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Ein neuer Name, ein neues Festival, ein neuer Rhythmus für die Nacht der Klänge
Interview mit Dr. Hans-Martin Kruckis, dem Leiter des Zentrums für Ästhetik
Das Ästhetische Zentrum heißt jetzt Zentrum für Ästhetik – musste das sein?
„Ästhetisches Zentrum“ ist in der Universität zwar ein feststehender Begriff, aber uns stört schon seit langem, dass dies eine irreführende Bezeichnung ist. Es geht ja nicht darum, dass das Zentrum selbst ästhetisch ist – wie denn auch: Die Leute? Die Räumlichkeiten? –, sondern darum, dass es sich um ästhetische Fragen in der Universität kümmert, insbesondere um Themen auf der Grenze von Wissenschaft und Kunst/Kultur. Diese begriffliche Unschärfe hat immer wieder zu Irritationen und sogar zu Gelächter geführt. Daher: Ja, es musste sein!
Viele finden es schade, dass es dieses Jahr keine „Nacht der Klänge“ gibt …
Das finden wir auch schade, aber unsere Personalressourcen reichen einfach nicht mehr aus, um diese Riesenveranstaltung jedes Jahr zu organisieren. Täten wir dies, bliebe überhaupt keine Möglichkeit, sich kreativ mit anderen Themen und Formaten auseinanderzusetzen. Wir würden uns dann immer wiederkehrend nur mit einem kleinen Ausschnitt des Potenzials in der Universität befassen, und würden vieles andere einfach liegenlassen. Im Moment denken wir darüber nach, die „Nacht der Klänge“ in Zukunft alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, also als nächstes wieder 2016.
Und 2015?
Das Großprojekt in diesem Jahr ist im Oktober das Ästhetik-Festival „Paradox“, das wir in Kooperation mit der Kunsthalle Bielefeld organisieren. Da werden wir uns drei Tage lang aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln mit dem allgegenwärtigen Themenfeld „Paradoxien“ und Benachbartem auseinandersetzen. „Paradox“ meint in seiner wörtlichen Bedeutung ja nur so etwas wie: Vom Üblichen, von der Erwartung abweichend. Die Verengung auf einen strengen Bezug zum Logischen ist ein relativ modernes Phänomen. Aber wie auch immer: Das Festival wird jedenfalls informativ und witzig, skurril, erstaunlich und (tragi-) komisch zugleich. Erfreulicherweise haben wir schon jetzt ein breites Spektrum von Beiträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zusammen, genauso wie viele künstlerische Beiträge.
Was will das Zentrum für Ästhetik mit dem Festival bewirken?
Natürlich geht es wieder um die oben erwähnte Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft. Unsere Arbeitshypothese ist, dass Wissenschaft eher bestrebt ist, Paradoxien als Störung zum Verschwinden zu bringen, während Kunst sie als Inspirationsquelle nutzt und ganz bewusst ausstellt. Mal sehen, ob sich das beim Ästhetik-Festival bestätigt! Aber keine Angst: Das Festival soll keine trocken-akademische Angelegenheit werden, sondern vor allem sehr unterhaltsam. Wir freuen uns, dass auch das Theater Bielefeld mit im Boot ist, und hoffen auf großes Interesse in der Bevölkerung und auch von Schülerinnen und Schülern sowie von Studierenden. Das Festival findet in der Kunsthalle statt, auch weil dort dann eine zum Thema passende Ausstellung läuft. Übrigens wird da auch der legendäre Zettelkasten von Niklas Luhmann ausgestellt – und Luhmann ist sicher einer der größten Paradoxie-Theoretiker des 20. Jahrhunderts. In ein paar Wochen startet die Festival-Website, und irgendwann im Sommer – jedenfalls früh genug – erscheint das genaue Programm.
Wie wirkt sich eigentlich die bauliche Situation auf die Uni-Kultur aus?
Natürlich wird durch den ersten Modernisierungsabschnitt im Hauptgebäude manches anders und nicht unbedingt einfacher: Das Audimin steht zum Beispiel als Aufführungsstätte nicht mehr zur Verfügung und im Moment gibt es keine Ausstellungsfläche wie sonst der dafür sehr geeignete Bereich in der LiLi-Bibliothek. Ich bin aber optimistisch, dass sich auf Dauer vieles entspannen wird. Aber nicht nur das: Diese Situation bietet auch jede Menge Potenzial für künstlerische Kreativität, und besonders da müssen wir in der Uni ansetzen! Ich freue mich, dass das auch ein Anliegen des Kanzlers ist. Vor dem ersten Bauabschnitt ist gerade eine riesige Trennwand in der Halle errichtet worden – theoretisch eine riesige Projektionsfläche. Da kann ich mir zum Beispiel alle möglichen künstlerischen Aktivitäten vorstellen, von der Lichtinstallation bis zum Schattentheater. Jetzt sind alle aufgerufen, ihre Ideen für eine „Baustellen-Kultur“ zu entwickeln und einzubringen! Ich freue mich über Vorschläge.