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Veröffentlicht am
31. Oktober 2017
Kategorie:
Allgemein
Spezialist für die Fusion der Sinne
Dr. Christoph Kayser übernimmt Professur an der Universität Bielefeld/
Zwei Millionen Euro Förderung durch Europäischen Forschungsrat
Ob Jahrmarktkulisse, Strandatmosphäre oder das Chaos einer Unfallstelle: Das Gehirn ordnet Situationen blitzschnell ein. Dafür sortiert und kombiniert es fortwährend, was die Augen, Ohren und andere Sinnesorgane ihm liefern. Wie und wo im Gehirn die Sinne verschmelzen – das untersucht der Biologe und Mathematiker Professor Dr. Christoph Kayser, bislang Leiter einer Forschungsgruppe an der University of Glasgow (Großbritannien). Jetzt übernimmt er die Professur für Kognitive Neurowissenschaften an der Universität Bielefeld. Seine Forschung ist international bekannt: Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert seine Arbeit bis 2020 mit zwei Millionen Euro.
„Unser Denkorgan kombiniert ständig die Informationen, um ein mehr oder weniger korrektes Abbild der Umwelt zu entwerfen“, sagt Christoph Kayser, neuer Leiter der Forschungsgruppe „Kognitive Neurowissenschaften“ mit künftig neun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Die Gruppe gehört zur Fakultät für Biologie und dem Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld.
Als Forscher interessieren ihn besonders die Ausnahmesituationen, in denen sich das Gehirn selbst austrickst und die Umwelt falsch deutet. Das geschieht zum Beispiel beim Bauchredner-Phänomen: Der Mund der Handpuppe bewegt sich, tatsächlich spricht der Bauchredner unmerklich für sie. „Unser Gehirn nimmt an, dass die gesprochenen Worte von dort kommen, wo sich die Lippen im Takt bewegen. Das Gehirn nutzt in diesem Fall die vermeintlich zuverlässigere Information des Sehsystems, also wie sich der Mund der Puppe bewegt – und verbindet sie mit dem Gehörten“, erklärt der Wissenschaftler.
Kayser und seine Kolleginnen und Kollegen sprechen von „Multisensorischer Integration“, wenn sie über die Fähigkeit des Gehirns sprechen, Sinnesreize zusammenzuführen.
In seinen Experimenten hören die Testpersonen beispielsweise eine Frau sprechen, gestört durch Geräusche wie von einem sehr belebten Platz. Mal sehen sie die Sprecherin, mal sehen sie sie nicht. Anschließend wird abgefragt, was die Testpersonen verstanden haben. „Das Besondere: Wenn die Testpersonen die Frau sehen, verstehen sie mehr, obwohl das Rauschen gleich stark bleibt. Die Hirnareale, die fürs Sehen zuständig sind, versuchen nämlich, die Lippenbewegungen zu verstehen“, berichtet Kayser. In seinen Studien konnte er das belegen, indem er die Beobachtung der Testpersonen mit der Messung ihrer Hirnaktivitäten abgeglichen hat.
Was sich im Gehirn tut und welche Areale dabei aktiv sind, erfasst Kayser zum Beispiel per Elektro-Enzephalogramm (EEG). Das Gehirn verarbeitet die Sinnesinformationen, die es wahrnimmt, durch elektrische Signale. Das EEG misst diese Hirnstromwellen über Sensoren auf der Kopfhaut. Kayser nutzt auch Magnetenzephalographie (MEG) für seine Studien. Durch die elektrischen Impulse im Gehirn entsteht ein natürliches Magnetfeld. Die MEG erfasst, wie die Magnetfelder über der Kopfoberfläche verteilt sind.
Sein Wissen über die Sinnesintegration wird Kayser künftig im Exzellenzcluster CITEC einsetzen. So könnten seine Modelle genutzt werden, um Roboter und Avatare in die Lage zu versetzen, Daten, die sie in ihrer Umgebung messen, sinnvoll auszuwerten.
Christoph Kayser studierte von 1995 bis 2000 Mathematik an der ETH Zürich (Schweiz). Seine Doktorarbeit schrieb er in den Neurowissenschaften an der ETH Zürich zu der Frage, wie visuelle Informationen im Sehsystem codiert werden. 2004 schloss er seine Promotion ab. Von 2004 bis 2007 forschte er als Postdoktorand an der Universität Tübingen. Von 2008 bis 2012 leitete er am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen die Nachwuchsgruppe „Neuronale Grundlagen der Sinnesintegration“. Von 2012 bis September 2017 leitete Kayser an der University of Glasgow (Großbritannien) eine Forschungsgruppe zu Integrativer Neurowissenschaft. An der Universität Bielefeld tritt der 40-Jährige die Nachfolge von Professor Dr. Marc Ernst an, der an die Universität Ulm gewechselt ist.
Kaysers Forschung zu neuronalen Mechanismen der Sinneswahrnehmung wurde 2015 mit einem „Consolidator Grant“ des Europäischen Forschungsrats ausgezeichnet und bis 2020 gefördert. Kayser ist Mitglied der Royal Society for Biology (Großbritannien).
Weitere Informationen:
Website der Forschungsgruppe „Kognitive Neurowissenschaften“: www.uni-bielefeld.de/biologie/cns
Zwei Millionen Euro Förderung durch Europäischen Forschungsrat
Ob Jahrmarktkulisse, Strandatmosphäre oder das Chaos einer Unfallstelle: Das Gehirn ordnet Situationen blitzschnell ein. Dafür sortiert und kombiniert es fortwährend, was die Augen, Ohren und andere Sinnesorgane ihm liefern. Wie und wo im Gehirn die Sinne verschmelzen – das untersucht der Biologe und Mathematiker Professor Dr. Christoph Kayser, bislang Leiter einer Forschungsgruppe an der University of Glasgow (Großbritannien). Jetzt übernimmt er die Professur für Kognitive Neurowissenschaften an der Universität Bielefeld. Seine Forschung ist international bekannt: Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert seine Arbeit bis 2020 mit zwei Millionen Euro.
Wie versteht das Gehirn, wie Sinneseindrücke zusammenhängen – und wie täuscht es sich dabei? Dazu forscht Professor Dr. Christoph Kayser. Foto: CITEC/ Universität Bielefeld
Als Forscher interessieren ihn besonders die Ausnahmesituationen, in denen sich das Gehirn selbst austrickst und die Umwelt falsch deutet. Das geschieht zum Beispiel beim Bauchredner-Phänomen: Der Mund der Handpuppe bewegt sich, tatsächlich spricht der Bauchredner unmerklich für sie. „Unser Gehirn nimmt an, dass die gesprochenen Worte von dort kommen, wo sich die Lippen im Takt bewegen. Das Gehirn nutzt in diesem Fall die vermeintlich zuverlässigere Information des Sehsystems, also wie sich der Mund der Puppe bewegt – und verbindet sie mit dem Gehörten“, erklärt der Wissenschaftler.
Kayser und seine Kolleginnen und Kollegen sprechen von „Multisensorischer Integration“, wenn sie über die Fähigkeit des Gehirns sprechen, Sinnesreize zusammenzuführen.
In seinen Experimenten hören die Testpersonen beispielsweise eine Frau sprechen, gestört durch Geräusche wie von einem sehr belebten Platz. Mal sehen sie die Sprecherin, mal sehen sie sie nicht. Anschließend wird abgefragt, was die Testpersonen verstanden haben. „Das Besondere: Wenn die Testpersonen die Frau sehen, verstehen sie mehr, obwohl das Rauschen gleich stark bleibt. Die Hirnareale, die fürs Sehen zuständig sind, versuchen nämlich, die Lippenbewegungen zu verstehen“, berichtet Kayser. In seinen Studien konnte er das belegen, indem er die Beobachtung der Testpersonen mit der Messung ihrer Hirnaktivitäten abgeglichen hat.
Was sich im Gehirn tut und welche Areale dabei aktiv sind, erfasst Kayser zum Beispiel per Elektro-Enzephalogramm (EEG). Das Gehirn verarbeitet die Sinnesinformationen, die es wahrnimmt, durch elektrische Signale. Das EEG misst diese Hirnstromwellen über Sensoren auf der Kopfhaut. Kayser nutzt auch Magnetenzephalographie (MEG) für seine Studien. Durch die elektrischen Impulse im Gehirn entsteht ein natürliches Magnetfeld. Die MEG erfasst, wie die Magnetfelder über der Kopfoberfläche verteilt sind.
Sein Wissen über die Sinnesintegration wird Kayser künftig im Exzellenzcluster CITEC einsetzen. So könnten seine Modelle genutzt werden, um Roboter und Avatare in die Lage zu versetzen, Daten, die sie in ihrer Umgebung messen, sinnvoll auszuwerten.
Christoph Kayser studierte von 1995 bis 2000 Mathematik an der ETH Zürich (Schweiz). Seine Doktorarbeit schrieb er in den Neurowissenschaften an der ETH Zürich zu der Frage, wie visuelle Informationen im Sehsystem codiert werden. 2004 schloss er seine Promotion ab. Von 2004 bis 2007 forschte er als Postdoktorand an der Universität Tübingen. Von 2008 bis 2012 leitete er am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen die Nachwuchsgruppe „Neuronale Grundlagen der Sinnesintegration“. Von 2012 bis September 2017 leitete Kayser an der University of Glasgow (Großbritannien) eine Forschungsgruppe zu Integrativer Neurowissenschaft. An der Universität Bielefeld tritt der 40-Jährige die Nachfolge von Professor Dr. Marc Ernst an, der an die Universität Ulm gewechselt ist.
Kaysers Forschung zu neuronalen Mechanismen der Sinneswahrnehmung wurde 2015 mit einem „Consolidator Grant“ des Europäischen Forschungsrats ausgezeichnet und bis 2020 gefördert. Kayser ist Mitglied der Royal Society for Biology (Großbritannien).
Weitere Informationen:
Website der Forschungsgruppe „Kognitive Neurowissenschaften“: www.uni-bielefeld.de/biologie/cns