezwungenen Atmosphäre besser kennenlernen und tauschten sich auch abseits von konferenzbezogenen Themen rege miteinander aus.

Nikita Dhawan während ihrer Keynote; Angeregte Diskussion bereits vor dem Vortrag: Demetrius Eudell mit Eleonora Roland und Ulrike Davy; Manuela Boatcă während ihrer Keynote (v.links nach rechts)Fotos: Rebecca Moltmann

Den nächsten Tag eröffnete Manuela Boatcă mit ihrem Beitrag zu einer aktuellen Forschungsdiskussion. Sie stellte die Frage, welche wechselseitigen Einflüsse die weltweite Verteilung von Reichtum sowie der Verkauf von Staatsbürgerschaften und ‚race‘ haben. Für viele von uns war das eine neue Perspektive.

Die beiden folgenden Panel zeigten die Nähe zum mitveranstaltenden SFB: Es ging um den Zusammenhang von ‚race‘ und Vergleichspraktiken. Hier wurde im wahrsten Sinne interdisziplinär diskutiert — von Anthropologie, über Soziologie und Rechtswissenschaft bis hin zur Literaturwissenschaft.

Anschließend wurde die Aktualität unseres Konferenzthemas anhand von Bildungsinstitutionen nochmals deutlich hervorgehoben. Im Fokus stand dabei zum einen, wie in der (deutschen) Schule über Rassismus gesprochen werden sollte, und zum anderen, welche Rassismuserfahrungen Studierende an deutschen Hochschulen erleben.

Ein persönliches Highlight der beiden Autorinnen dieses Beitrags war die Abendveranstaltung im Bunker Ulmenwall. Wir wollten das gesellschaftlich relevante Thema der Konferenz in die städtische Öffentlichkeit tragen und um eine künstlerische Perspektive erweitern, um die Vielfältigkeit der Auseinandersetzung mit ‚race‘ und Rassismus zu repräsentieren. Wir hatten das große Glück, die Sichtweisen des Performancekünstlers Taiwo Jacob Ojudun und von der grafischen Künstlerin Diana Ejaita zu erfahren.

Die Moderatorin des Abends Ouassima Laabich vor einem Ausschnitt der Videoinstallation von Taiwo Jacob Ojudun. Taiwo Jacob Ojudun während der Performance. Fotos: Corinna Mehl

Taiwo Jacob Ojudun hat in seiner Performance und Videoinstallation mit dem Titel WHAT IF? besonders die rohe Gewalt der kolonialen Aufteilung Afrikas durch die Berliner Konferenz (1884-85) und ihrer Nachwirkungen präsentiert.

Diana Ejaita (Bild 2) gab persönlich eine Einführung zu ihrem Werk. Fotos: Corinna Mehl

Diana Ejaita hat mit ihren Drucken, in denen sie sich mit May Ayims "blues in Schwarzweiß" auseinandersetzt, auf eine spezifisch europäische Rassimuserfahrung hingewiesen. Die Reihe trägt den Titel "To May Ayim".

Angeregte Diskussion beim letzten Panel. Foto: Rebecca Moltmann

Im letzten Panel wurde die Verbindung von space und ‚race‘ entlang verschiedenster Disziplinen diskutiert. Ein gelungenes Ende fand das Annual Seminar mit einer anregenden Reflexion über die vergangen Tage in der von Sabine Schäfer moderierten Abschlussdiskussion.

Unser Fazit: Hohes Niveau, inhaltliche Breite und emotionale Erfahrungen. Die viele Arbeit hat sich gelohnt.

Schön war es auch zu erleben, wie produktiv die Arbeit in einem Team sein kann. Wir beide schreiben zwar gerade diesen Beitrag, aber die Organisation und Planung war eine Gemeinschaftsaufgabe. Deswegen möchten wir auch die Namen aller Teammitglieder aufführen: Lisa Baßenhoff, Andreas Becker, Ina Kiel, Julian Gärtner, Lena Gumpert, Malika Mansouri und Malin Sonja Wilckens.

Eine kritische Diskussion fand nicht nur vorher in unserem Team und während der Konferenz statt, sondern dauert an. Nicht nur aus diesem Grund planen wir eine Veröffentlichung, die diese kritischen Gedanken transparent macht. Dazu gehört auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Titel „The Making of Mankind“. In der Zwischenzeit ist uns selbst immer klarer geworden, dass der Titel eine problematische Perspektive eröffnet und sind darauf dankenswerterweise auch mehrmals angesprochen worden. Einerseits scheint der Titel sich nur auf Männer zu beziehen und andererseits verweist er möglicherweise auch auf eine ganz bestimmte Zeitspanne: Die Entstehung des wissenschaftlichen Rassismus im Zuge der Aufklärung. Dabei wollten wir explizit über die historische Verortung hinausgehen und auf keinen Fall rassistische oder geschlechterdiskriminierende Annahmen reproduzieren. All dies spiegelt der Titel so nicht wider. Wir nehmen diese Kritik gerne an und werden an einem überarbeiteten Titel für die Veröffentlichung arbeiten. Es bleibt also produktiv spannend!

Vielen Dank für das Feedback!

Lena Gumpert & Malin Wilckens

 

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