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Weichenstellung für mehr Dauerbeschäftigungen
Interview mit Professorin Dr. Marie I. Kaiser, Prorektorin für Personalentwicklung und Gleichstellung, zum Academic-Tenure-Konzept der Universität Bielefeld
Das gesamte Konzept findet sich hier. Zudem wird aktuell eine Internetseite vorbereitet, die weitere Informationen und Ansprechpersonen umfasst.
Frau Kaiser, das Rektorat hat nach intensiver Diskussion mit den verschiedenen Akteur*innen in der Universität nun abschließend das Academic-Tenure-Konzept verabschiedet. Was genau ist das Ziel?
Das Ziel unseres Konzepts ist die Etablierung und Profilschärfung des Karrierewegs Academic Tenure als eine eigenständige, attraktive Karriereoption in der Wissenschaft. Wissenschaftler*innen sollen sich frühzeitig Gedanken über ihren Karriereweg machen und machen können. Dafür schaffen wir mehr Transparenz bei den Karriereoptionen. Nach einer Zeit als Postdoc sollen Wissenschaftler*innen sich bewusst für eine Dauerstelle im akademischen Mittelbau – einer Academic-Tenure-Stelle – oder für den Weg zur Professur auf einer befristeten Qualifikationsstelle entscheiden. Auch eine Karriere außerhalb der Universität kann eine attraktive Option sein und sollte in Betracht bezogen werden.
Ist dies eine Reaktion auf die Kampagne #IchBinHanna?
Diese politische Debatte dreht sich um die schwierigen Karrierebedingungen von Wissenschaftler*innen in der Qualifikation: Unsicherheiten aufgrund von befristeten Arbeitsverträgen, nur geringe Aussichten auf Dauer in der Wissenschaft zu bleiben und eine Höchstbefristungsdauer der Arbeitsverträge von 12 Jahren. Dazu hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung ja gerade Eckpunkte für eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt – und damit scharfe Reaktionen provoziert. Neben dem Gesetzgeber sind aber auch die Hochschulen aufgefordert, sich mit den aktuellen Karrierebedingungen insbesondere für Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase zu befassen. Das Academic-Tenure-Konzept ist eine wichtige Weichenstellung, um mehr dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft zu schaffen und adressiert damit eines der Probleme, die durch #IchBinHanna aufgezeigt worden sind. Allerdings: Die Diskussion dazu und den Prozess zu einem Konzept hat Rektor Sagerer bereits 2019, also vor #IchBinHanna, gestartet.
An wen richtet sich dieses Konzept und um wie viele Stellen geht es?
Ob es durch dieses Konzept zusätzlich neue Dauerstellen gibt, liegt in erster Linie im Verantwortungsbereich der Fakultäten. Diese identifizieren im Rahmen der obligatorischen strategischen Personalplanung die für sie wichtigen Daueraufgaben und leiten daraus ggf. einen zusätzlichen dauerhaften Personalbedarf ab, den sie in unbefristeten Stellen umsetzen. In den Rektoratsgesprächen mit allen einzelnen Fakultäten im vergangenen Sommer ist deutlich geworden, dass viele Fakultäten in der vergangenen drei Jahren schon ettliche neue Dauerstellen im Mittelbau geschaffen haben und Pläne haben, noch weitere zu schaffen. Wir haben derzeit an der Universität Bielefeld etwa 260 dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse (Stand Nov 2022), also fast so viele wie Professuren. Ich gehe fest davon aus, dass es in Zukunft noch mehr werden. Das Academic-Tenure-Konzept schafft die Grundlage dafür, dass dieser Ausbau von Dauerstellen im Mittelbau an den richtigen Stellen passiert und diese Karriereoption attraktiv und konkurrenzfähig ist. Bereits bestehenden Dauerstellen können in Academic-Tenure-Stellen umgewandelt und so ggf. attraktiver gemacht werden. Dies geschieht in Abstimmung zwischen Stelleninhaber*in und Fakultät. Parallel werden zentrale Onboarding-Angebote und ergänzende Personalentwicklungsmaßnahmen für die Stelleninhaber*innen eingeführt.
Für welche Art von Aufgaben sind die Stellen gedacht?
Der Schwerpunkt von Academic-Tenure-Stellen liegt darauf, im Bereich Lehre und Forschung Aufgaben zu übernehmen, die dauerhaft bzw. langfristig in einer Fakultät anfallen und für sie strategisch relevant sind. Diese Daueraufgaben sind sehr vielfältig; es fallen Funktions- oder Serviceaufgaben in Forschung und Lehre darunter, ebenso fakultätsübergreifende Aufgaben sowie Aufgaben in Arbeitsgruppen. Dabei sind die Ausprägungen „Academic Lectures“, mit dem Schwerpunkt Lehre, oder „Academic Researcher“, mit dem Schwerpunkt Forschung, möglich. Die konkreten Aufgabenprofile der Academic-Tenure-Stellen sind Entscheidungen der Fakultäten und sollen Gegenstand ihrer strategischen Personalplanung sein. Auf allen Academic-Tenure-Stellen stehen mindestens 20 Prozent der Arbeitszeit für eigenständige Aufgaben zur Verfügung. Dies sind Aufgaben in Forschung und/oder Lehre, die von den Stelleninhaber*innen für die eigene Profilentwicklung genutzt werden können.
Wann geht es los?
Wir verstehen dieses Konzept als eine Weichenstellung: Es wird sicher noch ein paar Jahre brauchen, bis es flächendeckend in der Universität verankert ist und signifikant viele Stellen nach diesem Konzept etabliert sind. Aktuell wird die Umsetzung des Konzepts durch das Dezernat P/O vorbereitet und es laufen Piloten mit einzelnen Fakultäten. Im Sommer kann es dann für alle Fakultäten losgehen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für die breite Diskussion und die vielfältige Unterstützung bei der Erarbeitung des Konzepts bedanken.