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Studierende produzieren Virtual-Reality-Krimi
Die Universität Bielefeld gehört bundesweit zu den ersten Hochschulen, die sich in der Lehre mit Technik und Produktion eines 360-Grad-Films befasst. Diese neue Videoform bietet eine Rundumsicht: Die Zuschauer schauen nicht geradeaus auf eine Leinwand, sondern tragen eine Virtual-Reality-Brille und bekommen so den Eindruck, sich im Film zu befinden. Sie entscheiden von Moment zu Moment selbst, in welche Richtung sie gucken. Das Seminar „Vorsicht 360-Grad-Film!“ hat in zwei Semestern einen fünfminütigen Krimi produziert, der mit Virtual-Reality-Brillen in 3D angeschaut werden kann. Präsentiert wird der Kurzfilm am kommenden Samstag (6. Februar) im Kino CinemaxX in Bielefeld. Vorbereitet und technisch umgesetzt wurde der Film am Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld.
Für das Seminar „Vorsicht 360-Grad-Film!“ haben sich Lehrende aus der Fakultät für Erzie-hungswissenschaft mit dem Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) zusam-mengetan. Die Initiative kam von den CITEC-Informatikern Dr. Julia Fröhlich und Dr. Thies Pfeiffer. Sie holten sich die Unterstützung des Filmemacher Fabio Magnifico und des Medienpraktikers Paul John. Die vier Dozenten leiteten das zwei Semester laufende Seminar ab April 2015. Insgesamt 50 Studierende nahmen an dem Seminar teil – sie kommen aus Informatik, Medienwissenschaft und Erziehungswissenschaft.
„Die Technologie für 360-Grad-Filme ist noch sehr neu. Eines unserer Ziele war es daher, die Technik für einen 360-Grad-Film zu entwickeln“, sagt Julia Fröhlich. An Filmprojekten anderer Hochschulen konnten sich die Dozenten und die Studierenden nicht orientieren: „So wie es aussieht, sind wir die erste Universität in Deutschland, die 360-Grad-Filme zum Thema macht und eine Produktion für die virtuelle Realität verwirklicht hat“, sagt Fröhlich.
„Neu war auch, dass wir die richtige Dramaturgie für einen solchen Film finden mussten. Schließlich wird er anders wahrgenommen als ein normaler Film auf Leinwand oder im Fernsehen“, sagt Fabio Magnifico. „Bisher werden für solche Rundum-Videos meistens nur Situationen abgefilmt, ohne dass Schauspieler eingesetzt werden. Momentan gibt es hauptsächlich 360-Grad-Videos von Landschaften oder von Live-Veranstaltungen wie Konzerten.“
Im ersten Teil der Lehrveranstaltung haben die Dozenten mit den Studierenden an der Kon-zeption der 360-Grad-Kamera gearbeitet und sich vor allem mit den technischen Möglichkeiten der Kamera befasst. „Wir haben ein selbst gebautes Kamera-Rack eingesetzt – einen Ring, um den herum insgesamt zwölf Kameras installiert sind, die nach außen filmen“, sagt Fröhlich. „Jeweils zwei der Kameras sind im Abstand von zwei menschlichen Augen angeordnet, damit wir im Film den 3D-Effekt erzeugen können.“
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars arbeiteten mit Technik des CITEC-Zentrallabors. „Im Zentrallabor erforschen wir die unterschiedlichsten Technologien, mit denen sich Interaktionen zwischen Menschen und Robotern erfassen, dokumentieren und analysieren lassen“, sagt Thies Pfeiffer. Er ist technischer Leiter des Virtual-Reality-Labors, einem Teil des Zentrallabors. „Die 360-Grad-3D-Technik macht einen Kameramann überflüssig und deckt gleichzeitig den ganzen Raum ab, was uns die Aufzeichnungen erleichtert“, erklärt Pfeiffer. Seit Anfang 2015 entwickelten er und seine Kollegen für die Dreharbeiten eine 360-Grad-Kamera. „Uns als Forscher hat es sehr motiviert, eine Kamera mit neuer Technik zu konstruieren, die direkt für einen Filmdreh eingesetzt wird – so konnten wir parallel analysieren, wie sich die Kamera noch verbessern lässt. Die Kooperation mit der Medienpädagogik zeigt sehr gut, wie wir uns in Forschung und Lehre gegenseitig voran bringen können.“
Zu der Technik gehört auch die Software, mit der die Aufnahmen der zwölf Kameras zusammengesetzt und bearbeitet werden können. „Eine Gruppe der Studierenden hat sich deshalb in diese Software eingearbeitet, die dafür sorgt, dass die Aufnahmen später im Film synchron laufen“, sagt die Informatikern. Bei den Tests mit Kamera und Software untersuchten die Dozenten und die Studierenden auch, wo die Grenzen liegen: „Wir haben zum Beispiel festgestellt, dass Personen einen Mindestabstand von 1,50 Meter zur Kamera einhalten müssen. Andernfalls sind sie nachher in dem 360-Grad-Video nicht komplett zu sehen“, erklärt Julia Fröhlich. Im zweiten Teil des Seminars schrieben die Studierenden am Drehbuch, machten die Aufnahmen für den Film und bearbeiteten das Material im Videoschnitt-Rechner.
Bei der Präsentation am Samstag im CinemaxX ist eine aufgezeichnete Version des Films zu sehen, wie sie ein Nutzer einer Virtual-Reality-Brille erlebt hat. Zusätzlich haben einzelne Besucher die Chance, sich den Krimi als tatsächlichen 360-Grad-Film mit der Virtual-Reality-Brille Oculus Rift anzuschauen.
Nach der Präsentation des Films wollen sich die vier Dozenten auch künftig mit 360-Grad-Videos beschäftigen. „Denkbar ist es zum Beispiel, dass wir künftig Labore in 360-Grad-Videos präsentieren. Sie lassen sich so viel authentischer und plastischer abbilden als es in normalen Videos möglich ist“, sagt Julia Fröhlich.
Weitere Informationen im Internet:
40. UniVideoMagazin (Pressemitteilung vom 31.1.2016): http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/pressemitteilungen/entry/40_univideomagazin_nr_13_2016
Informationen zum Seminar im Vorlesungsverzeichnis der Universität Bielefeld: https://ekvv.uni-bielefeld.de/kvv_publ/publ/vd?id=59421827